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BIBLIOTHECA RABBINICA
EINE SAMMLUNG
ALTER MI DRASCH IM
ZUM ERSTEN MALE INS DEUTSCHE ÜBERTRAGEN
VON
LIC. DR. AUG. WÜNSCHE.
ACHTZEHNTE LIEFERUNG: DER MIDRASCH SCHEMOT RABBA
(I). I. DIE HAGGADLSCHK AUSLEGUNG DES ZWEITEN BUCHES MOSES).
LEIPZIG
OTTO SCHULZE
II. Ql BR-STR, II
DER
MI DRASCH
SCHEMOT RABBA
DAS IST
DIE HAGGADISCHE AUSLEGUNG
DES
ZWEITEN BUCHES MOSES. ZUM ERSTEN MALE INS DEUTSCHE ÜBERTRAGEN
VON
LIC. DR. AUG. WÜNSCHE.
MIT NOTEN UND VERBESSERUNGEN VON RABBINER DR. J. FÜRST UND D. O. STRASCHUN.
LEIPZIG OTTO SCHULZE
II. QUER-STR. II. 1882.
^nnany
EINLEITUNG.
Der aus 52 Abschnitten (Paraschot) bestehende Midrasch Sche- mot rabba begleitet den Text des zweiten Buches Moses in der Weise, dass er ihn bald dem Literalsinne d. i. dem eigentlichen Wortverstande nach erklärt, bald ihn allegorisch oder moralisch aus- deutet. Es mag aber die Interpretation in dieser oder jener Weise geschehen, immer wird das Gesagte durch Vergleichungen, Bei- spiele, Erzählungen und Anwendungen für das sittliche Bedürfniss des practischen Lebens nutzbar gemacht. Bis zu Cap. X wird der biblische Text fast fortgehend erläutert, von da ab aber werden einzelne Sätze oder Worte herausgehoben, gewissermassen als The- men aufgestellt und verschieden variirt, indem entweder der Nach- druck auf das eine oder andere Wort gelegt, oder ein Ausdruck in seiner Vielsinnigkeit genommen, oder endlich durch Aenderung der Punetation, Versetzung der Buchstaben u. dergl. mehr ein neuer Sinn erzielt wird. Es liegt diesem Verfahren eben die Ansicht zu Grunde, dass das Schriftwort vieldeutig sei, dass es namentlich gelte , den in ihm verborgenen spirituellen oder mystischen Sinn zu erforschen. Dass bei dieser freien Verwendung des Textes die Ein- bildungskraft oft grossen Spielraum sich gestattet und in gesuchte Deutelei und tändelnde Spielerei verfällt, darf nicht Wunder nehmen. Es gehört das mit zur Eigenart der midraschischen Schriftauslegung.
Aus den ersten zehn Capiteln sind nur die Texte: ,;Und Gott sah die Kinder Israels" (2, 25), „und Mose weidete" (3, 1), ,,und Mose ging hin" (4, 18) thematisch behandelt, dagegen von da ab erfahren eine solche Durchführung: „Dieser Monat sei euch" (12, 2), „greifet und nehmt euch Schafe" (12, 21), „es war mitten in der Nacht" (12, 29), das ist die Satzung des Pesach" (12, 43), „und es geschah, als Pharao das Volk ziehen Hess" (13, 17), „was schreist du zu mir" (14, 15), „damals sang Mose" (15, 1), „ich lasse euch Brot vom Himmel regnen" (16, 4), „und Jethro hörte" (iS, 1), „ich bin der Ewige, dein Gott" (20, 1), „und dies sind die Rechtsvor- schriften" (21, 1), „wenn du meinem Volke Geld leihest" (22, „und nehmt mir eine Hebe" (25, 2), „und du sollst lassen herzu- treten deinen Bruder Aaron" (28, 1), „und das ist es, was du mit
Vi Einleitung.
ihnen machen sollst" (29, 1), „siehe, ich berufe Bezalleel nament- lich" (31, 1), „und er gab sie Mose" (32, 1), „auf steige hinab" (3:. ~ „und Mose flehte" (^2, 11), „gedenke an Abraham" (32, 13). „haue dir" (34, 1).
Zu den Begebenheiten und Thatsachen, welche eine haggadische Ausschmückung erfahren, gehören: Mose Auffindung im Nil, seine Erziehung am Hofe Pharaos, die Tödtung des Aegypters, sein Kom- men nach Midian, die Vision im Dornbusche, seine Begegnung mit Aaron, sein Erscheinen vor Pharao als Gesandter Gottes, die zehn Plagen, der Auszug aus Aegypten, die Begegnung mit Jethro in der Wüste und die Gesetzgebung.
Manche der zu den Texten hinüberleitenden Proömien sind practisch gut durchgeführt. So wird in Parascha I die Wahrheit der Stelle Prov. 13, 24 an Ismael und Jizchak, an Jacob, Esau und Absalom nachgewiesen. Ueberhanpt kommen gerade in dieser Pa- rascha beherzigenswerthe pädagogische Grundsätze zur Geltung. Allzu grosse Liebe der Eltern, das ist ungefähr das Resume der Erörterung, bewirkt nur Entartung der Kinder, während Strenge in der Erziehung frommen Sinn und gute Sitte erzielt. Dabei wird auf Berachot fol. 7b verwiesen, wo es heisst: „Schlechte Zucht im Hause ist schlimmer als die Kämpfe mit Gog und Magog."
Entsprechend dem Character des zweiten Buches Mose, welches die Erlösung des israelitischen Volkes von der Knechtschaft der ägyptischen Pharaonen zum Gegenstande hat, haben viele Abschnitte einen messianischen Schluss. Gott wird die Zeit der Erlösung Israels beschleunigen, das wüste Zion wird wieder aufgebaut werden und das vom Feinde bedrängte Volk wird reichen Trost finden. Vor allem wird die messianische Aera frei von Abgötterei sein, da Gott den bösen Trieb oder die Leidenschaft in den Herzen seiner Kinder entwurzeln wird. Vergl. Par. XV, XVIII, XXIII— XXV, XXIX, XXXII, XL, XLI, L — LH.
Wie in anderen Midraschim, so fehlt es auch im Midrasch Sche- mot r. nicht an mannigfachen Anspielungen auf Zustände und Vor- gänge im späteren römischen Kaiserreich. Namentlich zeigen sich dergleichen historische Bezugnahmen in den Gleichnissen. So heissl z. B. : R. Abin sagte: „Gleich dem, welcher die Bildsäule des Dux gesteinigt hatte. Da befahl der König: Der Thäter werde ent- hauptet, denn morgen könnte er es auch mit mir so machen." Es ist damit auf die Zeit der rohen und grausamen Militärherrschaft Roms hingedeutet, wo die Regierung in den Händen der Präfecten der Garde lag und wo immer der Inhaber der Krone vom Nach- folger ermordet wurde. In Parascha XV lesen wir folgendes Gleich- nis des R. Levi: „Gleich einem Dux, welchem die Legionen den Purpur umwarfen. Was thut er? Er erlässt ihnen die Steuern, vri brennt i\vn Schuldbrief und führt die Obersten der Legionen vor. Diese Zeit wird der Anfang seiner Regierang genannt." Es schwebt lern Gleichnissredner auch liier der im römischen Reiche zur Zeit
Einleitung. Vir
der Soldatenkaiser gewöhnliche Vorgang vor Augen, wo die Le- gionen der verschiedenen Provinzen ihren Feldherrn zum Kaiser ausriefen, der ihnen aus Dankbarkeit dafür gewöhnlich die rück- ständigen Steuerbeiträge zu erlassen pflegte. Den Gleichnissen in Par. XV und XXVII wieder liegt die Gewohnheit zu Grunde, dass sich die römischen Herrscher nach ihrer Thronbesteigung Büsten und Statuen errichten Hessen. Endlich das Gleichniss in Par. XXX: „Das ist mit einem Menschen zu vergleichen, der das Bil Iniss des Königs vernichtet hatte und deshalb den Richtplatz besteigen musste,"*] spiegelt die Sitte wieder, dass bei Empörungen während der römischen Militärwirthschaft die Bildsäulen des gestürzten Kai- sers zertrümmert wurden.
Auch in den zahlreichen fremdsprachlichen, aus dem Griechischen und Lateinischen herübergenommenen Bestandtheile, wie: comes, praepositus, dux, donativa, annona, ludarius, notoria u. s. *w. spie- geln sich Verhältnisse des römischen Reiches.
Vom Midrasch Bereschit rabba unterscheidet sich der Midrasch Schemot rabba wesentlich. Während dort im Ganzen und Grossen doch mehr ein exegetisches Interesse verfolgt wird, steht hier mehr ein praktisches im Vordergrunde. Dadurch wird auch der grosse Reichthum an Vergleichen, Beispielen und Erzählungen erklärlich; nicht minder resultiren daraus die homiletisch gehaltenen Durch- führungen, die häufigen Ermahnreden und Nutzanwendungen, welche zuweilen fast den Charakter von Erbauungsreden an sich tragen. In allen diesen Beziehungen halten auch die anderen pentateuchi- schen Midraschim und die über die fünf Megillot sich erstreckenden Haggadas keinen Vergleich mit unserem Midrasch aus. Enthält doch Parascha XXX allein nicht weniger als 19 mehr oder minder ausgesponnene Gleichnissreden.
Hinsichtlich der Composition treten uns in Midrasch Schemot rabba zahlreiche Excerpte aus den beiden Talmuden entgegen. Be- sonders auffallend aber ist das Abhängigkeitsverhältniss von Midrasch Tanchuma, weshalb auch dieses Werk fast Schritt für Schritt zu vergleichen ist.
Ueber die Anlehnung unseres Midrasch an Midrasch Tanchuma hatte Dr. J. Fürst die Güte, mir brieflich Folgendes mitzutheilen:
„Der grösste Theil des Midrasch Schemot r. ist aus Midrasch Tanchuma in dessen früherer Gestalt als Jelamdenu. Denn viele Stellen in Schemot r., wo im Jalkut der Midrasch Tanchuma als Quelle notirt
*) Mit reicheren Zügen ausgestattet lautet dieses Gleichniss in Me- chilta Jithro Par. 8 (in der Ausgabe von J. H. Weiss S. 78 b) folgender- massen: „Ein Gleichniss von einem Könige, der in eine Stadt einzog und sich Statuen errichtete, Bilder anfertigte und Münzen prägte. Nach einiger Zeit jedoch warf man die Statuen um, zerbrach seine Bilder, schaffte seine Münzen ab und verringerte die Aehnlichkeit (D'muth) des Königs. So rechnet es auch die Schrift demjenigen, welcher Blut vergiesst, so an, als ob er die Gottähnlichkeit (D'muth) verringert hätte."
V[[I Einleitung.
ist, sind in unserem Tanchuma nicht enthalten. Bei vielen Stellen zeigt sich die Abhängigkeit von Tanchuma der Art, dass römische Wörter und Anspielungen auf römische Verhältnisse im Schemot r. nicht mehr verstanden werden und deshalb der Text geändert ist, z. B. in Par. i: "p73 -'^ 13^N ÜW«Ü inab, wofür Tanchuma z:~- "pö bu3 pIp^X hat. Par. XXXIX besteht aus lauter Hinweisungen auf Tanchuma, in den Worten: mrofi ■p« piD mmr:n rz- m*tt*lB3 „und alle die Erklärungen und Ausführungen, wie sie in den Abschnitten stehen." Aus Midrasch Tanchuma und Midrasch Te- hillim ist die Stelle § 48 fmiöBi -p-oiT:, wie an beiden Original- stellen es richtig heisst, durch Abschreiber oder aus falschem Ver- ständniss des Sammlers in 'prrSttl "pnoitt corrumpirt worden."
Ausser den genannten Werken birgt der Midrasch Schemot r. noch viele Excerpte aus der Pesikta des Rab Kahana; zuweilen wird geradezu mit einem: 'idi und so weiter auf die weitere Aus- führung daselbst verwiesen. Ebenso ist, wie der Quellennachweis am Schlüsse der Uebersetzung darthut, Midrasch Schir, Midrasch Echa, Pesikta rabbati, Midrasch Wajikra und Bemidbar vielfach ausgezogen.
Angesichts dieser Thatsachen setzt Zunz (die gottesdienstlichen Vorträge der Juden S. 257) die Zeit der Abfassung ins 11. oder 12. Jahrhundert. Auf eine ziemlich junge Zeit weist auch Stil und Diction. Einige Stücke tragen fast den Ton des Sepher hajaschar, andere sind wieder im Tone der Pijutim gehalten.
Zum Schlüsse noch eine Bemerkung über die Introductions- formeln. 41 Abschnitte haben die Formel n"n~ (3nrp1 N*" N"}", das ist, was geschrieben steht)*), zwei beginnen mit StPiDT. (^~t mnär: ^ÜfiJtiJ.» das sagt auch die Schrift)**), neun endlich sind ein- geführt mit den Worten: NiJJ ^2 J02in:n '") nriB *p, Rabbi Tan- chuma bar Abba begann. ***)
*) Es sind die Abschnitte 1 — 8, 10 — 18, 21 — 38, 45 — 50. **) Es sind die Abschnitte 19 und 20. ***) Es sind die Abschnitte 9, 39 — 44, 51 und 52. In dem letzten Ab- schnitte fehlt jedoch das "p.
MIDRASCH SCHEMOT RABBA.
Parascha I.
Cap. I, V. i. Und das sind die Namen der Kinder Israels, die nach Aegypten kamen mit Jacob, ein jeder mit seinem Hause kamen sie.
Das ist es, was geschrieben steht Prov. 13, 24.: „Wer seine Ruthe schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber liebt, der züch- tigt ihn frühzeitig." Gewöhnlich, wenn der Mensch zu seinem Ge- nossen sagt, der und der (N. N.) hat deinen Sohn geschlagen, so geht er ihm bis an's Leben, was will nun der hier angeführte Spruch: „Wer seine Ruthe schont" sagen? Er will dich lehren, dass jeder, welcher, seinem Sohne die Zucht versagt, und dieser schliesslich in Verwilderung geräth, ihn hasst. So finden wir es in Bezug auf Ismael , welcher bei seinem Vater Abraham eine ganz besondere Liebe genoss, er züchtigte ihn aber nicht, und als er entartete, so hasste ihn Abraham und jagte ihn aus dem Hause ganz ledig und bloss. Was machte Ismael? Als er 15 Jahre alt war, fing er an, ein Götzenbild vom Markte zu bringen, und er scherzte mit ihm, und erwies ihm, wie er es von andern gesehen hatte, göttliche Ehre, sowie geschrieben steht Gen. 21, 9: „Und Sara sah den Sohn der Hagar, der Aegypterin, den sie dem Abraham geboren, Scherz treiben". Unter pn:i?3 Scherz treiben ist nichts anderes als Götzen- dienst zu verstehen vergl. Ex. 32, 6: (Als die Israeliten das goldene Kalb gemacht hatten) „da standen sie auf, um Scherz zu treiben (pnacb)." Und Sara sprach sofort zu Abraham: „Treibe diese Magd aus und ihren Sohn" (s. Gen. 21, 10), denn es könnte mein Sohn in seine Fusstapfen treten. „Und dieses Wort missfiel dem Abra- ham sehr" (s. das. V. 11), weil Ismael so entartet war, sprach Gott zu Abraham (s. das. V. 12): Lass es dir nicht missfallen" u. s. w. Hieraus kannst du lernen, dass Abraham hinsichtlich der Prophetie der Sara nachstand (eig. der Sara gegenüber eine Nebenperson war), und sofort „stand Abraham am Morgen auf und nahm Brot
Wünsche, Midrasch Scheraot r. [
2 Par. I. Cap. I, I.
und einen Schlauch Wasser" s. das. 21, 14, um dir zu lehren, dass er den Ismael wegen seiner Entartung hasste und ihn und seine Mutter Hagar ledig und bloss entliess und sie aus seinem Hause stiess. Aber wie kann dir nur einfallen, dass Abraham, von dem es heisst Gen. 13, 2: „Und Abraham war sehr reich an Herden" u. s. w., sein Weib und seinen Sohn ohne Kleider und ohne Unter- halt aus dem Hause entlassen habe? Allein, es soll dir damit ge- zeigt werden, dass er ihm, als er entartet war, keine Aufmerksamkeit mehr widmete. Und was war das Ende, nachdem er ihn vertrieben hatte? Er setzte sich an die Scheidewege und fiel die Leute an, wie es heisst Gen. 16, 12: „Und er wird ein Wildesel werden."
Desgleichen heisst es auch Gen. 25, 28: „Und Jizchak liebte den Esau". Darum entartete er, weil er ihn nicht streng behandelte. So wie wir gelernt haben:*) Fünf Sünden beging der ruchlose Esau an demselben Tage, er beschlief eine verlobte Jungfrau, brachte ein Menschenleben um, leugnete die Todtenauferstehung, leugnete die Hauptsache (das Dasein Gottes) und verachtete die Erstgeburt. Und dazu sehnte er sich noch nach dem Tode seines Vaters und wollte seinen Bruder um's Leben bringen, wie es heisst Gen. 27, 41: „Es werden Tage der Trauer kommen für meinen Vater." Er verur- sachte dem Jacob, vom Elternhause zu fliehen, auch er ging zu Ismael, um von ihm Sittenlosigkeit (böse Zucht) zu lernen und noch mehr Weiber zu nehmen s. Gen. 28, 9: „Und es ging Esau zu Ismael."
Ebenso verhält es sich auch mit David. Weil er seinen Sohn Absalom nicht züchtigte, so entartete dieser und wollte seinen Vater um's Leben bringen und schlief bei dessen Kebsweibern und veran- lasste seinen Vater barfuss und weinend zu gehen und viele Tau- sende und Zehntausende von Israel fielen dadurch. Und so zog er ihm noch viele Widerwärtigkeiten zu und sie hatten kein Ende, wie geschrieben steht Ps. 3, 1: „Ein Psalm von David, als er floh vor seinem Sohne Absalom". Und was folgt darauf? „Ewiger wie viel sind meiner Bedränger". Daher heisst es auch:**) Schlechte Zucht im Hause des Menschen ist schlimmer als die Kämpfe mit Gog und Magog, denn bei diesen heisst es nur Ps. 2, 1: „Was toben die Völker", aber von jenem heisst es: „Ewiger! wie viel sind meiner Bedränger". Und so verhielt es sich auch mit David und Adonia, weil er ihn nicht züchtigte und schalt, so entartete er s. 1. Reg. 1, 6: „Sein Vater hatte ihn nie betrübt in seinem Leben", und das.: „Sie (seine Mutter) hatte ihn nach Absalom geboren'". Aber war nicht Absolom ein Sohn der Meacha, und Adonia ein Sohn Chagith's? Was soll damit gesagt sein: „Sie hatte ihn nach Absalom geboren?" Nichts anderes, als dass er entartet war, und der Vater ihn nicht streng genug behandelt hatte , und es heisst auch von Adonia: „Sein Vater hatte ihn nie betrübt in seinem
•) S. Baba batra fol. 16. •• S. Bcrachot fol. ;''.
Par. I. Cap. I, i. 3
Leben", darum war er auch entartet. Deshalb heisst es hier: „Sie hatte ihn nach Absalom geboren" d. i. er war demselben nachge- rathen. — „Wer ihn aber liebt, der züchtigt ihn frühzeitig" d. i. Gott, welcher Israel liebt, wie es heisst Mal. 1, 2: „Ich liebe euch, spricht der Ewige", nämlich er züchtigt sie durch Leiden. Du fin- dest: Drei gute Gaben hat Gott Israel gegeben, nämlich das Gesetz, das israelitische Land und die künftige Welt, das Gesetz s. Ps. 94, 12: „Heil dem Manne, den du züchtigst, Jah, und aus deiner Lehre ihn unterweisest"; das Land Israel s. Deut. 8, 5: „Und so erkenne in deinem Herzen" u. s. w. Was folgt darauf? V. 7. „Denn der Ewige dein Gott bringt dich in ein schönes Land"; d. i. die künftige Welt s. Prov. 6, 2$: „Denn das Gebot ist eine Leuchte und Lehre Licht" u. s. w. Und jeder Vater, der seinen Sohn züchtigt, gewinnt nur bei demselben an Liebe und Ehre, wie es heisst Prov. ig, 17: „Züchtige deinen Sohn und er wird dir Seelenruhe verschaffen", und das. 19, 18: „Züchtige deinen Sohn, so lange Hoffnung ist". Und dass er an Liebe bei ihm gewinnt, erhellt aus den Worten: „Und wer ihn liebt, züchtigt ihn bald1' d. i. weil er ihn liebt , darum züchtigt er ihn frühzeitig. Du findest auch, dass Abraham seinen Sohn Jizchak züchtigte, ihm die Thora lehrte und seine Wege leitete, wie es heisst von Abra- ham Gen. 26, 5: „Weil Abraham meiner Stimme gehorchte" und das. 25, 19: „Und das ist die Geschlechtsfolge Jizchaks, des Sohnes Abrahams." Damit wird dir gelehrt, dass er seinem Vater in allem glich, in der Schönheit, in der Weisheit, im Reichthum und in guten Werken. Ich will dir es auch beweisen: 37 Jahre war er alt, als ihn sein Vater auf dem Altar band, wie es heisst das. 24, 1 : „Und Ab- raham war alt und in die Tage gekommen"; er band ihn und fesselte ihn wie ein Lamm und er weigerte sich nicht; darum heisst es das. 25, 5: „Und Abraham gab alles, was sein war, dem Jizchak". Hier kannst du sehen, wer seinen Sohn lieb hat, hält ihn frühzeitig zur Zucht an. Ebenso hielt Jizchak frühzeitig schon auf die Zucht seines Sohnes Jakob, er gab ihm Unterricht und züchtigte ihn in seinem Lehrhause, wie es heisst das. 25, 27: „Und Jakob war ein frommer Mann, der bei den Zelten blieb". Er lernte ihm, was ihm sein Vater gelernt hatte, dann trennte er sich von demselben und hielt sich verborgen im Hause Ebers, um Thora zu lernen. Des- halb gelangte er auch zu dem Segen, und nahm das Land in Besitz wie es heisst das. 37, 1 : „Und Jakob wohnte im Lande des Aufent- halts seines Vaters, im Lande Canaan". Auf gleiche Weise ver- hielt sich auch unser Vater Jakob gegen seine Kinder. Er strafte sie, lehrte sie seine Wege (seinen Wandel) und es war nichts Un- würdiges unter ihnen. Darum steht hier geschrieben: „Und das sind die Namen der Kinder Israels, die nach Aegypten kamen" u. s. w. d. i. sie glichen alle dem Jakob (sie waren ihm alle gleich- gestellt), denn sie waren alle Gerechte (Fromme), wie er. Das wollen die Worte sagen, „Wer ihn liebt, züchtigt ihn frühzeitig."
Oder: „Und das sind die Namen" u. s. w. R. Abuhu sagte:
i Par. I. Cap I, !.
Ueberall, wo das Wort: nbx diese steht, schliesst es das Vorher- gehende aus, wo aber das Wort: nVtfT und diese steht, gehört es noch zu dem Vorhergehenden; Gen. 2: „Dieses (rrrtf) ist die Ent- wicklungsgeschichte des Himmels und der Erde", da ist das Vor- hergehende: ,,es war öde und wüste" ausgeschlossen, dagegen: „und diese (nban) Namen", da fügt die Schrift ein Lob zu jenen 70 Seelen hinzu, die vorher erwähnt worden sind, um damit anzudeuten, dass sie alle Gerechte waren.
„Und dies sind die Namen der Kinder Israels, die mit Jacob nach Aegypten kamen; ein jeder mit seinem Hause kamen sie." Die Israeliten sind ebenso wichtig, wie das Heer des Himmels, denn hier heisst es: Die Namen (mWö) und derselbe Ausdruck wird auch von den Sternen gesagt s. Ps. 147, 3: „Er zählt die Zahl der Sterne und rufet sie alle mit Namen (mKC)." Und auch Gott hat die Is- raeliten, als sie nach Aegypten kamen, gezählt, und weil sie mit den Sternen verglichen werden, so nennt er sie auch alle mit Namen, wie es heisst: „dies sind die Namen der Kinder Israels, die nach Aegypten kamen." Sind sie denn heute erst gekommen? Sie doch schon längst (viele Tage) nach Aegypten gekommen? Allein so lange Joseph lebte , belästigten sie die Aegypter nicht, wohl aber nach Joseph's Tode, darum wird es hier so angegeben, als wenn sie erst heute (jetzt) in Aegypten eingezogen wären.
„mit Jacob". Alle diese kamen von Jacobs Kraft her, er hatte sich Pflichterfüllung und Ausübung guter Werke zur Lebensaufgabe gemacht, darum hatte er das Glück, zwölf Stämme zustellen.
„Und das sind die Namen der Kinder Israels". Hier werden die Namen zur Andeutung der künftigen Erlösung angegeben. V. 2. Rüben, weil es heisst Ex. 3, 7: „Ich habe das Elend meines Volkes gesehen";*) Simeon, weil es heisst das. 2, 24: „Gott horte ihr Weh- klagen"; Levi, weil sich Gott mit ihrer Noth verbunden hat, um zu erfüllen, was gesagt ist Ps. 91, 15: „Ich bin mit ihm in der Noth"; Jehuda, weil sie Gott (nach ihrer Erlösung) gedanket haben; V. 3. Issaschar, weil sie Gott für ihre Sclaverei schadlos gehalten (eig. weil ihnen Gott für ihre Sclaverei Lohn gegeben) durch die Beute von den Aegyptern und die Beute am Meer, um zu erfüllen, was gesagt ist Gen. 15, 14: „Und sie werden dann mit grosser Habe ausziehen; Sebulon, weil Gott seine Schechina in ihrer Mitte wohnen Hess, wie es heisst Ex. 25, 8: „Sie sollen mir ein Heiligthum machen, dass ich in ihrer Mitte wohne." Unter Vl2T ist nichts anderes als das Heiligthum »der Tempel) zu verstehen vgl. 1 Reg. 8, 13, (wo Salomo in seinem Weihgebete sagt:) „Ich habe dir ein Haus zur Wohnung (Vint) erbaut, einen Ort zu deinem ewigen Sitze"; Ben- jamin, weil es heisst Ex. 15, 6: „Deine Rechte ("p*w), Ewiger, ist verherrlicht durch Kraft''; V. 4. Dan, weil es heisst Gen. 15, 14: „Auch das Volk, dem sie dienen werden, werde ich richten, und hernach werden sie ausziehen mit grosser Habe"; Naphthali wegen
*) Der Midrascli deutet <lie Namen der Stamme.
Par. I. Cap. I, 4, 5, 6, 7.
der Thora und der Vorschriften, die ihnen Gott gegeben hat, von denen die Schrift sagt Ps. 19, 11: „Sie sind süsser als Honig und Honigseim (B"»D1£1 nci;)"; Gad wegen des Mannas, womit Gott es gespeist und welches dem Samen Gad's gleich war s. Ex. 16, 31; Ascher, weil alle, die ihre Erlösung und ihre Grösse hören, sie preisen werden s Mal. 3, 12: „Es werden alle Völker euch preisen, denn ihr sollt ein Land der Lust sein, spricht der Ewige der Heer- schaaren"; Joseph, weil Gott einst Israel nochmals aus der ruch- losen Herrschaft erlösen wird, wie er sie von den Aegyptern erlöst vergl. Jes. II, 11: „An diesem Tage wird der Ewige abermals seine Hand erheben" u. s. w. Das hat auch R. Josua von Sichnin im Namen des R. Levi gesagt, warum sind die Namen der Stämme nicht überall in gleicher Reihenfolge angegeben, sondern bald geht dieser, bald geht jener dem andern voran? Damit man nicht spreche: Die Kinder der Gebieterinnen gehen voran und die Kinder der Mägde folgen nach. Damit soll nun gezeigt werden, dass kein Rangunterschied unter ihnen bestand (dass die einen nicht grösser als die andern waren).
Oder: Warum gehen diese jenen voran? Weil sie die Balken (Stützen) der Welt waren; denn derjenige, welcher einen Balken ge- hörig vorbereitet hat, legt die Dicke desselben an die Spitze des andern, der ihm nicht gleich ist. Und woher lässt sich beweissen, dass sie den Balken der Welt bildeten? Der Prophet Jesaia sagt s. 48, 12: „Höre auf mich, Jakob, Israel, mein Balken".*)
V. 5. „Und es waren alle die Seelen, die aus den Lenden Jakobs hervorgegangen, siebzig Seelen.
Oder mit den Worten: „Joseph, welcher war in Aegypten" soll angezeigt werden, dass er, obgleich er zur Königswürde gelangt war, doch sich nicht überhob gegen seine Brüder und sein väter- liches Haus. Sowie er sich, als er noch Sclave in Aegypten war, klein dünkte, so auch, als er König geworden war.
V. 6. Und es starb Joseph, und alle seine Brüder und selbiges ganze Geschlecht.
Damit soll angedeutet werden: So lange noch einer von denen lebte, die nach Aegypten hinab gezogen waren, behandelten die Aegypter die Israeliten nicht sclavisch.
V. 7. Und die Kinder Israels waren fruchtbar und wimmelten.
Obgleich Joseph und seine Brüder todt waren, so war doch ihr Gott nicht todt, sondern „die Kinder Israels waren fruchtbar und wimmelten." Oder: Jede gebar sechs auf einmal (eig. in einem Leibe), wie es heisst: „Und die Kinder Israels waren fruchtbar und
*) So deutet der Midr. das Wort \s-npr:.
6 Par. I. Cap. I, 7, 8.
wimmelten." Manche sagen, es wären gleich zwölf auf einmal zur Welt gekommen, weil es heisst: sie waren fruchtbar ("He)", das sind zwei, „sie wimmelten (ixisi'n)", das sind zwei, sie wurden zahlreich (i3~ri)", das sind zwei, ,,sie wurden stark (iTa^I^i)", das sind zwei, „gar sehr (tine *nN»s)", das sind zwei, „und füllten das Land ('in Nbttm)", das sind zwei, siehe das sind zusammen zwölf. „Und sie wurden stark". Manche sagen: Jede Frau gebar sechzig auf einmal. Wundere dich nicht darüber, denn der Scorpion, welcher zu den Kriechenden gehört, bringt 70 zur Welt. R. Nathan sagte: Das Land wurde von ihnen so voll, wie Binsengesträuch.
V. 8. Da stand ein neuer König auf. Als die Aegypter nämlich das Ueberhandnehmen sahen, Hessen sie neue Verordnungen über sie ergehen, was mit den obigen Worten: „da stand ein neuer König auf", gesagt sein soll. Was aber darunter zu verstehen ist, darüber sind Rab und Samuel verschiedener Meinung. Nach dem einen war es wirklich ein neuer König, nach dem andern erneuerte er nur die Verordnungen und Strafen. Derjenige, welcher sagt, es war wirklich ein neuer König, beruft sich darauf, dass es heisst: "din neu, dagegen derjenige, weicher sagt, er erneuerte seine Be- schlüsse, beruft sich darauf, dass es nicht heisst: Jener starb und es kam ein anderer König auf den Thron.
welcher den Joseph nicht kannte. Das lässt sich wohl sagen, wenn angenommen wird, es war ein neuer König, allein, wenn es nur neue Beschlüsse waren, sollte dann der König den Joseph nicht gekannt haben? Allein er hat sich so gestellt, als wenn er von Joseph nichts wüsste. Warum, fragen die Rabbinen, wird er „ein neuer König genannt, war es nicht derselbe Pharao? Allein die Aegypter sprachen zu Pharao: Komm, wir wollen uns an das Volk machen. Ihr Thoren, antwortete er ihnen, wir haben bis jetzt von ihnen Genuss gehabt (eig. gegessen) und wir sollten uns an sie machen? Wenn Joseph nicht gewesen wäre, würden wir heute nicht leben. Da er ihnen nicht Gehör gab, entsetzten sie ihn drei Monate lang seines Thrones, bis er zu ihnen sprach: Alles, was ihr wollt, will ich mit euch unternehmen, und sie setzten ihn wieder n seine Würde ein. Darum heisst es hier: „Es stand ein neuer König auf."
Die Rabbinen eröffneten ihren Vortrag mit Hos. 5, 7: „Dem Ewigen wurden sie untreu, denn fremde Kinder erzeugten sie; nun wird sie der Neumond verzehren sammt ihrem Erbtheil." Damit soll dir gelehrt werden, dass die Israeliten nach Josephs Tode die Be- schneidung eingestellt hatten, sie sprachen nämlich: Wir wollen wie die Aegypter sein. Hieraus kannst du lernen, dass Mose sie bei ihrem Auszuge aus Aegypten beschnitten hat. Und da sie sich so verhielten, verwandelte Gott die Liebe der Aegypter zu ihnen in Hass, wie es heisst Ps. 105, 25: „Er wandelte ihr Herz, dass sie sein Volk hassten und Arglist übten gegen seine Knechte", um zu
Par. I. Cap. I, 8. 9, 10. 7
erfüllen, was Hosea gesagt hat: „Nun wird sie der Neumond ver- zehren sammt ihrem Erbtheile."
„Ein neuer König" d. i. ein König, welcher aufstand und neue Beschlüsse in Betreff Israels erliess.
„welcher den Joseph nicht kannte". Sollte er den Joseph nicht gekannt haben? Allein es verhält sich hiermit, sagte R. Abin, wie mit dem, welcher einen Freund des Königs umgebracht hatte. Da sprach der König: Der Thäter werde enthauptet; denn morgen könnte er es mit mir auch .co machen. Darum schreibt nun die Schrift: Der, welcher den Joseph heute nicht kennt, wird morgen sprechen: ich kenne den Ewigen nicht.
t\ 9. Und er sprach zu seinem Volke. Er hatte mit dem Rathschlag angefangen, wie geschrieben steht: „Und er sprach zu seinem Volke", darum wurde auch er zuerst geschlagen, Wie ge- schrieben steht Ex. 7, 29: „Und über dich und über dein Volk und über alle deine Knechte sollen die Frösche kommen".
V. 10. Wohlan! wir wollen uns über ihn berathen. Es heisst nicht: QFlb über sie (die Israeliten), sondern: ib über ihn.*) Er sprach nämlich, sagte R. Chama bar Chanina, kommt wir wollen uns über den Gott dieses Volkes berathen. Wollen wir sie mit dem Schwerte richten, es steht ja schon geschrieben Jes. 66, 16: „Und mit seinem Schwerte alles Fleisch?" So wollen wir sie damit nicht richten, wir wollen sie vielmehr durch Wasser richten, denn Gott hat ge- schworen, dass er nie wieder eine Fluth auf die Welt bringen werde, denn es heisst das. 54, 9: „Ich schwur, dass die Wasser Noah's nicht wieder die Erde überschwemmen sollen." Sie wussten aber nicht, dass Gott nur keine Fluth über die ganze Welt bringen werde, wohl aber über ein Volk eine Fluth kommen könne, und selbst über sie werde er sie nicht bringen, aber sie würden kommen und in das Wasser hineinfallen s. Ps. 63, 11: „Sie werden durchs Schwert umkommen, eine Beute der Füchse werden sie", und Ex. 18, 11: „Denn mit der Sache, mit der sie gefrevelt haben (tjt)" d. i. in den Topf, in welchem sie gekocht haben, sind sie gekocht worden*). R. Chija sagte im Namen des R. Simon: Drei waren bei dieser Berathung: Bileam, Hiob und Jethro; Bileam, welcher den Rath gab, wurde erschlagen, Hiob, welcher schwieg, wurde vonLeiden heimgesucht und Jethro, welcher davonlief, war so glücklich, Nachkommen von sich in der Quaderhalle sitzen zu sehen s. 1. Chron. 2, 55: „Und die Fa- milien der Schreiber, die Bewohner von Jabez, der Thirathiter, Schimeathiter, der Suchothiter, das sind die Keniter, die gekommen sind von Chamath, dem Vater des Hauses Rechab", und Jud. 1, 16:
*) Der Midr. bezieht lS auf Gott. **) Der Midrasch nimmt nt in der Bedeutung von sieden, kochen, also gleich —?z.
g Par. I. Cap. I. 10. II. 12. ~\
„Und die Kinder Kenis, des Schwiegervaters Mesas, zogen herauf von der Dattelstadt mit den Kindern Jehudas".
und heraufziehe aus dem Lande. Es heisst nicht: n:*br* und wir ziehen hinauf, sondern: nbST und es zieht herauf. R. Abba bar Kahana sagte: Wie ein Mensch, welcher sich selbst verflucht, indem er den Fluch an andere hängt. Oder: Wenn die Israeliten bis auf's Tiefste gesunken sind, so steigen sie wieder. Siehe, was geschrieben steht: „Es zieht herauf aus dem Lande". David hat ge- sagt Ps. 44, 26: „Denn zum Staube gebeugt ist unsere Seele', es hängt an der Erde unser Leib". In dieser Stunde (s. das. V. 27): „Stehe auf, hilf uns und erlöse uns deiner Güte wegen".
V. 11. Und sie setzten über dasselbe. Es heisst nicht: fcirby über sie, sondern: "pVy. Ein Lehrer (Tanna) aus der Schule des R. Eleasar bar R. Simeon schloss daraus, dass sie einen Ziegel- stein brachten und ihn an Pharaos Hals hängten. Wenn nun ein Israelit zu ihnen sagte, ich bin zu schwach, so antwortete man ihm: Bist du denn etwa schwächer als Pharao.*)
Frohnvögte (c'Ctt "nfe) d. i. etwas, worauf man Ziegeln legt (trsab rbr ö-new» im).
um es mit ihren Lastarbeiten zu quälen d. i. um Pharao durch die Lastarbeiten Israels zu quälen.
Es baute Vorrathsstädte (niSSÖfc) für Pharao. (Warum heissen sie so?) Darüber sindRab und Samuel verschiedener Meinung. Der eine sagt: Weil sie (die Städte) ihre Besitzer (durch Ein- sturz u. s. w.) in Gefahr bringen (TTPbsa PN n:rc£ir), der andere sagte: weil sie ihre Erbauer arm machen (DrVSia TN rcDDD-OO©), denn der, welcher sich in Bauten einläset, verarmt. Die Rabbinen sagten: Es sind Vorrathshäuser (n"H21N "na), wie gesagt ist Jes. 22, 15: „Auf, gehe zu diesem Schatzmeister (iiTfl pöfl Vn)".
Pithom und Ramses.
Ueber die Bedeutung dieser Namen sind auch Rab und Samuel verschiedener Meinung. Der eine sagte: Pithom war ihr eigentlicher Name (nom. propr.), und warum wird es Ramses ("DAS"")) genannt? Weil ein Bau nach dem andern, welchen man aufführte, einstürzte (oointt zusammenbrach).**) Der andere sagte: Ramses war ihr eigentlicher Name, und warum wurde sie Pithom fJDirPE) genannt? Weil den ersten Grund der Mund des Abgrundes verschlang (Dinn *&).
V. 12. Und jemehr sie dasselbe peinigten, destomehr mehrte es sich und destomehr breitete es sich aus.
Es heisst nicht: Tic pi "O^ fr destomehr vermehrten sie sich und desto fruchtbarer wurden sie, sondern: VTE"' "pl ~2"* p desto-
*) Der Mi^r. bezieht dann i»7j? auf Pharao. **) Vergl. Chullin fol. 77a.
Par. I. Cap. I, j :. 13. 14. 9
mehr soll es sich mehren und destomehr ausbreiten. R. Simeon ben Lakisch sagte: Der heilige Geist verkündigte ihnen, es soll sich destomehr vermehren und ausbreiten.
und es wurde ihnen bange wegen der Kinder Israels. Daraus geht hervor, dass die Israeliten in ihren (der Aegypter) Augen wie Dornen (DWpS) erschienen.
V. 13. Und die Aegypter beschwerten die 'Kinder Israels mit schwerer Arbeit.
R. Eleasar sagte: Das Wort *p£- heisst sowiel wie: *|1 nD2 mit sanftem Munde*), R. Samuel bar Nachman dagegen sagte: Das Wort will soviel sagen wie H=p"*sa mit Zerschlagenheit (d. i. Kränkung, die Geist und Körper zerrüttet). Und so sollten sie mit jedem der Israeliten verfahren, wie viele Ziegeln sie am ersten Tage gefertigt hatten, mussten sie dann an jedem Tage fertigen. »
V. 14. Und sie verbitterten ihnen das Leben mit schwerer Arbeit, anfangs durch Lehm und Ziegeln und zuletzt „mit allerlei Arbeit auf dem Felde" und endlich sogar „mit ihrer ganzen Arbeit". Was heisst das: „mit ihrer ganzen Arbeit?" Daraus folgert R. Samuel bar Nachman im Namen des R. Jona- than, dass sie die Arbeit der Männer gegen die der Weiber und umgekehrt die Arbeit der Weiber gegen die der Männer vertauscht hatten.
und das alles betrieben sie mit Härte. Nach R. Iwja hat R. Eleasar gesagt: mit Zerschlagenheit.
Vier Beschlüsse hatte Pharao über sie erlassen: 1) er hatte den Vögten (Treibern) befohlen sie zu drängen (zu stossen), damit sie ihre Arbeit vollzählig liefern sollten, 2) dass sie nicht in ihren Häusern schlafen sollten, er beabsichtigte dadurch ihre Fortpflanzung zu vermindern. Er dachte nämlich bei sich, wenn sie nicht in ihren Häusern schlafen, so können sie auch nicht Kinder zeugen. Da sprachen die Vögte zu ihnen: Wenn ihr geht, um in euren Häusern zu schlafen, bis wir nach euch am Morgen schicken, so steigt der Tag auf ein bis zwei Stunden (d. i. so vergehen ein bis zwei Stunden), und ihr bringt die für euch bestimmte Zahl nicht fertig, wie es heisst Ex. 5, 13: „Die Vögte drängten und sprachen" u. s. w. In Folge dessen schliefen die Israeliten auf der Erde. Da sprach Gott zu ihnen: „Ich habe ihrem Vater Abraham verheissen, dass ich seine Nachkommen vermehren will, wie die Sterne s. Gen. 22, 17: „Ich will dich segnen und deinen Samen mehren", und ihr berathet euch, dass sie sich nicht vermehren sollen, nun wir wollen sehen, welcher Plan von Bestand sein wird, ob der meinige oder der eurige. Darum heisst es auch hier: ,,Je- mehr sie dasselbe quälten, destomehr mehrte es sich".
R. Akiba trug öffentlich vor: Wegen der frommen (tugend-
*) Vergl. Midr. Bemidbar r. Par. 15.
IO Par. I. Cap. I, 14. 15.
haften) Weiber sind die Israeliten aus Aegypten erlöst worden. Und was haben sie gethan? Wenn sie Wasser zu schöpfen ge- gangen waren, schickte ihnen Gott kleine Fische in ihre Krüge, so dass sie halb Wasser und halb Fische schöpften. Sie trugen sie zu ihren Männern und setzten ihnen zwei Töpfe vor, einen mit Warmem und einen mit Fischen, sie gaben ihnen zu essen, wuschen, salbten und tränkten sie und vollzogen dann zwischen den Hürden den Beischlaf, wie es heisst Ps. 68, 14: „Wann ihr lieget zwischen den Hürden, Taubenflügel, überzogen mit Silber" d. i. zur Belohnung dafür gelangten die Israeliten zur Beute Aegyptens, wie es daselbst heisst: „Taubenflügel, überzogen mit Silber". Und da sie schwanger waren, gingen sie in ihre Häuser, und wenn die Zeit ihrer Nieder- kunft gekommen war, gingen sie auf das Feld und gebaren unter einem Apfelbaum s. Cant. 8, 5: „Unter dem Apfelbaum erregte ich dich". Und Gott sandte einen Engel von den Höhen herab, welcher die Neugebornen reinigte und putzte wie das Thier, welches sein Junges putzt s. Ezech. 16, 4: „Und bei deiner Geburt, am Tage, da du geboren wurdest" u. s. w. Und sie gaben ihnen zwei Brote, eins von Oel und eins von Honig, wie es heisst Deut. 32, 13: „Er gab ihnen Honig aus dem Felsen zu trinken" u. s. w. Als die Aegypter es merkten, wollten sie dieselben umbringen. Da geschah ihnen aber ein Wunder. Sie wurden vom Boden verschlungen; es kamen Ochsen und pflügten über sie, wie es heisst Ps. 129, 3: „Auf meinem Rücken pflügen die Ackerer". Und aus diesem schössen sie (die israelitischen Kinder) dann empor und gingen her- vor wie das Kraut des Feldes (die Feldblumen) s. Ezech. 16, 7: „Zu Tausenden Hess ich dich werden wie Feldgewächs". Und als sie erwachsen waren, kamen sie schaarenweise in ihre Häuser,* wie es das. heisst: „Du gelangtest zu den höchsten Reizen". Lies nicht: Wiy ^M, sondern: D,-ny "mya sie kamen heerdenweise hervor. Und als Gott sich ihnen am Meere offenbarte, erkannten sie ihn zuerst, wie es heisst Ex. 15, 2: „Dieser ist mein Gott, ihn will ich verherrlichen". Als Pharao sah, dass sie so sehr zunahmen, fasste er einen Beschluss über die Knaben, wie es heisst:
V. 15. Und der König sprach zu den aegyptischen Hebammen. Wer waren wohl die Hebammen? Rab sagte: Es war eine Schnur und ihre Schwiegermutter, Jochebed und Elischeba, Tochter Aminadabs. R. Samuel bar Nachman sagte: Es waren Mutter und Tochter, nämlich Jochebed und Mirjam; Mirjam war demnach nur fünf Jahre und Aaron nur drei Jahre älter als Mose. Die Rabbinen sagen: Mirjam war mit ihrer Mutter Jochebed ihrem Berufe (ihren notwendigen Verrichtungen) nachgegangen und sie war geschickt, denn solange das Kind noch klein war, wurde es schon erkannt, wie Salomo sagt Prov. 20, n: „Schon in seinen Spielen wird der Knabe erkannt".
Die eine hiess Schiphra (n~":uj), weil sie das Kind putzte
Par. I. Cap. I, 15. 16.
n
(niEMitt), wenn es voll Blut herausgekommen war, die andere hiess Pua (rtJUs), weil sie dem Kinde nach seiner Mutter Wein einflösste (p3>di;). Oder die eine hiess Schiphra, weil durch sie die Israeliten sich vermehrten (i3"n ■"•r-^1. und die andere hiess Pua, weil sie dass Kind belebte (nys?:), wenn man dachte, dass es todt sei. Oder die eine hiess Schiphra, weil ihre Werke vor Gott geschmückt (wohlgefällig) waren (□,rr':xn *:sr ST'TBWa ";"isiBi25) und die andere hiess Pua, weil sie die Israeliten auf Gottes Beistand hin- wies (rWSltltB), oder weil sie mit freiem Gesichte gegen Pharao auftrat (a-rcrr rWfinfwS) und ihre Nase in die Höhe richtete und zu ihm sprach: Wehe diesem Mann, wenn Gott kommen wird, um ihn zu bestrafen! und der König gerieth über sie in Zorn und wollte sie umbringen. Oder die eine hiess Schiphra, weil sie die Worte ihrer Tochter zu beschönigen (rnDZt:) und sie mit Pharao wieder auszusöhnen suchte und zu ihm sprach : Nimm es nicht zu * streng mit ihr, sie ist ein Kind und weiss nicht, was sie spricht. Nach R. Chanina bar Rab Jizchak hiess die eine darum Schiphra, weil sie die Israeliten zu Gott erhob, dass ihretwegen die Himmel erschaffen worden seien, von denen es heisst Hi. 26, 13: „Mit seinem Geiste zierte (m:ffl) er den Himmel aus", und die andere hiess Pua, weil sie gegen ihren Vater mit Freimuth auftrat, denn Amram war damals das Haupt desSynedriums. Als nämlich Pharao befohlen hatte, dass alle neugebornen Knaben umgebracht werden sollten, sprach Amram: Auf diese Weise werden die Israeliten vergebens 'Zweck- los) Kinder zeugen; er entliess sofort Jochebed und enthielt sich des Beischlafs mit ihr und schied sich von ihr, als sie drei Monate mit Mose schwanger ging. Dem Beispiele Amrams folgend, erhoben sich alle Israeliten und schieden sich von ihren Weibern. Da sprach seine Tochter Mirjam zu ihm: Dein Beschluss ist schlimmer als Pharaos Beschluss, denn dieser hat nur über die männlichen Kinder einen Beschluss gefasst, du aber über die männlichen und weib- lichen. Pharao ist ein Frevler, und es ist zweifelhaft, ob sein Be- schluss Bestand haben wird, du aber bist ein gerechter Mann und dein Beschluss wird Bestand haben. In Folge dieser Zurecht- weisung nahm Amram sein Weib wieder zu sich, und alle Israeliten ahmten ihm nach und nahmen ihre Weiber wieder zu sich. Auf diese Weise hatte die Pua ein freies Wort gegen ihren Vater gesprochen.
V. 16. Und er sprach: Wenn ihr den Hebräerinnen bei ihrer Niederkunft beisteht.
Warum befahl aber Pharao, sie (die Kinder) durch die Heb- ammen umzubringen? Damit ihn Gott nicht in Anspruch nehme, sondern sie (die Hebammen) bestrafe.
und ihr seht auf den Gebärstuhl d. i. der Ort, wo das Kind sich hinwendet. Oder: „Der Gebärstuhl". R. Jehuda bar Simon sagte: Gott macht die Glieder des Weibes hart wie die Steine in der Stunde, wo sie auf dem Gebärstuhle sitzt und nieder-
12 Par. I. Cap. I, 16. 17.
kommen will; denn wäre es nicht so, da würde sie um's Leben kommen. R. Pinchas der Genosse führt im Namen des R. Jona einen Beweis für R. Jehuda bar Simon an, dass nämlich unter CiSN nichts anderes als der Holzblock (des Töpfers) zu verstehen sei, der hart ist, wie es heisst Jerem. 18, 3: „Ich ging hinab in das Haus des Töpfers und er machte seine Arbeit auf dem Block". R. Chanin sagte: Er hatte ihnen ein grosses Zeichen gegeben. So- wie bei diesem Töpfer die eine Lende an dieser und die andere an jener Seite herunterhängt und der Block in der Mitte (zwischen den Füssen) ruht, so hat auch das Weib die eine Lende an dieser und die andere an jener Seite und das Kind befindet sich in der Mitte*). Manche sagen: In dem Augenblicke, wo die Gebärerin kauert, um zu gebären, werden ihre Lenden so stark wie Steine.
Wenn es ein Sohn ist, tödtet ihn. Er sprach nämlich zu ihnen: Wenn es ein Knabe ist, so tödtet ihn, ist es aber ein Mädchen, so tödtet es nicht, sondern lebt es, so mag es leben, stirbt es, so mag es sterben. Da sprachen sie zu ihm: Woher sollen wir denn wissen, ob es ein Knabe oder ein Mädchen ist? Nach R. Chanina gab er ihnen ein grosses Zeichen, nämlich ist sein (des Kindes) Gesicht nach unten gerichtet, so wisset, dass es ein männliches ist, es blickt nämlich auf seine Mutter d. i. auf die Erde, von der es geschaffen ist, ist aber sein Gesicht nach oben gekehrt, dann ist es ein weibliches, denn es blickt nach dem Orte seiner Entstehung d. i. auf die Rippe, wie es heisst Gen. 2, 21: „Er nahm eine von seinen Rippen." Da sprach Gott zu ihm: Du Frevlerl wer diesen Rath gegeben hat, ist verrückt, du hättest die weiblichen hinrichten lassen müssen; denn wenn es keine weiblichen giebt, woher sollen sonst die Männer Weiber bekommen. Ein Weib kann nicht zwei Männer, wohl aber kann ein Mann zehn, auch 100 Weiber nehmen s. Jes. ig, 11: „Lauter Thoren sind die Fürsten Zoans" u. s. w. die ihm diesen Rath gegeben hatten.
V. 17. Aber die Hebammen fürchteten Gott. Auf sie ist gesagt worden Prov. 31, 30: „Ein gottesfürchtiges Weib ist lobenswerth".
und sie thaten nicht, wie der König von Aegypten zu ihnen gesprochen hatte.
Es heisst hier nicht: m{~7, sondern: "irrVN zu ihnen. Daraus lässt sich schliessen, sagte R. Jose bar Chanina, dass er von ihnen verlangte, sie sollten sich an die Israeliten machen, aber sie nahmen es (die Verordnung, den Befehl) von ihm nicht an.
und sie Hessen die Kinder am Leben. Da es vorher schon heisst: „und sie thaten nicht, wie der König zu ihnen gesprochen", wissen wir da nicht schon, dass sie die Kinder am Leben erhalten haben, wozu braucht die Schrift ausdrücklich zu sa^en: „und sie liessen die
*) S. Sota fol. 11b.
Par. I. Cap. I, 18. 19.
13
Kinder am Leben? Allein es soll damit ein Lob in einem andern verbunden sein. Nicht genug, dass die Hebammen seinen Befehl nicht vollzogen, sie erwiesen sogar den Weibern Gutes. Zu denen, welche arm waren, gingen die Hebammen und sammelten (holten) Wasser und Nahrung aus den Häusern der Reichen, und kamen und gaben es den Armen und sonach erhielten sie ihre Kinder am Leben. Das ist es, was die Schrift sagt: „und sie Hessen die Kinder am Leben". Oder: „Sie Hessen die Kinder am Leben". Manche von den Kindern waren entweder lahm, oder blind, oder sonst fehlerhaft, oder verstümmelt an einem Gliede zur Welt gekommen, damit sie aber wohlgebildet (schön) heraustreten sollten, so beteten sie vor Gott und sprachen: Dir ist es bekannt, dass wir Pharaos Worte nicht befolgen, wir wollen aber deinen Willen thun, Herr der Welt! lass das Kind wohl erhalten auf die Welt kommen, damit die Israeliten nicht Anlass haben, über uns zu klagen und zu sprechen: Die Kinder kommen darum so gebrechlich zur Welt, weil wir sie tödten wollen. Gott erhörte ihre Stimme, und die Kinder kamen wohl erhalten auf die Welt. R. Levi sagte: Siehe, du hast das Leichte gesagt, sage nun auch das Schwere. Manche von ihnen, die todt hätten zur Welt kommen, oder deren Mutter hätte in Todesgefahr schweben und sterben sollen, nachdem sie zur Welt gekommen, standen im Gebete zu Gott und sprachen: Herr der Welti halte sie jetzt hin und gieb ihnen ihr Leben, damit die Is- raeliten nicht sprechen können, sie haben sie erwürgt. Und Gott erhörte ihr Gebet und darum „Hessen sie die Kinder am Leben". Auf diese Weise geht das Wort: „sie Hessen am Leben" auf die Mütter der Kinder (sie suchten die Mütter am Leben zu erhalten) und dann selbstverständlich auch die Kinder. Oder: „die Hebammen fürchteten Gott" d. i. sie schmückten sich selbst zur That ihres Alten, nämlich Abrahams, von dem Gott bezeugt Gen. 22, 12: „Denn nun weiss ich, dass du gottesfürchtig bist". Sie sprachen: Unser Vater Abraham eröffnete ein Gasthaus, er speiste die Vor- übergehenden und Kommenden, die Kinder der Unbeschnittenen, und wir sollten ihnen nicht Unterhalt geben, sondern sie ums Leben bringen? Nein, wir erhalten sie am Leben. Da Pharao sah, dass sie seinen Befehl nicht beachteten, Hess er sie rufen, wie es hier heisst: „Der König von Aegypten rief die Hebammen".
V. 19. Denn sie sind lebhaft. Wolltest du sagen: die Hebammen? (so ist die Antwort:) braucht denn eine Hebamme nicht den Beistand einer andern Hebamme? Allein die Hebammen haben so gesprochen: Diese Nation wird mit den Thieren des Feldes verglichen, die doch keine Hebamme brauchen; Jehuda wird mit einem Löwen verglichen s. Gen. 49, 9; Dan mit einer Schlange s. das. V. 17, Naphthali mit einer flüchtigen Hindin s. das. V. 21, Issaschar mit einem beinernen Esel s. das. V. 14, Joseph mit einem erstgebornen Ochsen s. das. V. 22, Benjamin mit einem reissenden
IA Par. I. Cap. I, 19. 20. 21.
Wolf s. das. V. 27 und über die andern siehe Ezechiel 19, 2: „Wie lagert deine Mutter, eine Löwin unter den Löwen".
V. 20. Und Gott that den Hebammen Gutes. Worin bestand das Gute? Darin, dass der König von Aegypten ihre Worte annahm und ihnen keinen Schaden zufügte. R. Berachja im Namen des R. Chija bar Abba sagte: Es steht geschrieben Hi. 28, 27: ,,Er sprach zum Menschen: Siehe, die Furcht des Ewigen ist Weis- heit". Und was ist der Lohn der Furcht? Die Thora. Und weil Jochebed eine solche Gottesfurcht hatte, stellte Gott von ihr auch Mose in die Welt, von dem es heisst Ex. 2,2: „dass er gut piü) war", und durch ihn wurde die Thora gegeben, welche „eine gute Lehre" {i'.u npb) genannt wird und sie führt seinen Namen, wie es heisst Mal. 3, 22: „Gedenket der Thora (Lehre) Moses, meines Knechtes/' Und von Mirjam ging Bezaleel hervor, der voll von Weisheit war s. Ex. 31, 3: „Ich fülle ihn mit dem Geiste Gottes." Und dieser machte eine Lade für die Thora, welche gut (3lü) genannt wird. Das wollen die Worte sagen: „Und Gott that den Hebammen Gutes."
und das Volk vermehrte sich, um zu bestätigen was Thren. 3, 37 gesagt ist: „Wer spricht und es wird, ohne dass es der Ewige nicht befohlen"? Wenn Pharao befahl, alle Männlichen umzubringen, was frommte ihm sein Befehl? Der Ewige befahl nichts anderes, als dass „das Volk sich vermehre und sehr mächtig werde."
V. 21. Und es geschah, weil die Hebammen Gott fürchteten, so machte er ihnen Häuser. Darüber sind Rab und Levi verschiedener Meinung, der eine versteht unter den Häusern Priester- und Levitenhäuser, der andere Herrscherhäuser. Unter jenen sind Mose und Aaron, unter diesen ist Mirjam zu verstehen. Warum? Weil David von ihr abstammte s. 1. Chron. 2, 18: „Kaleb, Sohn Chezrons zeugte mit Asuba, seinem Weibe und mit Jerioth, und das sind ihre Söhne: Jescher und Schobab und Ardon." Unter Asuba ist Mirjam gemeint. Und warum wird sie so genannt? Weil sie alle (wegen ihrer Kränklichkeit) verlassen hatten. Dann heisst es oben: „er zeugte", es war doch aber sein Weib? Es soll dir damit gelehrt werden, sagte Jochana n, wer sein Weib aus reiner Absicht (wegen des Himmels) ehelicht, das gilt der Schrift so, als wenn sie geboren hätte, „Jerioth" (Vorhänge) hiess sie, weil ihr Ge- sicht den Vorhängen glich. „Und das sind ihre Kinder". Anstatt: rPM ihre Kinder, lies: n*::3 ihre Erbauer. Jescher (iia-1) d. i. Kaleb, denn er bewies sich grad und aufrichtig (-nu^d); „Schobab (aaiB . weil er seine Leidenschaft in Fesseln hielt (33"CC, so dass sie keine Gewalt über ihn hatte);*) Ardon ("p-s), weil er seine Leiden- schaft beherrschte (miUJ). Das. V. ig: „Und Asuba starb", daraus
*) Vergl. Sota fol. 12 '.
Par. I. Cap. I, 21. :2. tr
geht hervor, sie war erkrankt und man hielt sie für todt. Auch hatte Kaleb sie verlassen. „Und Kaleb nahm sich Ephrat (niSfit)" s. das. d. i. Mirjam. Und warum wird sie so genannt? Weil durch sie die Israeliten sich vermehrt haben ("D~n TJBBJ). Was heisst das: „Und er nahm sich"? Nachdem sie (Jochebed) wieder geheilt war, beobachtete er gegen sie das Verfahren beim Heirathen. (Amram heirathete sie) und er setzte sie auf den Tragsessel (cpootlov) aus grosser Freude über sie. Und so findest du auch anderswo, dass Mirjam wegen dieser Vorkommnisse zwei Namen gehabt hat. So heisst es i. Chron. 4, 5: „Aschchur, der Vater von Abi Thekoa hatte zwei Weiber Chellea und Naera". Aschchur d. i. Kaleb, weil Aschchur ein Sohn Chezrons 'war. Warum wurde er Aschchur (iirrdn) genannt? Weil sein Gesicht durch Fasten schwarz ge- worden war (•"i'nu.Ti'w), Abi (Vater) hiess er, weil er ihm wie ein Vater geworden war, und Thekoa hiess er, weil sein Herz fest hing (ypruj) an seinem Vater in den Himmeln. „Es waren die zwei Weiber wie die zwei Weiber Chellea und Naera". Nicht Chellea und Naera war es, sondern Mirjam. Warum wird Mirjam Chellea und Naera genannt? Weil sie von einer Krankheit befallen und wieder davon befreit worden war (rvbm: ~~""::t "rrns), und Gott gab ihr ihre Jugend zurück. „Und Naera gebar ihm" s. das. V. 6, d. i. nach ihrer Heilung gebar sie ihm Söhne, nämlich „den Achu- sam und Chepher". „Und die Kinder Chelleas sind: Zereth und Zachar und Ethnan" s. das. V. 7. Zereth hiess sie, weil sie eine Nebenbuhlerin für ihre Genossinnen (rrm~,3nb n*£) geworden war, Zachar, weil ihr Gesicht dem Mittage (D"nri3tb) glich, Ethnan, weil jeder, der sie sah, seinem Weibe ein Geschenk ("pnis) brachte. Darum also heisst es: „Und es nahm sich Kaleb die Ephrat und sie gebar ihm den Chur". Und woher lässt sich beweisen, dass David von Mirjam abstammte? Weil es heisst 1. Sam. 17, 12: „Und David war der Sohn jenes Ephrathiters von Bethlehem-Juda." Und so findest du auch, dass es 1. Chron. 4, 7 heisst: „Und die Kinder Chelleas" u. s. w„ V. 8: „und Koz zeugte Anub". Unter Koz ist Kaleb zu verstehen, weil er sich von den Kundschaftern absonderte. ,,Er zeugte Anub" d. i. er häufte (sammelte) gute Werke zur Zeit, als sie die Traubenkämme brachten: denn wäre Kaleb nicht ge- wesen, so hätten sie dieselben nicht gebracht; „und Hazobeba", weil er den Willen Gottes vollbrachte; und die Familien Acharcheis ben Charum". Acharchel ist Mirjam. Und warum hiess sie so? Weil es von ihr (nach dem Durchgange der Israeliten durchs Schilfmeer) heisst Ex. 15, 20: „Und es gingen Frauen hinter ihr her mit Pauken und mit Reigen" u. s. w. Was bedeutet: „Und die Familien" u. s. w.? Sie war würdig, Familien von sich zu stellen. „Ben Charum" d. i. sie war würdig, dass David von ihr hervorging, den Gott auf den Königsthron erhob, wie es heisst 1. Sam. 2, 10: „Und er giebt Macht seinem Könige."
V. 22. Und Pharao befahl seinem ganzen Volke. R-
ift Par. I. Cap. I, 22. Cap. II, 1
Jose bar Chanina sagte: Auch über sein (eigenesj Volk gab er einen Befehl. Und warum das? Weil die Sterndeuter ihm gesagt hatten: Eine Mutter geht mit dem Erlöser Israels schwanger, wir wissen aber nicht, ob er ein Israelit oder ein Aegypter sein wird. In diesem Augenblicke Hess Pharao alle Aegypter zusammenkommen und sprach zu ihnen: Leihet mir eure Kinder von neun Monaten, dass ich sie in den Fluss werfen lasse. Darum heisst es auch hier: „alle Söhne, die geboren werden". Es heisst nicht: jeden Sohn der Israeliten, sondern: jeden Sohn überhaupt, mag er Jude oder Aegyp- ter sein. Sie wollten den Befehl von ihm nicht annehmen, denn sie sprachen: Ein Aegypter wird sie nimmermehr erlösen, sondern nur einer von den Hebräern.
sollt ihr in den Nilstrom werfen. Warum beschlossen die Sterndeuter aber, sie in's Wasser zu werfen? Weil sie sahen, dass Israels Helfer einst werde durch Wasser geschlagen werden, so dachten sie, er würde im Wasser untersinken. Das hat aber nichts anderes zu bedeuten, als jenen Wasserbrunnen, um dessenwillen der Tod über Mose verhängt wurde, wie es heisst Num. 20, 12 : „Weil ihr nicht an mich geglaubt habt, mich zu verherrlichen vor den Augen der Kinder Israels." Die Rabinen sagten: Sie hatten ergründet, Gott werde sie nicht mit Wasser strafen. Weil sie wussten, dass Gott nur Mass gegen Mass vergilt, so hielten sie sich für sicher, dass er keine Fluth mehr auf die Welt bringen werde. Darum beschlossen sie, die Kinder ins Wasser zu werfen.
aber jede Tochter sollt ihr am Leben lassen. Wozu brauchte Pharao die Mädchen am Leben zu erhalten? Allein die Sterndeuter sprachen: Wir wollen die Knaben umbringen und die Mädchen dann heirathen, denn die Aegypter waren der Wollust sehr ergeben.
Cap. IL V. 1. Es ging ein Mann vom Hause Levis. Wohin ging er? Er ging nach R. Jehuda bar R. Sebina dem Rathe seiner Tochter nach, denn Amram war ein angesehener Mann, wie oben gesagt worden ist.
und nahm die Tochter Levis. Es heisst nicht: TTnm sondern: np"n. R. Jehuda bar Sebina sagte: Er verhielt sich nach der Weise des Heirathens, setzte sie auf den Tragsessel, Mirjam und Aaron tanzten vor ihnen und die Dienstengel riefen Ps. 11; „Die Mutter freut sich mit ihren Kindern."
„Die Tochter Levis." Sie war doch schon damals 130 Jahre alt und sie wird hier noch: ro Tochter genannt? R. Chama bar Chanina hat gesagt : Es war Jochebed. Unterwegs war sie schwanger und sie kam zwischen den Mauern Aegyptens nieder, wie es heisst Num. 26, 59: „Welche sie dem Levi in Aegypten geboren hatte." Ihre Geburt, nicht aber ihre Schwangerschaft war in Aegypten, und dennoch wird sie ra Tochter genannt? Es hatten sich aber, sagte
Par. I. Cap. II, 1—4. 17
R. Jehuda bar Sebina, die Zeichen der Jungfrauschaft bei ihr be- merkbar gemacht.
V. 2. Und das Weib ward schwanger und gebar einen Sohn.
Wozu braucht zu stehen: sie ward schwanger und gebar? R. Jehuda sagte : Um die Geburt mit der Schwangerschaft zu ver- gleichen. So wie diese ohne Schmerzen war , so war auch jene ohne Schmerzen. Daraus lässt sich schliessen , dass tugendhafte Weiber nicht von dem Verhängniss der Eva betroffen werden.
Und als sie sah, dass er gut (wohlgebildet) war. Es i-:t gelehrt worden: R. Meier sagt: Sein Name war mo der Gute; R. Aschja sagt: Sein Name war: rvaiü Gott ist gut. R. Jehuda sagt: Er war würdig für die Prophetie. Andere sagen: Er wurde beschnitten geboren. Die Rabbinen sagen: Als Mose geboren wurde, war das ganze Haus voller Licht. Und woher wird das bewiesen? Hier heisst es: „Und als sie sah, dass er gut war (x")!t 3 tu TS) und dort bei der Erschaffung der Welt Gen. 1, 4 heisst es auch: „Gott sah das Licht, dass es gut war 3"iü "'S (folgl. ist auch hier unter iita nichts anderes als Licht zu verstehen).
verbarg sie ihn drei Monate; denn die Aegypter hatten von der Stunde an gezählet, wo der Mann sie wieder genommen; sie war aber schon vorher drei Monate schwanger gewesen.
V. 3. Und da sie ihn nicht länger verbergen konnte. Warum ? Weil die Aegypter in jedes Haus gingen, wo sie dachten, dass ein Kind geboren worden sei, und sie nahmen ein kleines aegyp- tisches Kind mit und machten es draussen vor dem Hause weinen, damit das israelitische Kind, wenn es dasselbe hörte, mit schreien sollte. Das steht auch geschrieben Cant. 2, 15: „Füchse, kleine Füchse ergreifen uns."
da nahm sie ein Kästchen von Papyrus. Und warum von Papyrus? Darum, sagte R. Eleasar, weil die gerechten Men- schen auf Geld mehr halten, als auf ihren Leib. Warum? Weil sie ihre Hände nach Geraubten nicht austrecken wollen. R. Samuel bar Nachman sagte: Weil das Papyrus etwas Weiches ist, was dem Weichen und Harten widerstehen kann.
und bestrich es mit Lehm und Pech. Es ist gelehrt wor- den: inwendig mit Lehm und auswendig mit Pech, damit dieses fromme Kind nicht einen üblen Geruch zu erleiden habe.
Und legte das Kind hinein. R. Eleasar sagte: Das Schilf- meer erstreckt sich bis an den Nil. R. Samuel bar Nachman sagte : Es ist hierunter ein Sumpf zu verstehen vergl. Jes. 19, 6: „Rohr und Schilf verwelken." Und warum warf sie es in den Fluss.? Damit die Sterndeuter glauben sollten, es sei bereits in's Wasser geworfen und so nicht nach ihm forschen sollten.
V. 4. Undseine Schwester stellte sich von ferne. Warum
Wünsche, MiJrasch Schemot r. 2
18 Par. I. Cap. II, 4- S-
stand Mirjam von ferne? Rab Amram sagte im Namen Rabs: Weil Mirjam geweissagt hatte: meine Mutter wird einen Sohn gebären, welcher den Israeliten helfen wird. Als nun Mose geboren war, füllte sich das Haus mit Licht. Da trat ihr Vater auf sie zu und küsste sie an ihrem Haupte mit den Worten: Meine Tochter, deine Prophezeiung hat sich erfüllt. Darum wird Mirjam auch eine Prophetin genannt s. Ex. 15, 20; „Und es nahm Mirjam, die Pro- phetin, die Schwester Aarcns, die Pauke in ihre Hand.'' Warum heisst sie hier nur die Schwester Aarons und nicht auch die Schwe- ster Moses? Weil ihre Prophetie aus der Zeit herrührte, wo letz- terer noch nicht geboren war. Und als sie ihn in den Fluss gesenkt hatte , erhob sich ihre Mutter , schlug sie an den Kopf mit den Worten: Meine Tochter, wie steht es mit deiner Prophetie? Das ist nun hier gesagt: „Und seine Schwester stellte sich von ferne," um nämlich zu erfahren, was aus ihrer Prophetie werden würde. Die Rabbinen sagen: Dieser ganze Satz lässt sich auf den heiligen Geist anwenden. „Sie stellte sich", wie es heisst: 1 Sam. 3, 10: „Der Ewige kam und stellte sich."
„Seine Schwester." So wird auch die Weisheit genannt s. Prov. 7, 4: „Sprich zu der Weisheit, du bist meine Schwester."
„von ferne", wie es auch heisst Jerem. 31, 3: „Von fern er- schien mir der Ewige."
„um zu sehen, was ihm geschähe s. 1. Sam. 2, 3: „Denn ein Gott der Gedanken ist der Ewige und von ihm werden die Tha- ten gewogen."
V. 5. um im Nilstrom zu baden d. i. um sich von dem Unfiath ihres Vaterhauses zu reinigen.
und ihre Mägde gingen. Hier ist unter SlS^btt gehen nach R. Jochanan nicht anders zu verstehen als sterben *) s. Gen. 25, 32: (Esau sagte:) „ich gehe dem Tod entgegen". Da sprachen sie zu ihr: Unsere Gebieterin! gewöhnlich (eig. der Lauf der Welt ist) giebt ein König einen Befehl und die Welt hält ihn nicht, aber die Leute seines Hauses halten ihn , und du übertrittst das Gebot deines Vaters? Da kam Gabriel und senkte ihn in die Erde.
und sie schickte ihre Magd und Hess es holen. R. Je- huda und R. Nechemja sind darüber verschiedener Meinung. Nach- dem einen ist unter letzterer ihre Hand (ihr Arm), nach dem an- dern ihre Magd zu verstehen. Jener beruft sich auf das Wort nnttN ihre Magd, dieser beruft sich darauf, dass es nicht heisst: n"P ihre Hand. Nach diesem hätte Gabriel, als er sie in den Boden versenkte, eine von ihnen übrig gelassen, weil es für eine Königs- tochter ungewöhnlich ist, allein zu stehen. Warum steht aber nach der Ansicht des ersteren nicht ni"1 ihre Hand? Das ist kein Ein- wurf, es steht darum ür?:N, weil ihr Arm sich ausgedehnt hatte.
*) Vergl. Sota fol. 12 b. Obgleich die Mägde der Tochter Pharaos die Rettung widerriethen, so starben sie doch.
Par. I. Cap. II, 5. 6. ig
So findest du auch Ps. 3, 8: „Die Zähne der Frevler zerbrichst du". Lies nicht: rHS'JD du zerbrichst sie, sondern: n!331tö du lässt sie gross werden. Nach den Rabbinen war Pharaos Tochter aus- sätzig und war darum in den Fluss gegangen, um zu baden, sie wurde aber , als sie das Kästchen berührte , geheilt. Darum er- barmte sie sich auch des Mose und liebte ihn besonders.
V. 6. Und sie öffnete es und sah es. Es heisst nicht: Nim sie sah, sondern: iHNim sie sah ihn. Sie sah nämlich nach R. Jose bar Chanina die Schechina bei ihm d. i. sie sah die Schechina bei dem Kinde.
und siehe es war ein weinender Knabe. Bald heisst er 13?:, bald heisst er "b\ Es ist gelehrt worden: er war ein Kind nb"» und seine Stimme war wie die eines Knaben (l3>33). So meinte R. Jehuda. Allein Nechemja wandte dagegen ein: Auf diese Weise be- mängelst du den Mose (eig. machst du ihn fehlerhaft), seine Mutter hatte ihm vielmehrein jugendliches Brautgemach in dem Kasten bereitet.
„weinend." Er weinte und dachte: vielleicht bekomme ich meine Schwester, die auf mich wartet, nicht wieder zu sehen.
Oder: „Und siehe ein weinender Knabe". Es war ein Kind, sein Betragen aber war wie das eines Knaben. Da kam Gabriel, versetzte dem Mose einen Schlag, damit er weine und die Fürsten- tochter Mitleid mit ihm habe.
und sie erbarmte sich seiner. Als sie ihn weinen sah, so erbarmte sie sich seiner.
Und sie sprach: V. 7. Es ist eins von den hebräischen Kindern.
Woran erkannte sie das? R. Jose bar Chanina sagte: Weil sie sah , dass er beschnitten war. Was soll aber das Wort m dieser? Es soll andeuten: Nur dieser, aber kein anderer fällt in den Fluss. Und als sie Mose in den Fluss geworfen hatten, war das Verhängniss aufgehoben. Es verhält sich damit, wie R. Eleasar gesagt hat, wie es heisst Jes. 8, 19: „Wenn sie zu euch sprechen: Befraget die Todtenbeschwörer, die klugen Männer, die zischen und flüstern." Sie schauen und wissen nicht , was sie schauen , sie sprechen und wissen nicht, was sie sprechen. Als sie sahen , dass Israels Helfer durch Wasser gerichtet werden sollte, da beschlos- sen sie , dass jedes neugeborne Knäblein ins Wasser geworfen werde. Als das mit Mose geschehen war, sprachen sie: Nun ist ihr Helfer ins Wasser geworfen, und sofort hoben sie den Be- schluss auf. Sie wussten aber nicht, dass er wegen des Haderwasser werde bestraft werden, wie R. Jose bar Chanina gesagt hat, wie es heisst Num. 20, 13: „Das sind die Haderwasser". Was soll das Wort ii7:~ sie? Das sind die Wasser, welche Pharaos Hierogly- phenkundige gesehen und sich. geirrt hatten. Das soll auch das. 11, 21 mit den Worten gesagt sein: „600000 Mann ist das Volk" d.i. Mose sprach zu den Israeliten: Meinetwegen seid ihr alle gerettet worden. R. Chanina bar Papa sagte: Jener Tag war der 21. im Monat
2o Par- I- Cap. II» 6. 7. 8. 9.
Nisan. Da sprachen die Dienstengel vor Gott: Herr der Welt! wer einst am Meere dir singen wird, soll der an demselben Tag bestraft werden? R. Acha bar Chanina sagte aber: Es war am 6. Tage des Monats Sivan (da war die sinaitische Gesetzgebung). Da sprachen die Dienstengel vor Gott: Wer einst an diesem Tage das Gesetz vom Berge Sinai empfangen wird , soll der an demselben Tage bestraft werden? Dagegen wird eingewandt, es heisst doch: Mose ward am 7. Tage des Monats Adar geboren? Nach demje- nigen, welcher annimmt, dass Mose am 6. Tage im Sivan in den Fluss geworfen wurde, trifft es zu, denn vom 7. Tage im Adar bis zum 6. Tag im Sivan sind drei Monate, welche Zeit er (Mose verborgen gehalten worden war. Allein nach der Ansicht desjenigen, welcher sagt, dass es am 21. im Nisan war, trifft die Rechnung nicht zu. Das ist aber kein Einwurf, es kann nämlich ein Schalt- jahr gewesen sein. Nimm das Meiste vom ersten Monat und das Meiste vom letzten Monat und den mittelsten Monat voll, so kommen auch drei Monate heraus.
V. 7. Da sprach seine Schwester zur Tochter Pharaos. Warum sagte Mirjam: Soll ich eine hebräische Amme holen? durfte denn Mose nicht von einer Fremden gesäugt werden? Es ist doch gelehrt worden: Eine Israelitin säuge nicht den Sohn einer Fremden, wohl aber darf eine Fremde einen jungen Israeliten säugen ? Allein sie sprach darum so, weil sie Mose allen Aegypterinnen zum Säugen gereicht hatte, er hatte aber alle verschmäht? Und warum? Gott sprach: Soll der Mund, der einst mit mir spricht, etwas Unreines einsaugen? Das steht auch geschrieben Jes. 28, 9: „Wen soll er Erkenntniss lehren? wem Lehre verkünden?" Etwa dem der Milch Entwöhnten u. s. w.? Oder warum hat er ihre Brüste verschmäht (zurückgewiesen)? Gott sprach: Von demjenigen, der mit mir sprechen wird, sollen die Aegypterinnen nicht sagen: ich habe den, welcher mit der Schechina spricht, gesäugt.
V. 7. Und das Mädchen ging. Warum wird sie rv::r genannt. Weil sie mit Eile ging. Nach R. Samuel wird sie darum so genannt, weil sie ihre Worte (Beziehungen zu dem Kinde) ver- heimlichte (riwbrruü).
V. 8. Da sprach die Tochter Pharaos zu ihr: Gehe! Hier weissagte die Prinzessin, bemerkte R. Chama bar Chanina, ohne es zu wissen. Was weissagte sie? Er ist der Deinige (d. i. er ist dein Sohn).
V. 9. und ich will dir deinen Lohn geben.
R. Chama bar Chanina sagte: Nicht genug, dass sie den Gerechten ihr Verlornes wiedergeben, sie nehmen sogar noch eine Belohnung an.
und das Weib nahm das Kind und säugte es. In dieser Stunde gab ihr Gott dafür nur einerf Theil ihres Lohnes, dass sie die Kinder am Leben erhalten hatte, und ebenso gab ihr Gott auch ihren Sohn wieder und mit ihm ihren Lohn.
Par. I. Cap. II, IO. n. 13. 21
V. 10. Und das Kind wurde gross. Sie hatte ihn doch erst 24 Monate gesäugt und du sagst, das Kind wurde gross? Allein er wuchs auf eine ungewöhnliche Weise.
und sie brachte es der Tochter Pharaos. Die Tochter Pharaos küsste, umarmte und herzte ihn, als wenn er ihr Sohn wäre und Hess ihn nun nicht mehr aus dem Palast des Königs gehen; weil er schön war, wollten ihn alle sehen, und wer ihn sah, konnte sich nicht von ihm abwenden. Auch Pharao küsste und umarmte ihn und nahm ihn auf den Schoss und er (Mose) nahm die Krone von Pharaos Haupt und setzte sie sich auf sein Haupt, so wie er einst, wenn er gross geworden sein würde, ihm thun wollte. Und so sprach auch Gott zu Chiram Ezech. 28, 18: „Ich lasse Feuer aus deiner Mitte hervorgehen." Und so erzog die Tochter Pharaos denjenigen, welcher an ihrem Vater in der Folge Rache nehmen sollte. Und auch der König Messias, welcher einst Edom bestrafen wird, sitzt mit ihnen (den Edomitern) im Lande s. Jes. 27, 10: „Dort wird weiden das Kalb und dort wird es lagern" u. s. w. Und dort sassen auch die Bilderschriftkundigen Aegyptens. Diese fanden es sehr bedenklich, sie sprachen: Wenn nur der, welcher dir deine Krone vom Haupte nimmt und sie auf sein Haupt setzt, nicht der- selbe ist, von dem wir sagen, dass er dir einst das Reich entreissen wird. Manche schlugen vor, ihn umzubringen, andere wollten ihn verbrennen. Jethro befand sich auch unter ihnen und sprach: Der Knabe hat noch keinen Verstand, stellt ihn auf die Probe. Setzet ihm eine goldene Schüssel mit glühenden Kohlen vor. Langt er mit seiner Hand nach dem Golde, dann hat er Verstand, und ihr bringt ihn um, langt er aber nach der Kohle, dann hat er keinen Verstand und er verdient nicht den Tod. Das Vorgeschlagene wurde gebracht und er streckte seine Hand aus und nahm das Gold. Da kam aber Gabriel, stiess seine Hand fort, dass er nach der Kohle griff und sie an den Mund brachte, und seine Zunge verbrannte und von daher schreibt sich sein schwerer Mund und seine schwere Zunge.
und sie nannte seinen Namen Mose. Hieraus kannst du den Lohn der Menschenfreunde lernen; obgleich Mose viele Namen hatte, so wird doch in der ganzen Thora nur der ihm beigelegt, welchen er von der Bathia, der Tochter Pharaos, erhalten hatte. Auch Gott hat ihn mit keinem andern Namen benannt.
V. 11. Und es geschah in derselben Zeit, da Mose gross geworden war, nämlich als er 20 Jahre alt geworden war. Manche sagen 40 Jahre. „Da Mose gross geworden", werden nicht andere auch gross? Allein er war auf eine ungewöhnliche Weise (nicht nach dem Lauf der Welt) gewachsen.
da ging er hinaus zu seinen Brüdern. Zweimal ist dieser Gerechte hinausgegangen, und Gott zeigt es in der Schrift an.
V. 13. „Und er ging hinaus am zweiten Tage. Siehe,
22 Par. I. Cap. II, 13.
das sind zweimal. Und er sah ihre Lastarbeiten. Was heisst das: und er sähe? Dass er, als er ihre Lastarbeiten sah, weinte und sprach: Weh mir über euch, möchte ich doch für euch sterben! denn es giebt keine Arbeit, die so schwer ist wie die mit Lehm. Er lud den Lehm aber auf seine Schultern und stand jedem von ihnen bei. R. Eleasar ben R. Jose der Galiläer sagte: Er sah eine grosse Last auf dem Kleinen und eine kleine Last auf dem Grossen, die Last eines Mannes auf dem Weibe und die eines Weibes auf dem Manne, die Last eines Alten auf dem Jüngling und die Last eines Jünglings auf dem Alten. Er verliess seinen Lanzen- träger und ging und erleichterte ihnen ihre Lastarbeit und that, als wenn er dem Pharao helfen wollte. Da sprach Gott: Du hast deine Geschäfte verlassen und bist gegangen, das Leiden der Is- raeliten zu sehen und hast dich so brüderlich gegen sie bewiesen, so verlasse ich die Oberen und die Unteren und spreche mit dir. Darum heisst es auch Ex. 3, 4: „Der Ewige sah, dass er hintrat zu sehen" (im Dornbusch) d. i. Gott betrachtete Mose, dass er von seinen Geschäften (Angelegenheiten) abging und ihre Lastarbeiten ansah, darum „rief ihm Gott zu aus dem Dornbusch" s. das. 3, 4.
Oder: „Er sah ihre Lastarbeiten" d. i. er sah, dass ihnen keine Ruhe gegönnt war. Da ging er hin und sprach zu Pharao: Wer einen Knecht hat, muss ihn doch wenigstens einen Tag in der Woche ruhen lassen, denn sonst stirbt er, diese deine Knechte, wenn du ihnen nicht einen Tag in der Woche Erholung gewährst, kommen um. Gehe und thue ihnen, wie du gesagt hast, antwortete Pharao. Mose ging und führte den Sabbath zur Ruhe bei ihnen ein.
Und er sah einen aegyptischen Mann. Was sah er.J R. Huna sagte im Namen des R. bar Kapra: Wegen vier guten Eigenschaften sind die Israeliten aus Aegypten erlöst worden: 1) weil sie nicht ihre Namen verändert, 2) nicht ihre Sprache verändert 3) nicht verleumdet und 4) nicht den Götzen gedient haben *). Und woher lässt sich beweisen, dass sie sich nicht der Unzucht ver- dächtig gemacht haben? Weil eine Person, die sich diese hat zu Schulden kommen lassen, von der Schrift bekannt gemacht wird s. Lev. 24, 11: „Der Name seiner Mutter aber war Schelomith, Tochter Dibris." Die Alten haben gesagt: Die Treiber waren Aegypter und die Vögte Israeliten. Ein Treiber war über zehn Vögte und ein Vogt über zehn Israeliten gesetzt. Die Treiber gingen frühmorgens in die Häuser der Vögte, um diese zu ihrer Arbeit mit dem Hahnenruf heraus zu führen. Eines Tages kam ein solcher aegyptischer Treiber zu einem israelitischen Vogt, erblickte dessen Weib und fand, dass sie sehr schön und ohne Fehler war. Am andern Tage zu derselben Stunde trieb er den Mann mit Hahnenruf aus seinem Hause, kehrte wieder um und ging zu dessen Weibe. Sie meinte, es wäre ihr Mann und ward von ihm schwanger.
*) Vergl. Midr. Wajikra r. Par. 32 und Midi. Tillira .:u Ps. 116.
Pur. I. Cap. II, 13. 12. 23
Allein auch ihr Mann kehrte um und fand den Aegypter aus seinem Hause kommen. Er fragte seine Frau: Hat er dich vielleicht be- rührt? Ja, antwortete sie, ich dachte, du wärst es. Als der Treiber erkannte, dass er von dem Manne bemerkt worden war, trieb er ihn zu der schwersten Arbeit und schlug ihn und wollte ihn umbringen. Mose sah es und schaute auf ihn und sah im heiligen Geiste, was er im Hause gethan hatte und was er ihm einst auf dem Felde thun werde. Er dachte bei sich: Dieser ist gewiss des Todes schuldig, wie es heisst Lev. 24, 17: „So jemand einen Menschen er- schlägt, so soll er getödtet werden". Und nicht nur das, sondern weil er zu Dathans Weibe gekommen war, so hatte er sich der Todes- strafe schuldig gemacht, wie es heisst das. 20, 10: „Der Ehebrecher und die Ehebrecherin sollen des Todes sterben." Das wird nun auch hier mit den Worten angedeutet: ,
V. 12. „Und er wandte sich dahin und dorthin." Er hatte nämlich gesehen, was er ihm im Hause und was er ihm auf dem Felde zugefügt hatte.
und als er sah, dass kein Mensch da war, nämlich dass er den Tod verdient hatte. Nach R. Jehuda sah er niemand, der sich Gottes Sache annehme und ihn (den Aegypter) erschlage. Nach R. Nechemja sah er, dass keiner den göttlichen Namen aussprach und ihn damit tödtete. Nach den Rabbinen sah er, dass kein Frommer weder von ihm, noch von seiner Nachkommenschaft her- vorgehen werde. Als Mose das sah, berieth er sich mit den Engeln und sprach zu ihnen: Verdient dieser, erschlagen zu werden? Sie antworteten: Ja! Das soll nun hier mit den Worten gesagt sein: „er sah, dass kein Mensch da war", der für ihn spreche.
und er erschlug den Aegypter. Womit erschlug er ihn? R. Abithar sagte: Mit der Faust, manche sagen: Er nahm die Schaufel, womit man den Lehm zusammenrafft und schlug ihm das Gehirn aus. Die Rabbinen sagen: Er sprach den Gottesnamen über ihn aus und tödtete ihn dadurch. Darum heisst es auch: „Sprichst du, um etwa auch mich umzubringen".
und verbarg ihn im Sande. Da dort nur Israeliten waren, so vergrub er ihn in deren Gegenwart in dem Sande, weil die Is- raeliten mit dem Sand verglichen werden. Er sprach nämlich zu ihnen: Ihr werdet mit dem Sande verglichen. Sowie der Mensch solchen von hier nimmt und dorthin legt, ohne dass dabei ein Laut vernommen wird, so soll auch dieser Vorgang unter euch verborgen sein und nichts davon laut werden. Und so findest du auch, dass der Vorfall nur durch Hebräer bekannt geworden ist, wie es heisst V. 13: „Er ging am zweiten Tage hinaus und siehe, zwei hebräische Männer zankten sich", nämlich Dathan und Abiram. Sie werden hier Zänker genannt, weil sie sich auch später als solche gezeigt haben. Sie waren es, welche den Vorfall bekannt machten, sie waren es, die vom Manna übrig liessen, sie waren es, welche bei
24 Par. I. Cap. II, 12. 13. 14. 15.
Korachs Aufstand sagten Num. 14, 4: „Wir wollen ein Oberhaupt einsetzen und nach Aegypten zurückkehren", sie waren es, welche sich am Schilfmeere widerspenstig bewiesen. Oder: „Sie zankten sich (D-^:)", denn sie hatten die Absicht, sich unter einander zu er- schlagen vergl. Deut. 25, 11: „Wenn sich Männer unter einander zanken [MU"). R. Eleasar sagt: Die Schrift spricht hier von der Todesstrafe.
V. 13. und sprach zu dem Ungerechten: Warum schlägst du deinen Nächsten.
Es steht hier nicht: man warum hast du erschlagen, sondern: T.zr, warum schlägst du? Daraus ist zu entnehmen, dass der Mensch schon, wenn er auch nur seine Hand erhebt, um seinen Nächsten zu schlagen, wenn er ihn auch noch nicht geschlagen hat, ein Frevler heisst! Es heisst: „deinen Nächsten" d. i. den Frevler deinesgleichen, woraus hervorgeht, dass sie beide Frevler waren.
V. 14. Und jener antwortete: wer hat dich zum Ober- sten gesetzt.
Damals war Mose nach R. Jehuda 20 Jahr alt. Da sprachen sie zu ihm: Du bist noch nicht würdig, Obersterund Richter zu sein, denn erst mit dem 40. Jahre kommt man zur Einsicht. Nach R. Nechemja war Mose damals 40 Jahre alt. Sie sprachen nämlich zu ihm: Du bist allerdings ein Mann, aber deshalb noch nicht würdig, Oberster und Richter über uns zu sein. Die Rabbinen sagen: Sie sprachen zu ihm: Bist du nicht ein Sohn der Jochebed? wie nennt man dich einen Sohn der Bathia? Und du willst Oberster und und Richter über uns sein? Wir werden über dich aussagen, was du dem Aegypter gethan hast.
Du sprichst, um mich umzubringen? Es heisst nicht: gedenkst du, sondern: sprichst du u. s. w. Daraus kannst du sehen, dass er den Aegypter mittelst des Ausspruches des Gottesnamens umgebracht hat. Als Mose das hörte, fürchtete er sich vor der üblen Nachrede und sprach: Wahrlich, die Sache ist bekannt geworden! Nach R. Jehuda bar Schallum im Namen des R. Cha- nina des Grossen und nach unseren Rabbinen im Namen des R. Alexandri dachte Mose in seinem Herzen nach, was die Israeliten verschuldet hätten, dass sie von allen Völkern so sclavisch behandelt würden? Als er nun diese Worte hörte, sprach er: Es ist Ver- läumdungssucht unter ihnen, wie können sie da eine Erlösung ver- dienen? Daher sprach er: „Wahrlich, die Sache ist bekannt ge- worden! d. i. nun weiss ich, wodurch sie ihre Unterwerfung ver- schuldet haben.
V. 15. Und Pharao vernahm die Sache.
Nämlich Dathan und Abiram hatten (Mose) beim König ver- läumdet.
und er wollte Mose umbringen. Er hatte nämlich ein Schwert kommen lassen, desgleichen es nicht weiter gab, womit er
Par. I. Cap. II, 15. 16. 25
ihm an dem Halse 10 Streiche versetzte, allein der Hals Moses war in eine elfenbeinerne Säule verwandelt worden, so dass er ihm keinen Schaden zufügen konnte, wie es heisst Cant. 7, 5: „Dein Hals ist wie ein elfenbeinerner Thurm."
und Mose floh vor Pharao. Kann denn ein Mensch, fragte R. Janai, vor einer Regierung fliehen? Allein als sie Mose ergriffen und ihn für schuldig erklärten, dass ihm der Kopf abgeschlagen werde, kam ein Engel vom Himmel in Moses Gestalt herab, welchen sie ergriffen und Mose floh. R. Josua ben Levi sagte: Von allen Räthen , welche vor Mose sassen, waren manche stumm, manche taub und manche blind geworden. Der König fragte die Stummen: wo ist Mose? und sie antworteten ihm nicht; er fragte die Tauben und sie hörten nicht, er fragte die Blinden und sie sahen nicht. Das sagt nun auch Gott zu Mose Ex. 3, 11: „Wer hat dem Men- schen einen Mund gegeben" d. i. wer hat dem Pharao einen Mund gegeben, dass er mit seinem Munde den Befehl geben konnte: Bringt den Mose auf das Blutgerüst, „oder wer macht stumm" d. i. wer hat die Räthe stumm, taub und blind gemacht, dass sie dich nicht herbeibrachten, wer hat dich gesund erhalten, dass du fliehen konn- test? „Bin ich es nicht, der Ewige"? Dort bin ich mit dir ge- wesen und heute stehe ich dir bei.
und er Hess sich nieder in der Landschaft Midian und setzte sich an den Brunnen. Er nahm hierin die Art und Weise der Väter an. Drei Ehepaare vereinigten sich am Brunnen, Jizchak, Jakob und Mose, betreffs Jizchaks s. Gen. 24, 62: „Und Jizchak kam vom Brunnen des Lebens"; ferner vereinigten sich Rebecca und Elieser an der Quelle, betreffs Jakobs s. das. 29, 2: „Und er sah und siehe, da war ein Brunnen auf dem Felde"; Mose s. hier: „Und er setzte sich an den Brunnen".
V. 16. Der Priester von Midian aber hatte sieben Töchter.
Hasst nicht Gott den Götzendienst und er sollte den Mose eine Zuflucht bei Götzendienern haben finden lassen? Allein unsere Rabbinen haben gesagt: Jethro war wohl ein Priester des Götzendien- stes, allein er sah ein, dass an ihm nichts Wesentliches sei und fand Missfallen an ihm und er nahm sich vor, sich zu bekehren, bevor Mose noch gekommen war. Er rief seine Stadtleute zusammen und sprach zu ihnen: Bis jetzt habe ich euch gedient, nun bin ich alt, wählt euch einen andern Priester. Er machte sich auf und gab alle Tempelgeräthschaften zurück. Da wurde er in den Bann gelegt, dass niemand sich mit ihm abgeben, seine Arbeit verrichten und seine Schafe hüten sollte. Er suchte nun Hirten für seine Schafe, sie nahmen aber seinen Dienst nicht an. Darum gebrauchte er dazu seine Töchter.
sie kamen und schöpften.
26 IJar- !• Cap. II, 16. 17. 18. 19.
Hieraus geht hervor, dass sie aus Furcht vor den Hirten , den- selben zuvorgekommen waren.
V. 17. Und es kamen die Hirten und vertrieben sie.
Ist es denn möglich, dass die Hirten die Töchter des Priesters von Midian vertreiben konnten? Allein es wird dir hiermit gelehrt, dass sie ihn in den Bann gethan und seine Töchter von sich ge- schieden hatten, wie man sich von einem Weibe scheidet, sowie es heisst Gen. 3, 24: „und er vertrieb den Adam."
und Mose erhob sich und stand ihnen bei.
Daraus geht hervor , dass er sich ihres Rechtes annahm , er sprach nämlich: Gewöhnlich schöpfen Männer und Frauen tränken, hier aber schöpfen diese und jene tränken. Darum nahm er sich ihrer an. Es heisst nicht: "jbiifn errettete sie, sondern: J^BT1! er stand ihnen bei. R. Jochanan sagte im Namen des R. Elieser ben R. Jose des Galiläers: Die Hirten wollten den Incest ("nbä yd im rrpiy) mit den Töchtern begehen, da trat aber Mose auf und stand ihnen bei, den das Wort "^"d"!"1-!, was hier steht, hommt auch Deut. 23, 27 vor: „Denn auf dem Felde traf er sie, die verlobte Dirne schrie, aber niemand stand ihr bei (nb WttJItl ytnif'. Wie hier, so ist auch dort nichts anderes als n"P13> "nbü der Incest (eig. das Auf- decken der Blosse) zu verstehen. Die Rabbinen sagen: Es wird hiermit angedeutet, dass sie die Mädchen in's Wasser geworfen hatten und Mose sie herauszog; denn das Wort heisst nichts anderes als: dem Wasser entreissen (ni73 nbicn) vgl. Ps. 69, 2: „Hilf mir Gott, denn die Wasser dringen mir bis zur Seele1'.
und tränkte ihre Schafe. Daraus geht hervor, dass Mose schöpfte und ihre Schafe tränkte, wie Jacob mit der Rachel ge- than hat.
V. 18. Und sie kamen zu ihrem Vater Reguel d. i. Jethro. Und warum führt er den Namen Reguel? Weil er ein Freund (Anhänger, Bekenner) Gottes btfb 3*1) geworden war.
Und er sprach: Warum seid ihr sobald heute gekom- men? Daraus geht hervor, dass sie sonst immer zuletzt gekommen waren.
V. ig. Und sie sprachen: Ein aegyptischer Mann hat uns aus der Gewalt der Hirten gerettet.
War denn Mose ein Aegypter? Nur sein Anzug war der eines Aegypters, er aber war ein Hebräer. Oder gleich einem Menschen, den eine giftige Schlange gebissen hatte, er lief, um seine Füsse in's Wasser zu thun, er that sie in einen Fluss und sah, wie ein Kind hineinfiel. Er streckte seine Hand aus und errettete es. Da sprach das Kind zu ihm: Wärst du nicht gewesen, so wäre ich ums Leben gekommen. Nein, sprach der Mann, ich habe dich nicht gerettet, sondern die Schlange, die mich gebissen hatte, ich bin vor ihr ge- flohen und sie hat dich gerettet. So sprachen auch Jethro's Töchter zu Mose: Dank deiner Kraft, dass du uns von den Hirten gerettet
Par. I. Cap. II, 19. 20. 21. 2 2. 27
hast. Nein, sprach Mose, jener Aegypter, den ich erschlagen habe, hat euch gerettet, Darum sagten sie auch zu ihrem Vater: Ein aegyptischer Mann, sie wollten damit sagen: Wer war die Ursache, dass dieser kam und uns rettete? Ein aegyptischer Mann.
und er hat auch uns geschöpft. Warum steht das Wort fib" zweimal? Es will sagen: Einmal nach dem andern (ein Schöpfen nach dem andern).
und er hat die Schafe getränkt d. i. alle, welche dort waren, und es ist auch das Wasser durch ihn gesegnet worden. Es heisst nicht: irrNS: unsere Schafe, sondern -.Nicri die Schafe d. i. die Schafe der Hirten hat er getränkt, und was uns anlangt, so hat er auch uns aus dem Wasser gezogen, denn die Hirten hatten uns ins Wasser geworfen und er hat uns herausgezogen.
V. 20. Und er sprach zu seinen Töchtern: Wo ist er? d. i. das Merkzeichen, was ihr angebt, dass er nämlich den Eimer hinabgelassen und alle Schafe getränkt hat, zeigt an, dass er einer der Nachkommen Jakobs sein muss, der auch am Brunnen stand, und dieser seinetwegen gesegnet wurde.
Warum habt ihr den Mann zurückgelassen? Rufet ihn, dass er Brot esse! d. i. vielleicht heirathet er eine von euch, denn unter Brot essen (onb nb*08) ist nichts anderes als das Weib (ncs) zu verstehen vergl. Gen. 39, 6: „Und sein Herr bekümmerte sich neben ihm um nichts, als um das Brot, was er ass". Sofort lief Zippora ihm nach wie ein Vogel ("u22£) und brachte ihn herbei. Warum heisst sie Zippora? Weil sie das Haus wie ein Vogel gereinigt hat.
V. 21. Und Mose willigte ein d. i. nach R. Jehuda, er schwur ihm zu, denn das Wort bNTT bedeutet nichts anderes als fjyiaö Schwur vgl. 1. Sam. 14, 12: „Und Saul beschwor das Volk". Und warum beschwor er ihn? Er sprach zu ihm: Ich weiss, mein Sohn, dass Laban, als er euerm Vater seine Tochter gab, wider dessen Willen fortging, vielleicht machst du es auch so mit mir, wenn ich dir meine Tochter gebe. Darum beschwor er ihn sofort und gab ihm die Zippora. R. Nechemja sagt: Er willigte ein, bei ihm zu übernachten, denn das Wort bNV* bedeutet nichts anderes als T>^b übernachten vgl. Jud. 19, 7: „Willige doch ein und bleibe über Nacht". Unsere Rabbinen sagen aber: Er ging darauf ein (willigte ein), seine Schafe zu weiden. Das Wort Vnvi heisst nichts anderes als Hr-rn anfangen. Als er nämlich seine Tochter geheirathet hatte, fing er an und nahm es auf sich, seine (des Schwiegervaters) Schafe zu weiden.
V. 22. Und sie gebar einen Sohn und er nannte seinen Namen Gerschom. Die Gerechten pflegen ihren Kindern Namen zur Erinnerung an gewisse Ereignisse zu geben. So gab Joseph seinem erstgebornen Sohne den Namen Manasse, dem zweiten den Namen Ephraim, um sich immer der Wunder zu erinnern, die Gott ihm erwiesen hatte. Auch Mose nannte seinen Sohn Gerschom,
20 Par. I. Cap. II, 22-25.
wegen des Wunders, was ihm der Ewige gethan hatte, dass er in einem fremden Lande wohnte, und Gott ihn gerettet hatte.
V. 23. Und es war nach vielen Tagen. Es waren Tage des Leidens, darum heissen sie viele (D',3fcl). So verhält es sich auch mit Lev. 15, 25: „Und so ein Weib ihren Blutfluss viele Tage hat", weil die Tage des Blutiiusses mit Leiden verbunden ist, so nennt sie die Schrift viele
es starb der König von Aegypten d. i. er war aussätzig geworden, und ein Aussätziger wird wie ein Todter geachtet s. Num. 12, 12: „Lass sie (Mirjam) nicht sein wie ein Todter" vergl. Jes. 6, 1: „Im Todesjahr des Königs Usia".
und die Kinder Israel seufzten. Warum? Weil die Hie- roglyphenkundigen Aegyptens zum König gesagt hatten: es giebt für dich keine Heilung , wenn nicht an jeden Abend 150 und an jeden Morgen 150 kleine israelitische Kinder geschlachtet werden und du täglich zweimal in ihrem Blute gebadet wirst. Als die Is- raeliten dieses schwere Verhängniss erfuhren, fingen sie an zu seuf- zen und zu klagen. Unter pyvo ist nichts anderes als M:*~ Klage zu verstehen, wie es heisst Ezech. 21, 12: „Schreie und heule, Men- schensohn".
und ihr Geschrei stieg empor zu Gott. Es heisst nicht: Dnpys, sondern: DrOTttS vergl. Hi. 24, 12: „die Seele der Er- schlagenen schreiet um Hilfe".
V. 24. und Gott horte ihr Aechzen, nämlich das Aechzen der Erschlagenen vergl. Ezech. 30, 24: „und er ächzt wie ein Er- schlagener", ebenso Hi. 24, 12: „aus der Stadt ächzen Sterbende".
und Gott gedachte seines Bundes. Die Israeliten ver- dienten eigentlich nicht gerettet zu werden , weil es Frevler unter ihnen gab, sie wurden nur aus Rücksicht auf ihre Väter erlöst wie es hier heisst: „Und Gott gedachte seines Bundes". Es geschah ihnen nach unseren Rabbinen ein WTunder , indem Pharao von seinem Aussatze geheilt wurde.
V. 25. Und Gott sah die Kinder Israels, wie es auch heisst: „Ich habe das Elend meines Volks gesehen*'.
und Gott erkannte, wie es auch heisst: „ich kenne seine Schmerzen."
Oder: „und Gott sah", dass sie es vermöge ihrer guten Werke nicht verdienten, erlöst zu werden. So ist es auch deutlich ge- sagt durch Ezech. 16, 7: „Tausendfach habe ich dich wie die Feld- gewächse gemacht" u. s. w. Die Schrift brauchte nur zu sagen: „Und dein Haar wuchs", darauf: „und die Brüste waren bereitet" (d. i. die ersten Worte des Verses hätten wegbleiben können, da es schon heisst: „Dein Haar wuchs" und: „die Brüste waren bereitet"): denn bevor das untere Zeichen kommt, ist das obere da. Was ist denn
Par. I. Cap. II, 25.
29
unter „den Brüsten, die bereitet waren", zu verstehen? Mose und Aaron, welche bereit waren, sie zu erlösen vergl. Cant. 4, 5: ,, Deine beiden Brüste sind zwei junge Zwillingsgazellen". „Und dein Haar wuchs" d. i. das Ende der Erlösung war herangekommen.*) „Und du warst nackt und blos" d. i. baar aller guten Werke. Darum heisst es hier: „Und Gott sah", nämlich dass sie durch ihre Werke nicht verdienten erlöst zu werden."
„Und Gott sah" u. s. w. d. i. er wusste, dass es ihm oblag, sie zu erlösen wegen seines Namens und Bundes, welchen er mit den Vätern geschlossen hatte. Und so heisst es auch hier: ..Er gedachte seines Bundes". So sagt Gott auch durch Ezechiel s. Ezech. 20, 9: „Ich that es wegen meines Namens." Oder: „Und Gott sah". Resch Lakisch sagte: Gott sah, dass sie sich einst am Schilfmeere widerspenstig zeigen würden, wie es heisst Ps. 106, 8: „Sie waren widerspenstig am Schilfmeere". „Und Gott wusste es" d. i. er wusste, dass sie einst sprechen würden: Dieser ist mein Gott, ihn will ich verherrlichen". R. Josua ben Levi sagte: Gott sah, dass sie einst sprechen würden Ex. 32, 4: „Dieses sind deine Götter, Is- rael!" „Und Gott wusste es" d. i. er wusste, dass sie einst zuerst sagen würden: „Wir wollen thun und gehorchen". Die Rabbinen sagen: „Und Gott sah", dass sowohl die Mittelmässigen als auch die Frevler Busse thun würden, wie es heisst Cant. 2, 13 : „Der Feigen- stock setzt Schösslinge an''; „und Gott wusste es", dass einer von den andern nichts wusste , sondern nur Gott allein. Dieser wie jener richtete sein Herz und that Busse, und dennoch wären sie nicht aus Aegypten herausgekommen, wenn ihnen nicht das Verdienst (die Tugend) der Väter beigestanden hätte, weil die Strafgerechtig- keit sie wegen des Kalbes anklagte, dass sie einst fertigen würden. Und darauf hin deutet auch die Anordnung Ex. 12, 22: ..Und nehmet ein Bündel Ysop", nämlich weil sie sich erniedrigten . um Busse zu thun, wie der Ysop. „Und tunkt es in das Blut' d. i. wegen der Thora, die sie einst empfangen sollten, denn bei der Ge- setzgebung heisst es: „Und Mose nahm das Blut." Es heisst weiter: „Und bringet es an die Oberschwelle" s. Ex. 12, 22, weil Abra- ham gross war in Betreff der Proselyten , und sowie die Schwelle (Pfoste) hoch ist, so war auch er gross unter den Vätern. „Und an die beiden Pfosten" d, i. die Verdienste Jizchaks und Jacobs, um dir zu zeigen, dass sie im Verdienste aller dieser aus Aegyp- ten gezogen sind.
Oder: „Und Gott sah", nämlich ihre Enthaltsamkeit „und Gott wusste" d. i. er wusste, dass nun die Zeit, die dem Abraham bestimmt war, gekommen sei, und er offenbarte sich dem Mose, um sich ihm zu erkennen zu geben, als er die Schafe hütete.
*) Der Midr. liest anstatt -p)NP dein Haar, ywyv dein bestimmter Ter- min, deine Zeit.
50 Par- n. Cap. III, i.
Parascha IL
Cap. HL V.l. Und Mose weidete u. s. w. Das steht auch geschrieben Ps. 103, 7: „Er machte seine Wege bekannt dem Mose und den Kindern Israel seine Thaten." Bei Fleisch und Blut sind Eigenschaften und Thaten verkehrt, wie es heisst Deut. 22, 14: „Er macht ihr schlechte Handlungen zur Last"; allein bei Gott sind Eigenschaften und Thaten erbarmungsreich , wie es heisst Ps, 103, 8: „Barmherzig und gnädig ist der Ewige." Und diese Eigen- schaften hat Gott dem Mose zu erkennen gegeben, als dieser ihn bat Ex. 33, 13: „Mache mir deine Wege kund." Gott antwortete ihm darauf s. das. V. ig: „Ich bin gnädig gegen den, dem ich gnädig sein will." Hier kannst du sehen, dass der Ewige barm- herzig und gnädig ist. Er machte Mose seine Wege bekannt d. i. das zu erwartende Ende, denn es heisst: ..Mose weidete" „Und den Kindern Israels seine Thaten" d. i. die Thaten , welche er in Aegypten vollbracht hat, damit sie die Thaten erzählen sollten, die Gott an den Aegyptern gethan hat, wie es heisst das. 10, 2: „Damit du er- zählest vor den Ohren deines Sohnes;" „und barmherzig", denn barm- herzig zeigte er sich, als er die Israeliten mit den Plagen verschonte, „und gnädig" , als er dem Volke Gunst gab in den Augen der Aegypter; „langmüthig", als er sich mehr zur Gnade hinneigte und auf das Gute und nicht auf das Böse schaute , was sie einst thun würden.
„Und Mose weidete." So steht geschrieben Habak. 2, 20: „Und der Ewige in seiner heiligen Stätte." Vor der Zerstörung des Tempels, sagte R. Samuel bar Nachman, ruhte die Schechina darin s. Ps. 11, 4: „Der Ewige in seinem heiligen Palaste", nach der Zerstörung des Tempels zog sie sich aber in den Himmel zu- rück s. das. 11, 4: „Der Ewige hat im Himmel seinen Thron ge- gründet." Nach R. Eleasar aber ist die Schechina nicht aus dem Tempel gewichen, wie es heisst 2. Chron. 7, 16: (Gott sprach zu Salomo:) „Meine Augen und mein Herz sollen immer dort sein", und ebenso heisst es Ps. 3, 5: „Mit meiner Stimme rufe ich zum Ewigen, und er antwortet mir von seinem heiligen Berge." Komm und sieh! was Koresch Esra 1, 3 sagt: „Zieht zu Gott hinauf, der in Jerusalem ist." Er sprach nämlich zu ihnen: Obgleich der Tem- pel zerstört ist, so ist Gott doch nicht von da gewichen. R. Acha sagte: Nie wich die Schechina von der Mauer an der Abendseite, wie es heisst Cant. 2, 9: „Siehe, er steht hinter unsrer Mauer" vergl. Ps. 11, 4: „Seine Augen schauen, seine Augenwimpern prüfen die Menschenkinder." R. Janai erklärte: Obgleich seine Schechina im Himmel ist, so blicken doch prüfend seine Augen auf die Men- schenkinder. Gleich einem Könige, welcher einen Lustgarten hatte, und er liess darin einen hohen Thurm aufführen, befahl, dass Ar- beiter hineingehen und daselbst arbeiten sollten. Der König sprach:
Par. III. Cap. III, i. ^
Wer sich tüchtig in seiner Arbeit zeigen wird, soll vollen Lohn er- halten, wer sich aber nachlässig darin zeigt, soll in das Staatsge- fängniss geworfen weiden. Der König ist der König der Könige, der Lustgarten ist die Welt, worin Gott die Israeliten gesetzt hat, um das Gesetz zu beobachten, und er hat mit ihnen den Vertrag ge- macht , wer es hält , dem steht das Paradies offen, wer nicht, der hat die Hölle vor sich. Wenn nun auch Gott seine Schechina vom Tempel abgewendet hat, so blicken doch seine Augen prüfend auf die Menschenkinder und wen prüft er? Den Gerechten, wie es Ps. II, 5 heisst: „Der Ewige prüft den Gerechten". Und bei welcher Gelegenheit prüft Gott ihn? Beim Weiden der Schafe. So prüfte er den David mit den Schafen und er fand ihn als einen sorgfäl- tigen Hirten s. Ps. 78, 70 : „Er nahm ihn von den Schafhürden hinweg. Was heisst -jus: r"N?3727:? Es hat den Sinn wie Gen. 8, 2: „Und der Regen wurde zurückgehalten". *) Er hielt nämlich die grossen (Schafe) von den kleinen zurück, und führte die kleinen hinaus zur Weide, damit sie weiches Futter fänden, dann führte er die Alten hinaus, damit sie mittelmässiges Futter fänden und end- lich führte er die Auserwählten hinaus, damit sie das Harte Futter essen sollten. Da sprach Gott: Wer so die Schafe jedes nach seiner Kraft zu weiden versteht, der komme und weide auch mein Volk, wie geschrieben steht Ps. 78, 71: „Von den melkenden Schafen nahm er ihn zu weiden in Jacob sein Volk". Ebenso hat Gott auch Mose nur mit den Schafen geprüft. Unsere Rabbinen sagten : Als Mose die Schafe seines Schwiegervaters Jethro in der Wüste weiden liess, lief einmal ein junges Böckchen davon, er setzte ihm nach, bis es an einem abschüssigen Orte anlangte , wo es eine Quelle (Teich) fand, irtn zu trinken. Als Mose zu ihm kam, sprach er: Ich wusste nicht, dass du wegen des Durstes davon gelaufen warst, nun wirst du wohl müde sein! Mit diesen Worten nahm er es auf seine Schulter und trug es zurück. Da sprach Gott: Du hast Mit- leid bewiesen , die Schafe von Fleisch und Blut (eines Menschen) zu leiten, bei deinem Leben, du sollst auch meine Schafe, die Is- raeliten weiden. Das soll nun auch hier mit den Worten gesagt sein: „Mose weidete".
Oder: „Mose weidete", Das steht auch Prov. 30, 5: „Aller Ausspruch Gottes ist geläutert" d. i. Gott verleiht dem Menschen nicht eher Grösse (Hoheit, Würde), als bis er ihn mit einer gering- fügigen (kleinen) Sache prüft, hernach erhebt er ihn zur Grösse. Wir haben zwei Grosse der Welt, die Gott durch eine geringfügige Sache prüfte und als er sie bewährt gefunden , erhob er sie zur Grosse. Er prüfte David mit Schafen, die er nicht anderswohin als nach der Wüste trieb , um sie vom Raube fernzuhalten. So sprach auch sein Bruder Eliab 1 Sam. 17, 28 zu ihm: „Wem hast
*) Demnach ist der Sinn der Worte ;N'i' nilÄSDD nach der Auffassung des Mi drasch: Von den Abtheilungen der Schafe.
32 Par. IL Cap. III, I.
du die wenigen Schafe hier in der Wüste überlassen"? Daraus sehen wir, dass schon David die Bestimmung der Mischna beach- tete,*) dass Kleinvieh im Lande Israel nicht gezüchtet werden darf. Da du, sprach Gott zu ihm, den Schafen gegenüber redlich ge- funden worden bist, komm und weide nun meine Schafe Ps. 78, 71: „Von den melkenden Schafen nahm er ihn". So trieb auch Mose die Schafe nach der Wüste hin, um sie vom Raube fern zu halten, und darum hat ihn auch Gott zum Hirten für Israel angenommen, s. Ps. 77, 21: „Du führtest wie Schafe dein Volk durch Mose und Aaron".
Oder: „Mose weidete". Jeder, von dem das Wort T,""r, war, steht, war (schon von seiner Erschaffung) dazu bestimmt vergl. Gen. 3, 22: „Der Mensch (Adam) war" d. i. der Tod war bestimmt in die Welt zu kommen, wie es heisst das. 1, 2: „Und Finsterniss war auf der Fläche des Abgrundes" d. i. der Tod, welcher das Gesicht der Menschen verfinstert. So heisst es auch Gen. 3, 1: „Und die Schlange war listig" d. i. sie war bestimmt zur Strafe. Bei Noah heisst es das. 6, 9: „Er war ein Frommer" d. i. er war be- stimmt zur Erlösung. Bei Joseph heisst es auch Ex. 1,5: „Und Jo- seph war" d. i. er war bestimmt zur Erhaltung. Ebenso heisst es bei Mardachai Esth. 2, 5: „Ein Jude war" d. i. er war bestimmt zur Rettung seines Volkes. So war auch Mose bestimmt, die Ret- tung seines Volkes herbeizuführen. Gleich von ihrer Erschaffung an waren alle dazu bestimmt.
Und er führte die Schafe nach der Wüste. Warum da- hin? Weil Mose voraussah, sagte R. Josua, dass die Israeliten von der Wüste aus erhoben werden würden vergl. Cant. 3, 1: „Wer ist das, der von der Wüste aufsteigt". Denn von der Wüste empfingen sie das Manna , die Wachteln , den Brunnen , die Stiftshütte , die Schechina, die Priester- und die Königswürde und das Gewölk der Herrlichkeit.
Oder Gott sprach zu Mose: Du wirst einst Israel aus Aegypten heraufführen. In wessen Verdienst? Im Verdienste desjenigen, welcher mit ihm bei den Thierstücken gesprochen hat, nämlich mit Abraham. Das Wort ia*i?3 bedeutet nichts anderes als "llSI reden, sprechen**) vergl. Cant. 4, 3 „Deine Sprache ist lieblich". R. Levi sagte: Gott sprach zu Mose: Dieses Zeichen sei dir in der Wüste: Du wirst sie dahin führen und einst auch von da wieder heraus- führen s. Hos. 2, 14: „Doch sieh, ich locke sie und führe sie nach der Wüste".
Oder warum lief er nach der Wüste hin? Weil er voraus sah, dass er einst die grossen Städte der Völker in eine Wüste
*) Vergl. Baba kama fol. 70^ und 8oa . Der Grund dieser Bestimmung ist, weil sie den Acker abweiden.
•*) Der Midr. liest nicht: -=T: — -s nach der Wüste, sondern: -a— : -~s nach dem Sprecher.
Par. II. Cap. III, i. 2. 73
verwandeln werde, wie geschrieben steht Jerem. 50, 12: „Siehe das Ende der Völker, Wüste, Dürre und Einöde".
Oder: „Und er führte die Schafe in die Wüste", damit hat er ihm schon verkündet, dass die Israeliten, welche Schafe genannt werden, in der Wüste umkommen würden. Als Mose für die Bedürf- nisse der Israeliten sorgte, da sprach Gott zu ihm Cant. 1, 7: „Sage mir, du, den meine Seele liebt", wie viele Wöchnerinnen, wie viele Schwangere, wie viele Ammen hast du für die Säugenden in Bereitschaft? wie viele Wagen hast du für die Schwangeren in Bereitschaft? Da antwortete ihm Gott s. das. V. 8: „Wönn du es noch nicht weisst" d. i. wenn du es nicht weisst, so wirst du es einst erfahren, „folge den Fussspuren der Schafe", nämlich der Schaf und Zicklein, die du weidest d. i. die Väter werden in der Wüste sterben, die Kinder aber in das verheissene Land kommen, weide die Kinder nur „bei den Wohnungen der Hirten" im Lande Siohon: denn du wirst von da an und weiter nicht hineinkommen.
und er kam an den Berg Gottes Choreb. Fünf Namen hat dieser Berg,*) er heist: Berg Gottes, Berg Baschan, der höcke- rige Berg, Berg Choreb und Berg Sinai. Er heisst Berg Gottes (a",~',:N "ttt), weil dort die Israeliten die Gottheit (imnbN) des Aller- höchsten auf sich genommen haben; Berg Baschan ("jüja -in), weil der Mensch alles, was er mit seinen Zähnen (i^^ttia) isst, der Thora zu verdanken hat, welche auf dem Berge gegeben worden ist. So heisst es Lev. 26, 3: „Wenn ihr nach meinen Gesetzen wandelt, so gebe ich euch Regen zu seiner Zeit; höckeriger Berg (amissa -in), weil er rein ist wie Käse (nD^aJO), rein von jedem Fehler; Berg Choreb, (2*11 n in), weil von ihm das Synedrium die Gewalt erhielt, mit dem Schwerte (sinn) zu strafen. R. Samuel bar Nachman aber sagte: Er hat daher diesen Namen, weil die Völker der Welt daselbst ihr Urtheil empfangen s. Jes. 60,12: „Und die Völker werden verwüstet werden (■D-irr min)" d. i. vom Choreb werden sie verwüstet werden ("Q-irp mim:); er heisst endlich Berg Sinai ("^ö in), weil von ihm der Hass (nN2\ü) zu den Völkern der Welt herabkommt.
V. 2. „Und es erschien ihm der Engel des Ewigen". Das steht auch Cant. 5, 2: „Ich schlief, aber mein Herz wachte" d. i. ich schlief von den Vorschriften, mein Herz aber wachte, sie auszuüben. „Meine Vollkommne ("»nttn Unschuldige)", denn auf dem Sinai ist mein Volk vervollkommnet worden (i7373n3aj), da es sprach Ex. 24, 3: „Alles, was der Ewige geredet, wollen wir thun und gehorchen". R. Janai sagte: Sowie diese Zwinglinge (D^Winit), wenn eins Kopfschmerz hat, so fühlt ihn auch das andre, ebenso sprach auch Gott Ps. 91, 15: „Ich bin mit ihm in der Noth" (ich fühle es mit ihm).
Oder was heisst das: „Ich bin mit ihm in der Noth"? Wenn
*) S. Schabbat fol. 89. Wünsche, Midr.asch Scheraot r.
34 [Par- n. Cap. nr, 2.
sie in der Noth sind, rufen sie nur Gott an, so in Aegypten, (wie es heisst:) „ihr Geschrei stieg zu Gott empor", so am Meere (wie es heisst:) „Und die Kinder Israels schrieen zum Ewigen", und so an vielen Orten. Es heisst Jes. 63, 9: „In all ihrer Noth ist (auch) ihm Noth". So sprach auch Gott zu Mose: Merkst du nicht, dass ich in Noth bin, wenn die Israeliten in Noth sind? Hieraus kannst du ersehen: An dem Orte, wo ich mit dir spreche d. i. aus den Dornen hervor, dass ich an ihren Leiden theilnehme.
„und es erschien der Engel des Ewigen".
Nach R. Jochanan war es Michael, nach R. Chanina war es Gabriel. R. Jose mit dem Zunamen der Lange ("p*iN!"i) sagte: Ueberall, wo man ihn sah, sagte man, da ist unser heiliger Lehrer (ui*n~tn I2*n*i). Ebenso wo Michael erschien, da war auch die Herrlichkeit der Schechina. Was heisst das: zu ihm (T»bs)? Daraus ist zu ersehen, das Leute bei ihm waren, die nur Mose sahen, so wie es heisst von Daniel s. Dan. 10, 7: „Und ich sah die Er- scheinung allein".
in einer Feuerflamme, um ihm Herz zu machen (ihn zu er- muthigen), dass er zum Sinai komme, die Feuer sehe, und sich nicht vor ihnen fürchte. Oder: '£N risbn bedeutet: von zwei Theilen des Dornbusches und darüber hinaus, so wie das Herz zwischen zwei Theilen des Menschen und weiter hinauf sich erstreckt.
aus dem Dornbusche.
Ein Heide fragte den R. Josua ben Karcha: Warum hat Gott mit Mose aus dem Dornbusche gesprochen? Er antwortete ihm: Wenn er aus einem Johannisbrotbaum oder aus einer Sykomore mit ihm gesprochen hätte, würdest du an mich auch eine solche Frage gestellt haben. Allein ich will es dir sagen: Es soll dir hiermit gezeigt werden, dass es keinen Ort giebt, wo die Schechina nicht ist, selbst nicht der Dornbusch.
„Feuerfiamme". Anfangs kam blos ein Engel herab, welcher sich in die Mitte hinein begab und inmitten des Feuers stand, später erst kam die Schechina selbst herab und redete mit ihm aus dem Dornbusch. R. Elieser sagt: Sowie der Dornbusch der niedrigste von allen Bäumen der Welt ist, so waren auch die Israeliten niedrig und getreten in Aegypten, weshalb ihnen Gott erschien und sie er- löste s. Ex. 3, 8: „Ich lasse mich herab, um sie aus der Gewalt der Aegypter zu erretten". R. Jose sagt: Sowie der Dornbusch der härteste unter allen Bäumen ist und jeder Vogel, der in den Dorn- busch geräth, nicht unbeschädigt wieder herauskommt, ebenso kam Gott die aegyptische Sclaverei als die härteste in der Welt vor, wie es heisst das. V. 7: „Gott sprach: Ich habe das Elend meines Volkes gesehen". Warum steht das Wort: *pn^ hnt sehen zwei- mal? Weil die Aegypter, nachdem sie die israelitischen Kinder in's Wasser geworfen, die Väter dann mit Bauen drückten. Gleich einem, der mit einem Stock zwei Menschen schlug, beide empfangen den Riemen und empfanden den Schmerz: eben so war auch das
Par. II. Cap. III, 2.
35
Leiden und die Sclaverei der Israeliten dem offenbar und bekannt, welcher sprach und die Welt ward, wie es heisst das.: „denn ich kenne seine Leiden". R. Jochanan sagte: Wie man aus- dem Dornbusche einen Zaun für den Garten macht, so war auch Israel ein Zaun für die Welt. Oder wie der Dornbusch an jedem Ge- wässer wächst, so wächst auch Israel nur durch die Thora, welche Wasser genannt wird s. Jes. 55, 1: „Auf! alle Durstigen, kommt zum Wasser". Oder wie der Dornbusch im Garten sowohl wie am Flusse wächst, so auch Israel in dieser und in jener Welt. Oder wie der Dornbusch Dornen und auch Rosen hervorbringt, so giebt es auch unter den Israeliten Fromme und Ruchlose. R. Pinchas- der Priester, Sohn des R. Chama sagte: Wie der Mensch, wenn er seine Hand in den Dornbusch hineinsteckt, nichts merkt, wohl aber sich verwundet, wenn er sie wieder herauszieht, so merkte auch, als die Israeliten nach Aegypten zogen, niemand etwas davon /wohl aber als sie herauszogen, da geschah es mit Zeichen, Wundern und Krieg. R. Jehuda bar Schallum sagte: Wie beim Dornbusch ein Vogel, wenn er hineindringt, nichts merkt, wohl aber, wenn er heraus- kommt, seine Flügel sich verletzt, so empfand es auch niemand, als unser Vater Abraham nach Aegypten zog, wohl aber, als er wieder herauszog, „da plagte der Ewige den Pharao".
Oder R. Nachman ben R. Samuel bar Nachman sagte: Unter allen Bäumen giebt es manche, die nur ein Blatt, manche, die zwei oder drei Blätter hervorbringen, die Myrthe aber bringt drei Blätter hervor, daher wird sie Ezechiel 20, 28 „ein dichtbe- laubter Baum" genannt; der Dornbusch aber hat fünf Blätter. Da sprach Gott zu Mose: Die Israeliten werden nur im Verdienste Abrahams Jizchaks und Jacobs und in deinem (Moses) Verdienste und im Verdienste Aarons erlöst. Oder: „Aus dem Dornbusch", damit deutete ihm Gott an, dass er 120 Jahre leben werde, so viel Wort rr.zr, in Zahl hat.
und er sah und siehe, der Dornbusch brannte in Feuer. Daher haben sie (die Alten) gesagt: Das Feuer von oben steigt in Büscheln ("pabib) auf, es brennt, verzehrt aber nicht und es ist schwarz, das Feuer von unten dagegen steigt nicht in Büscheln auf, es ist roth, verzehrt und brennt aber nicht. Warum liess aber Gott dem Mose so etwas sehen? Weil dieser nämlich in seinem Herzen dachte und sprach: Vielleicht werden die Aegypter die Is- raeliten aufreiben, darum zeigte ihm Gott ein brennendes und nicht verzehrendes Feuer. Er sprach zu ihm: Wie der Dornbusch im Feuer brennt und nicht verzehrt wird, so werden auch die Aegypter die Israeliten nicht aufreiben können. Oder als Gott mit Mose sprach, wollte er ihn nicht von seiner Beschäftigung abhalten, deshalb zeigte er ihm etwas, damit er sein Gesicht dahin kehre und er sah es und Gott sprach mit ihm; denn so findest du auch, als der Engel des Ewigen ihm erschien, ging Mose nicht dahin,
3'
■jö Par. IL Cap. IH, 2. 3. 5.
als er aber von seiner Beschäftigung abliess, ging er hin um zu sehen. Sogleich rief ihn Gott,
V. 3. — und Mose sprach: Ich will doch hintreten und sehen.
Nach R. Jochanan that Mose fünf Schritte damals. R. Simeon ben Levi sagte: Mose wandte sein Gesicht um und blickte hin, wie es heisst V. 4: „Als der Ewige sah, dass er hinging zu sehen". Als Gott ihn erblickte, sprach er: Dieser ist würdig die Israeliten zu leiten. R. Jizchak sagte: Was heisst mfinb ^10 "O? Gott sprach: Er ist missmuthig und heftig, das Leiden der Israeliten in Aegypten zu sehen, darum verdient er auch deren Hirt zu werden. „Und Gott rief ihm sofort zu aus dem Dornbusch und sprach: Mose. Mose" ! Du findest (diese Wiederholung des Namens) bei Abraham s. Gen. 22, 11, so auch bei Jacob s. das. 46, 2 und bei Samuel s. 1. Sam. 3, 10, wo überall eine Entscheidung zu erwarten war, allein hier bei Mose gab es keine Entscheidung. Warum? Gleich einem Menschen, dem man eine grosse Last auferlegt hatte und er rief einen herbei und sprach: Mein Lieber! nimm mir doch diese Last ab.
Oder mit allen Propheten hörte Gott auf zu sprechen, aber mit Mose horte er während seines Lebens nicht auf. R. Simeon ben Jochai hat gelehrt: Die Wiederholung: Mose, Mose! ist die Sprache der Liebe und Anspornung. Oder der Zuruf: Mose, Mose! soll andeuten, dass er in dieser Welt die Thora gelehrt hat und sie auch einst in jener Welt lehren wird; denn die Israeliten werden einst zu Abraham kommen und sprechen: Lehre uns die Thora und er antwortet ihnen: Geht zu Jizchak, der mehr gelernt hat als ich. Jizchak spricht zu ihnen: Geht zu Jakob, der mehr Umgang gehabt hat als ich, und Jakob spricht zu ihnen: Geht zu Mose, welcher sie aus dem Munde Gottes gelernt hat. Das steht auch Ps. 84, 8: „Sie gehen von einer (Lehr-) Kraft zu andern, bis sie vor Gott erscheinen auf Zion". Unter D^Slbs ist niemand anders als Mose zu verstehen, wie es heisst: (Gott sprach zu Mose:) ,, Siehe ich habe dich dem Pharao zum Gott gesetzt". R. Abba bar Kahana sagte: Jeder, dessen Namen verdoppelt wird, ist in zwei Welten.
und er sprach: Hier bin ich d. i. ich bin bereit für die Priester- und Herrscherwürde. Da sprach Gott: Du stehest auf der Säule (Stütze) der Welt. Abraham sprach auch (beim Opfer): „Hier bin ich", und du sprichst es auch. Mose bat, dass er Priester und Könige von sich stellen möchte. Da sprach Gott zu ihm:
V. 5. Tritt nicht herzu d. i. deine Kinder werden nicht den Altardienst verrichten (opfern), weil er bereits für deinen Bruder Aaron
Pai. II. III. Cap. III, 5. 6. 37
bestimmt ist. Das Wort cV-n bedeutet Herrschaft (mabte)*) s. 2. Sam. 7, 18: „Wer bin ich, dass du mich bis hierher" (d. i. bis zur Regierung) gebracht hast vgl. 1. Sam. 10, 22: „Kommt der Mann auch noch hierher?" Für die Herrscherwürde, sprach Gott zu ihm , ist bereits David bestimmt, und dennoch war Mose so glücklich, beide Würden zu bekleiden. Was die Priesterwürde an- langt, so verrichtete er den Altardienst an den sieben Einweihungs- tagen , und was die Herrscherwürde anlangt , so heisst es Deut. 33» 5: »»Als er in Jeschurun König war."
Ziehe deine Schuhe aus. An dem Orte, wo die Schechina sich zeigt , darf man nicht Schuhe tragen. So heisst es betreffs Josuas Jos. 5, 15: „Ziehe deine Schuhe von deinen Füssen." Ebenso verrichten die Priester nur barfuss den Tempeldienst.
Parascha III.
V. 6. Und er sprach: ich bin der Gott deines Vaters. Dass steht auch geschrieben Prov. 14, 15: „Der Thor glaubt jedem Worte." Was heisst TD? Knabe ["Vi), denn in Arabien wird der Knabe ÜWPS ( j^) genannt. Oder unten TS ist nichts anderes als "»TS überreden zu verstehen vgl. Ex. 22, 15: „Wenn ein Mann eine Jungfrau überredet". Als Gott dem Mose sich offenbarte, sagte R. Josua der Priester bar Nechemja, war dieser ein Neuling für die Prophetie. Da dachte Gott : Wenn ich mich ihm mit lauter Stimme offenbare, so erschrecke ich ihn , offenbare ich mich ihm mit sanfter Stimme, so beachtet er nicht die Prophetie. Was that Gott? Er offenbarte sich in der Stimme seines Vaters, worauf Mose erwiederte: Hier bin ich, was begehrt der Vater. Ich bin nicht dein Vater, antwortete Gott, sondern der Gott deines Vaters , ich komme darum mit einem so sanften Tone zu 'dir, damit du dich nicht fürchtest. Der Gott Abrahams, der Gott Jizchaks und der Gott Jacobs. Da freute sich Mose und sprach: Siehe, der Vater wird mit zu den Altvätern gezählt, und nicht nur das, sondern er wird sogar zuerst erwähnt.
und Mose verbarg sein Angesicht. Er sprach: Der Gott meines Vaters steht hier, und ich soll mein Angesicht nicht ver- bergen? Hierüber sind R. Josua ben Karcha und R. Hosaja ver- schiedener Meinung. Der eine von ihnen sagte: Mose hatte nicht recht gethan, sein Antlitz zu verbergen, wenn er es nicht verborgen hätte, würde Gott ihm offenbart haben, was oben, was unten ist, was ge- wesen ist und was einst sein wird. Zuletzt wollte Mose ihn sehen, wie es heisst Ex. 33, 18: „Lass mich deine Herrlichkeit sehen." Da sprach Gott zu Mose: Ich wollte mich dir zeigen, allein du
*) ü*"~ bedeutet im talmudischen Sprachgebrauch Herrschaft, Regierun« vergl. Sebach fol. 102 a: nttSo s^x nhv\ ;\v, das Wort Ci'-n bedeutet nichts anderes als Regierung.
38 Par. HI. Cap. III, 6—7.
wandtest dein Gesicht ab, nun sage ich dir, dass kein Mensch mich sehen wird und leben kann. Also als ich wollte , da wolltest du nicht R. Josua von Sichnin sagte im Namen des R. Levi: Trotz- dem zeigte ihm Gott seine Herrlichkeit , in Folge dessen verbarg Mose sein Angesicht. Es heisst das.: „Gott redete zu Mose von Angesicht zu Angesicht." Weil er sich fürchtete, fürchteten sich auch die Israeliten , vor ihn hinzutreten s. das. 34, 29. Und weil er nicht schauen wollte, „so schaute er doch des Ewigen Gestalt" s. Num. 12, 8. R. Hosaja der Aeltere sagte: Mose that recht, dass er sein Angesicht verbarg. Gott sprach zu ihm: Als ich mich dir zeigen wollte, erwiesest du mir die Ehre, dein Angesicht zu ver- bergen, bei deinem Leben! du wirst einst 40 Tage und 40 Nächte bei mir auf dem Berge verweilen, nicht etwa, um zu essen und zu trinken, sondern um dich an dem Abglanze der Schechina zu er- götzen, wie es heisst Ex. 34, 29 : Mose wusste nicht, dass sein An- gesicht Strahlen warf." Aber Nadab und Abihu entblössten ihre Häupter und weideten ihre Augen an dem Abglanze der Schechina s. das. 24, 11: „An die Edeln der Kinder Israels streckte er nicht seine Hand aus", und sie wurden auch nicht für das, was sie ge- than, bestraft.
V. 7. Und Gott sprach: Ich habe gesehen das Elend meines Volkes.
Das steht auch Hi. 11, 11: „Denn er kennt die Menschen des Frevels (niv T»)" d. i. Gott kennt das Volk der Todten (oy" OTftn) wegen seines Frevelthuns. Oder er kennt das Volk, dass sie einst Frevel üben und umgebracht werden, wie es heisst Jes. 3, 25: „Deine Männer ("pntt) werden durch das Schwert fallen." Allein es heisst auch Hi. 11, 11 : „Er sieht den Frevel und achtet nicht darauf." Wie ist das zu verstehen? Du findest, als Hagar mit ihrem Sohne aus Abrahams Hause ging, was steht dort geschrieben? S. Gen. 21, 15: „Als das Wasser in dem Schlauche zu Ende war. da ging sie und setzte sich gegenüber". (Was heisst das?J Sie fing an, sagte R. Berachja, sich heftig gegen den Höchsten auszulassen, sie sprach nämlich: Herr der Welt! gestern sagtest du zu mir: „ich werde deinen Samen mehren", und heute kommt er (der Stamm- halter) um? (Das ist doch ein Widerspruch). Darauf rief ein Engel Gottes der Hagar zu. R. Simon sagte: Die Dienstengel wollten eine Anklage erheben, sie sprachen: Herr der Welt! einem Menschen, der einst deine Kinder im Durste umkommen lassen wird, willst du den Brunnen aufsteigen lassen? Dieses geziemt einer Menge von 60 Myriaden zu geschehen, die einst vor dir singen werden Ex. 15, 12: „Dieser ist mein Gott, ihn will ich verherrlichen." Gott antwortete ihnen: Was ist er (Ismael) denn jetzt? Ist er fromm oder böse? Sie antworteten ihm: Er ist fromm. Darauf sprach Gott: Ich richte den Menschen nur in seiner Stunde. Darum heisst es Hi. 11, 11: ,,Er sieht Unrecht (was einst geschehen wird) und er beachtet es
Par. III. Cap. III, 7—0. 39
nicht." So war es auch bei den Israeliten in Aegypten. Gott sah voraus, was sie einst thun würden. Darum steht hier \~rxn nsi sehend habe ich gesehen. Es heisst nicht bloss T'Nl, sondern rrjn TTfcn (d. i. das Wort steht zweimal). Gott sprach nämlich zu Mose: Du siehst nur eins, ich aber sehe zwei, du siehst sie nur an den Sinai kommen und mein Gesetz empfangen, ich sehe sie aber mein Gesetz empfangen, das will das Wort rtN"i sagen, und TPSn ich sehe sie auch das Kalb verfertigen , wie es heisst Ex. 32, 9 : „Ich sehe dieses Volk". Wenn ich auf den Sinai kommen werde, um ihnen das Gesetz zu geben, so werde ich mich in meinem Viergespann*) herablassen, denn sie werden auf mich merken und eine von ihnen (den vier Gestalten, nämlich die Gestalt des Ochsen d. i. das goldene Kalb) losmachen und mich (dadurch) erzürnen, u«d dennoch richte ich sie nicht nach ihren künftigen, sondern nach ihren gegenwärtigen Werken , „denn ich habe ihr Geschrei gehört." Obgleich ich seine Schmerzen kenne, was sie einst be- gehen werden, so habe ich es doch gesehen. Was heisst das: „Ich kenne seine Schmerzen"? Ich weiss, wie viele Schmerzen sie mir einst in der Wüste verursachen werden , wie es heisst Ps. 78, 40 : „Wie oft empörten sie sich wider ihn in der Wüste und erzürnten ihn in der Einöde" , und dennoch unterlasse ich nicht (stehe ich nicht ab), sie zu erlösen. R. Samuel bar Nachman sagte: Das- selbe sagte auch der Richter Athniel ben Kenas vor Gott. Herr der Welt! sprach er, hast du nicht dem Mose die Versicherung ge- geben , dass du die Israeliten erlösen willst , sie mögen deinen Willen thun oder nicht? Daher heisst es Jud. 3, 10: „Es war auf ihm der Geist Gottes und er richtete Israel". Darum steht hier: „Obgleich ich seine Leiden kenne", so erlöse ich sie doch".
V. 8. und ich lasse mich herab, es zu retten aus Aegypten. Gott sprach zu Mose: Ich habe ihrem Vater Jacob gesagt Gen. 46, 4: „Ich ziehe mit dir hinab nach Aegypten und ich bringe dich auch herauf", und jetzt habe ich mich herabgelassen, seine Kinder heraufzuführen, wie ich ihrem Vater Jacob versprochen habe. Und wohin führe ich sie? In das Land (an den Ort), von wo ich sie herausgeführt habe, was ich ihrem Vater zugeschworen, wie es heisst: „um sie hinauszuführen aus diesem Lande."
V. 9. Und nun sieh, das Geschrei der Kinder Israels ist zu mir gekommen.
Bis jetzt ist ihr Geschrei nicht vor mich gekommen , weil das Ende noch nicht gekommen war, was ich Abraham bestimmt habe s. Gen. 15, 13: „Sie werden sie dienstbar machen und sie drücken 400 Jahre".
*) D. i. der göttliche Wagen, die Merkaba mit den vier Thiergestalten (Chajoth) in der Vision des Ezechiel cap. I. Vergl. unten Par. 43.
40 Par. III. Cap. III, 10—12.
V. io. Und nun gehe hin, ich will dich zu Pharao senden.
R. Eleasar sagte: Das Wort r,zh heisst so viel wie unbedingt, gewiss! Das n am Schlüsse des Wortes will sagen: Wenn du sie nicht erlösest, ein andrer wird sie nicht erlösen.
V. ii. Und Mose sprach zu Gott: Wer bin ich?
Gleich einem Könige, sagte R. Josua ben Levi, welcher seine Tochter verheirathete und ihr eine Stadt und eine vornehme Magd als Aussteuer versprach , er gab ihr aber eine aethiopische Magd. Da sprach sein Eidam zu ihm: Hast du denn nicht versprochen, mir eine vornehme Dienerin zu geben? Auf gleiche Weise sprach Mose vor Gott : Herr der Welt! als Jacob nach Aegypten hinabzog, hast du da ihm nicht versprochen: „Ich ziehe mit dir hinab nach Aegypten und ich bringe dich auch wieder herauf" , und jetzt sprichst du zu mir: „Geh, ich will dich zu Pharao senden", ich bin doch nicht derjenige, zu dem du gesagt hast, ich bringe dich wieder herauf?
Oder: „Wer bin ich?" R. Nehorai sagt: Mose sprach vor Gott: Du sagst zu mir : Geh und führe die Israeliten heraus , wie kann ich im Sommer früh vor der Hitze und im Winter vor der Kälte ausgehen, woher soll ich zu essen und zu trinken nehmen? Wie viele Wöchnerinnen sind nicht unter ihnen, wie viele Schwangere, wie viele Säuglinge, wie viele Arten von Speisen hast du für die Wöch- nerinnen unter ihnen bereitet? Wie viele Arten Weiches (*,'ri3~) für die Schwangeren , wie viele Sangen und Nüsse für die Säug- linge? Und wo ist die Erklärung hierüber? In Cant. i, 7: „Sage mir, du, den meine Seele liebt"? Da sprach Gott zu ihm: Von dem Kuchen, von dem die Israeliten aus Aegypten mit sich nehmen, versehe ich sie auf 30 Tage , da wirst du erkennen , wie ich sie einst führen werde.*)
Oder: „Wer bin ich"? Mose sprach vor Gott: Herr der Welt! wie kann ich mich an einen Ort begeben, wo Räuber, wo Mörder sind? Das wollen die Worte sagen : „Wer bin ich , dass ich zu Pharao gehen und die Kinder Israels herausführen soll?" d. i. welches Verdienst haben sie, um sie herauszuführen? Gott sprach zu ihm: j
V. 12. Ich werde mit dir sein. Das sind Worte, die nur zu dem gesprochen werden, welcher in Furcht ist.
und das sei dir das Zeichen, dass ich dich sende d. i. daran , dass ich mit dir sein werde , kannst du erkennen , dass du mein Abgesandter bist, alles was du willst, werde ich thun.
Wenn du das Volk aus Aegypten herausführst, sollt ihr Gott auf diesem Berge dienen. Auf die Frage: Vermöge
') S. Midr. Schir haschirim s.v. m\>n.
Par. III. Cap. III, 12—14. 41
welches Verdienstes soll ich sie aus Aegypten führen? ist die Ant- wort: Im Verdienste der Thora, die sie einst durch dich auf diesem Berge erhalten werden; von da werden sie herausziehen, nämlich nachdem ihm Gott gesagt hatte: „ich werde dich senden."
Oder: Unsere Rabbinen haben gesagt: Das Zeichen für die erste Erlösung ist das Wort *d:x ich. Mit diesem (Worte) zogen die Israeliten nach Aegypten hinab, wie es heisst Gen. 46, 4: „Ich ("D28») ziehe mit dir nach Aegypten hinab" und mit demselben Worte "DIN bringe ich euch wieder herauf. Das Wort o:n dient aber auch als Zeichen für die letzte Erlösung , denn mit diesem Worte werden sie geheilt (wieder hergestellt) und erlöset werden, wie es heisst Mal. 3, 23: „Siehe, ich sende euch den Propheten Elia."
V. 13. Und Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich nun zu den Kindern Israels komme.
R. Simeon von Lud (Lydda) sagte im Namen des R. Simon im Namen des R. Levi: Mose sprach: Ich werde einst den Ver- mittler machen zwischen dir und ihnen bei der Gesetzgebung und du wirst ihnen sagen: „ich bin der Ewige dein Gott".
der Gott eurer Väter sendet mich zu euch. In diesem Augenblicke wurde dem Mose seine Aufgabe klar, er fürchtete nämlich, wenn sie ihn nach Gottes Namen fragen würden, was er ihnen antworten sollte, da wünschte Mose nun, dass Gott ihm den grossen Namen bekannt mache.
V. 14. Da sprach Gott zu Mose. Nach R. Abba bar Mamal sprach Gott zu ihm: Meinen Namen willst du kennen lernen, ich werde nach meinen Thaten genannt, zuweilen heisse ich Gott der Allmächtige, zuweilen Zebaoth, zuweilen Elohim, zuweilen Je- hova. Wenn ich die Menschen richte, heisse ich Elohim, wenn ich Krieg gegen die Frevler führe, heisse ich Zebaoth, wenn ich über die Sünden der Menschen (Strafen) verhänge, heisse ich Gott der Allmächtige, und wenn ich mich der Welt erbarme, heisse ich Je- hova, denn dieser Name drückt nichts anderes als die Eigenschaft der Barmherzigkeit aus s. Ex. 34, 6: „Der Ewige, der Ewige ist barmherzig und gnädig". Das wollen die Worte sagen: „Ich werde sein, der ich sein werde" d.i. ich werde nach meinen Thaten genannt.
Nach R. Jizchak sprach Gott zu Mose: Sage ihnen: ich bin der, welcher ich gewesen, ich bin der, welcher jetzt ist und ich bin der, welcher sein wird, und darum heisst es hier dreimal: rritN ich bin.
Oder: „Ich werde sein, der ich sein werde". Nach R. Jacob bar R. Abina im Namen des R. Huna von Sepphoris sprach Gott zu Mose: Sage ihnen: in dieser Sklaverei werde ich mit ihnen sein und in der, welche sie noch erfahren werden, da werde ich auch mit ihnen sein. Da sprach Mose vor Gott: Soll ich so mit ihnen sprechen? Sie haben doch schon genug an der gegenwärtigen Noth?
42 Par. III. Cap. III, 14. 15.
Nein, sprach Gott zu ihm; so sollst du zu den Kindern Israels sprechen: (das Wesen) !"P!tN schickt mich zu euch, das andere mache ich dir nur bekannt, nicht aber ihnen.
Oder: „Ich werde sein" u. s. w. R. Jizchak im Namen des R. Ami sagte: In Lehm und Ziegeln stehen sie hier und nach Lehm und Ziegeln gehen sie. So heisst es Dan. 8, 27: „Und ich Daniel war dahin und erkrankte". Mose sprach vor Gott: Soll ich so mit ihnen sprechen? Nein, sondern nur: (Das Wesen) STfTN sendet mich zu euch. R. Jochanan sagte: STttÄ ich werde sein, nämlich den Einzelnen das, wofür sie mich erkennen, aber vielen werde ich wider ihren Willen sein, wenn sie auch ihre Zähne knirschen (wenn sie mich auch nicht erkennen), so regiere ich doch über sie s. Ezech. 20, 33: „So wahr ich lebe! spricht der Ewige, euer Gott, mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arme und mit ausgeschüttetem Grimme regiere ich über euch". Oder R. Annaniel sagte im Namen des R. Sason (Wonne): Gott sprach: Wenn ich einen von den Engeln suche, der doch einer von den Obersten der Welt ist, so reicht er seine Hand vom Himmel herab und berührt die Erde s. das. 8, 3: „Er streckte die Gestalt einer Hand aus und nahm mich an den Locken meines Hauptes". Und als ich drei Engel von ihnen wollte, sassen sie unter dem Baume, wie es heisst (von Abraham) Gen. 18, 4: „Und lehnt euch unter den Baum". Und wenn ich will, füllt meine Herrlichkeit die ganze Welt, wie es heisst Jerem. 23, 24: „Erfülle ich nicht Himmel und Erde? spricht der Ewige", und wenn ich will, spreche ich mit Hiob aus dem Sturme s. Hi. 40, 1: „Der Ewige antwortete dem Hiob aus dem Sturme", und wenn ich will durch den Dornbusch.
V. 15. Gott sprach ferner zu Mose: So sollst du zu den Kindern Israels sagen: Der Ewige, der Gott eurer Väter d. i. geh und sage ihnen in meinem Namen, welcher die Eigenschaft der Barmherzigkeit ausdrückt, dass ich mich aus Rück- sicht auf ihre Väter auch gegen sie so beweisen will, und wisse, dass ich zu ihren Vätern Abraham, Jizchak und Jacob rede so wie es heisst: „Der Ewige, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Jizchaks und der Gott Jacobs sendet mich zu euch". Als Mose hörte, dass er seinen Vater nicht so wie beim ersten Male erwähnte, sprach er: Herr der Welt! giebt es Sünder im Scheol? Nein, sagte Gott. Wie kommt es dann, fuhr Mose fort, dass du früher deinen Namen mit dem meines Vaters verbunden hast und jetzt hast du dich ihm entzogen? Früher wollte ich dir erst eine Erweiterung verschaffen (dich zur Besinnung kommen lassen), von nun aber und weiter sollst du Worte der Wahrheit hören, die ich mit dir spreche.
Das ist mein Name in Ewigkeit.
In dem Worte Dbyb fehlt das 1. (Warum?) Damit der Mensch nicht den Namen des Ewigen mit seinen Buchstaben ausspreche (d. i. wie er geschrieben, sondern wie er gelesen wird).
Par. III. Cap. III, 15. 43
und dies sei mein Gedächtniss von Geschlecht zu Ge- schlecht, nämlich dass man ihn nur mit seinen Attributen (Bei- namen) sage.
Geh und versammle die Aeltesten Israels. Immer haben die Alten die Israeliten erhalten s. Jos. 8, 33: „Und ganz Israel und seine Aeltesten, Vorsteher und Richter standen von beiden Seiten der Lade". Wenn bestehen die Israeliten? Wenn sie Alte haben. Warum? Solange der Tempel stand, fragten sie die Alten, wie es heisst Deut. 32, 7: „Frage deinen Vater, er wird dir's ver- künden, deine Alten, sie werden es dir sagen". Denn wer sich Rath von den Alten holt, kommt nicht zum Falle. Du kannst es auch daraus erkennen, als Benhadad zum König von Israel schickte, da heisst es 1 Reg. 20, 3 ff.: „So spricht Benhadad: dein Silber und dein Gold ist mein", da Hess ihm der König von Israel sagen: Sowie mein Herr König gesprochen, ich und alles, was ich habe, ist dein." Da schickte er das zweite Mal zu ihm s. das.: „Morgen um diese Zeit schicke ich meine Knechte zu dir, diese werden dein Haus und die Häuser deiner Knechte durchsuchen und werden alles, was dir zur Lust deiner Augen dient, mit sich nehmen." Nun war denn alles das, was er das erste Mal verlangt hatte, nicht auch eine Lust? Er forderte Silber und Gold, sie sind doch eine Lust, wie es heisst Hag. 2. 7: „Es kommen die Kostbarkeiten aller Völker"; er forderte Weiber und sie sind doch auch eine Lust, wie es heisst Ezech. 24, 16: „Menschensohn! sieh, ich nehme dir die Lust deiner Augen"; er forderte die Kinder, und sie sind doch auch eine Lust, wie es heisst Hos. 9, 16: „Ich tödte die Lust ihres Leibes"? Mithin hatte doch Benhadad schon das erste Mal alle Lust der Augen verlangt, was giebt es noch für eine Lust der Augen? Das was die höchste Lust (eigentlich die Lust in der Lust) ist, das ist die Thora, wie es heisst Ps. 13, 11: „Sie ist köstlicher als Gold und viel feines Gold". Als der König von Israel dies hörte, sprach er: Darüber habe ich allein nicht zu verfügen (eig. diese ist nicht mein), sondern ich muss die Alten herzuziehen. Da- her folgt gleich 1 Reg. 20, 7 ff.: „Der König von Israel berief alle Aeltesten Israels u. s. w. und es sprachen zu ihm die Aeltesten und alles Volk: Folge nicht und bewillige nicht". Als der König von Israel den Rath der Alten gehört hatte, „zog er sogleich aus und schlug Ross und Wagen" s. das. V. 21. Daraus ergiebt sich, dass Israel sich immer mit den Alten berieth. Darum sprach Gott zu Mose: „Geh und versammle die Aeltesten Israels und sage ihnen: Ich habe bedacht". Er sprach nämlich zu ihm: Schon von Joseph her ist ihnen die Ueberlieferung geworden, dass ich sie mit dem Worte rix erlöse, geh und rufe ihnen dieses Zeichen in's Gedächt- niss zurück. Warum heisst es aber 'ni'pz nps? Ich habe sie be- dacht (nps) in Aegypten, ich habe sie bedacht (THpD) am Meere, ich habe sie bedacht (ips) in der Zukunft, wie ich sie in der Ver- gangenheit bedacht habe ("rnpD).
44 Par. III. Cap. III, 16. 17. 18. 19. 20.
Und was euch in Aegypten geschehen d. i. ich ahnde an den Aegyptern, was sie euch gethan haben, wie es auch heisst 1 Sam. 15, 2: „Ich ahnde das, was euch Amalek gethan hat".
V. 17. Und ich spreche: ich will euch heraufführen. Sage ihnen: Wie ich zu ihrem Vater Jacob gesprochen habe, so werde ich thun. Was hat er zu ihm gesagt? S. Gen. 46, 4: „Ich will dich auch heraufführen". Und so hat auch Jacob zu seinen Kindern gesagt s. das. 48, 21: „Gott wird mit euch sein und wird euch zurückbringen" u. s. w.
V. 18. Und wenn sie auf deine Stimme hören. Warum? Weil sie im Besitze einer Ueberlieferung betreffs der Erlösung sind, der zufolge jeder Erlöser, der kommen und sich ihnen mit dem zweifachen Worte MvpD beglaubigen wird, ist ein wahrer Erlöser.
so gehe du und die Aeltesten Israels zum Könige.
Hier wird den Alten eine grosse Ehre erwiesen.
und sprich zu ihm: Der Ewige, der Gott der Hebräer, hat sich zu uns verfügt.
Warum nennt er sie Hebräer? Deshalb weil sie durchs Meer ziehen werden.*)
Und nun lass uns einen Weg von drei Tagen machen.
Warum sagten sie: drei Tage, und nicht: wir wollen auf immer ziehen? Damit die Aegypter sich irren und ihnen nachsetzen sollten. Wenn sie ausziehen, werden sie sprechen, er hat sie nur unter der Bedingung erlöst, dass sie drei Tage ziehen und ihm opfern, sie haben sich nun solange aufgehalten und deshalb werden sie ihnen nach Verlauf der drei Tage nachsetzen und im Meere untersinken, um ihnen zu messen mit dem Masse, womit sie gemessen haben, weil sie befohlen hatten Ex. 1, 22: „Jeden neugebornen Knaben sollt ihr in den Fluss werfen".
V. 19. Aber ich weiss, dass der König von Aegypten euch nicht wird ziehen lassen.
Gott sah schon voraus, was Pharao einst thun werde, wie er das Volk mit schwerer Arbeit belasten werde, bevor Mose noch ging, um seine Sendung zu vollziehen; damit er sich nun nicht täusche, so machte ihm Gott schon bekannt, was Pharao thun werde zur Zeit, wenn du meiner Sendung folgst, damit er nicht Klage gegen den Ewigen ausstossen sollte, und trotzdem hat er das gethan. Ueber ihn heisst es schon Koh. 7, 7: „Unterdrückung (Gewaltthätigkeit) macht den Weisen zum Thoren".
V. 20. Und ich werde meine Hand ausstrecken d. i. ich werde thun, was ich dem Abraham zugesagt habe, nämlich, „dass ich auch das Volk, dem sie werden dienen müssen, richten werde", um ihnen mit ihrem Mass zu messen. Darum werde ich
*) Der Midr. liest nicht: Was, sondern :•"•:
Par. III, Cap. III, 20. 21. 22. IV, 1. 2. 3.
45
unter ihnen eine Verwüstung anrichten und nachher es ihnen in ihren Schoss vergelten, „dann wird er euch ziehen lassen".
V. 21. Und ich werde geben dem Volke Gunst in den Augen der Aegypter, was ich Abraham zugesagt, nämlich: „sie werden dann mit grosser Habe ausziehen". Ich werde ihnen Gunst in den Augen der Aegypter geben, dass sie ihnen borgen und sie voll fortgehen, damit ihr Vater Abraham nicht die Ausrede habe zu sagen: sie sind ihnen dienstbar geworden, und sie haben sie be- drückt, (d. i. die verhängte Sclaverei) ist bei ihnen eingetreten, aber das andere: sie werden dann mit grosser Habe ausziehen (d. i. die Verheissung) ist nicht bei ihnen eingetreten.
V. 22. Es borge sich jedes Weib von ihrer Nach- barin u. s. w. Daraus kann man sehen, dass die Kleider bei ihnen sehr geschätzt wurden (sehr beliebt waren); denn wenn der Mensch sich auf der Reise ohne Kleider befindet, schämt er sich (eig. er- blasst er vor den Leuten).*)
Und ihr werdet die Aegypter ausleeren d. i. ihr werdet mit den Aegyptern verfahren wie mit einer Tiefe, in welcher kein Fisch ist.
Cap. IV. 1. Und Mose antwortete und sprach: Aber siehe, sie werden mir nicht glauben.
In diesem Augenblicke sprach Mose nicht, wie es sich ziemte. Gott hatte ihm gesagt: „Sie werden auf deine Stimme hören", und er entgegnete: „Aber siehe, sie werden mir nicht glauben"; darauf antwortete ihm Gott nach seinem Sinne d. i. er gab ihm Zeichen nach seinen Worten. Siehe, was folgt darauf?
V. 2. Und der Ewige sprach zu ihm: Was hast du in deiner Hand? und er antwortete: einen Stab d. i. was hast du in deiner Hand, womit du gestraft werden sollst**)? denn du bringst meine Kinder in einen üblen Ruf, sie sind Gläubige und Kinder von Gläubigen; Gläubige sind sie, denn es heisst: „Das Volk glaubte" und sie sind Kinder von Gläubigen, wie es heisst Gen. 15, 6: „Er glaubte dem Ewigen". Mose nahm (durch seinen Argwohn) die Art und Weise der Schlange an, welche auch ihren Schöpfer verdächtigte, indem sie sagte s. das. 4, 5: „Denn Gott weiss, wenn ihr davon esset, werden euch die Augen aufgethan werden". Sowie die Schlange, so soll auch dieser einst Strafe dafür leiden müssen. Siehe, was folgt darauf?
V. 3. Und Gott sprach: Wirf ihn zur Erde und er warf ihn zur Erde und er wurde zur Schlange. Warum?
*) Nach M. K.: er erkrankt (vor Kälte).
*) Angespielt ist auf die Strafe des Aussatzes.
46 Par. III. Cap. IV, 4. 6.
Weil er der Schlange nachgeahmt hatte. Darum also zeigte er ihm die Schlange, du hast dich wie diese betragen.
Und Mose floh vor ihr. Eine Matrone sagte zu R. Jose: Mein Gott ist grösser als dein Gott. Warum? Als euer Gott sich dem Mose im Dornbusche zeigte, wandte dieser sein Angesicht ab» als er aber die Schlange sah, welche mein Gott ist, floh er vor ihr. O du Verwünschte! (eig. es möge ihr der Geist ausgehen), ant- wortete er, als unser Gott im Dornbusche erschien, hatte Mose keinen Ort, wohin er hätte fliehen können. Wohin hätte er fliehen können, etwa nach dem Himmel, oder nach dem Meere, oder nach dem Lande? Wie heisst es aber von unsrem Gotte? S. Jerem. 23, 24: „Erfülle ich nicht Himmel und Erde? spricht der Ewige." Aber wenn der Mensch vor der Schlange, welche dein Gott ist, flieht, so braucht er nur zwei oder drei Schritte, um sich zu retten. Darum heisst es hier: „Und Mose floh vor ihr". Oder warum floh Mose? Darum, weil er mit seinen Worten sich ver- gangen hatte; denn wäre das nicht geschehen, so hätte er nicht zu fliehen brauchen, denn nicht die Schlange, sondern die Sünde tödtet, so wie von R. Chanina ben Dosa erzählt wird.*)
V. 4. Und der Ewige sprach zu Mose: strecke deine Hand aus und fasse sie am Schwänze. Wir haben bereits ge- sagt, wozu die Schlange Mose gegenüber dienen sollte, aber was hatte sie für die Israeliten für eine Bedeutung? R. Elieser sagte: Der Stab wurde darum von Pharao in eine Schlange verwandelt, weil er so genannt wird s. Ezech. 29, 3: „Der grosse Drache". Ebenso heisst es Jes. 2J, 1 : „Den Leviathan, die flüchtige Schlange", deshalb, weil sie die Israeliten biss. Da sprach Gott zu ihm: Siehst du Pharao, welcher wie eine Schlange ist, den wirst du einst mit dem Stabe züchtigen und zuletzt wird er selbst wie Holz werden. Wie der Stab nicht beisst, so beisst auch er nicht. Das steht nun auch hier: „Strecke deine Hand aus und fasse sie am Schwänze". V. 5. „Damit sie glauben, dass der Ewige dir erschienen sei" d. i. geh, thue vor ihnen dieses Zeichen, damit sie glauben, dass ich dir er- schienen sei.
V. 6. Und der Ewige sprach ferner: Stecke doch deine Hand in deinen Busen.
Er sprach zu ihm: Die Schlange habe ich, als sie verläumdete, mit Aussatz bestraft s. Gen. 3, 5: „Verflucht seist du unter allen Thieren" vgl. Lev. 13, 5, wo der Aussatz n*l«»B Fluch heisst. R. Eleasar sagte: Diese Felsen des Hauses sind aussätzig, so verdienst auch du mit Aussatz bestraft zu werden. Und warum sollte er sie in seinen Busen stecken? Weil es die Weise der Verläumdung ist, im Geheimen zu sprechen. So heisst es Ps. 101, 5: „Wer im Ge- heimen seinen Freund verleumdet, den vertilge ich". Unter rPttXtt
*) S. Berachot fol. $y\
Par. III. Cap. IV, 7. 9. 47
ist nichts anderes als der Aussatz zu verstehen vergl. Lev. 25, 30, wo Onkelos das Wort mrrwir: durch -*ü*bnb erklärt.
Es ist gelehrt worden*): Es ist kein Unterschied zwischen -SCIW 3>133M3 und üVmtt ^TIXM d. i. zwischen einem einzusperren- den Aussätzigen (der je nach sieben Tagen s. Lev. 13, 4 ff. vom Priester besichtigt wurde) und einem gänzlich Unreinen d. i. einem unheibar erklärten Aussätzigen.
und er brachte seine Hand in seinen Busen, und als er sie herauszog, siehe da war sie aussätzig wie Schnee.
Das war die Strafe für seine Verdächtigung. R. Josua von Sichnin sagte im Namen des R. Levi: Hieraus/ kannst du lernen: Wer seinen Nächsten ohne Grund verdächtigt (oder beschuldigt),, wird an seinem Leibe bestraft.
V. 7. Und er sprach: Bringe deine Hand wieder in deinen Busen.
Was sollte das für die Israeliten für ein Zeichen sein? Geh, sage ihnen: Wie der Aussätzige verunreinigt, so verunreinigen euch auch die Aegypter, und wie jener gereinigt werden kann, so wird auch Gott Israel einst wieder reinigen (von dem aegyptischen Un- flathe), wie es heisst: „Und siehe, seine Hand war aussätzig wie Schnee". Und bei seiner Heilung heisst es: „Und er zog sie aus seinem Busen und siehe, sie war wieder wie sein Fleisch".
Unsere Rabbinen haben gesagt: Moses Hand ist darum nicht eher aussätzig worden, als bis er sie aus seinem Busen zog, damit sein Körper nicht in einen üblen Ruf gerathe, aber die Genesung hatte sich schon in seinem Busen vollzogen. Oder es lässt sich daraus folgern, dass die über die Gerechten verhängten Strafen lange auf sich warten lassen, aber das Mass des Guten trifft bald ein.
V. 9. Und wenn sie auch diesen zwei Worten nicht glauben.
Warum hat Gott ihm drei Zeichen gethan? Gegenüber den drei Altvätern Abraham, Jizchak und Jacob.
so nimm von dem Wasser des Flusses.
Das sollte ihm ein Wink sein, dass er dadurch, dass er den Israe- liten einst sagen werde, dass Wasser solle zu Blut verwandelt werden, seine Strafe erleiden werde. So steht geschrieben Num. 20, 10: „Hört doch ihr Widerspenstigen"! Er schlug den Felsen und brachte Blut hervor, wie es heisst Ps. 78, 20: „Er schlug den Felsen und es flössen die Wasser". Unter I3in ist nichts anderes als Blut (m) zu verstehen vgl. Lev. 15, 19: „Eine Frau, die an Blutfluss leidet". Und deshalb schlug er den Felsen zweimal , weil er das erstemal nur Blut von sich gab und nachher beim zweiten Male erst Wasser. Bei den ersten beiden Zeichen findest du, dass alles wieder so wurde wie vorher, allein das Blut wurde nicht wieder, wie vorher, weil Gott
•) S. Mischna Megilla I, 7.
48 Par. III. Cap. IV, 10. II. 12.
dem Mose die Sünde beim Wasser nicht vergeben wollte. Und welche Bedeutung hatte das Zeichen für die Israeliten? Dass durch dasselbe (nämlich das Wasser) die Aegypter zuerst sollten bestraft werden.
V. 10. Und Mose sprach zum Ewigen: um Verzeihung mein Herr!
Mose sprach nämlich zu Gott: Du bist 'der Herr der Welt! willst du wirklich, dass ich der Sendbote sei,
siehe, ich bin kein Mann von Worten.
Die Weisen haben gesagt: Sieben Tage vorher hatte Gott dem Mose zugeredet, dass er mit seiner Botschaft gehen sollte, aber er wollte nicht eher gehen, als nach der Erscheinung im Dornbusche. So heisst es: 1) Ich bin kein Mann von Worten d. i. eins, 2) seit gestern d. s. zwei, 3) auch d. s. drei, 4) seit vorgestern d. s. vier, 5) auch d. s. fünf, 6) seitdem d. s. sechs, 7) dass du redest d. s. sieben*).
R. Pinchas der Priester sagte: Mose sprach: Ich bin kein Mann von Worten und ich sehe auch hier keine Worte (keinen Anlass zu reden) ; denn der Mensch, zu dem ich gehen soll, ist ein Sclave (beschränkt) und nimmt keine Zucht an, wie es heisst Prov. 29, 19: „Mit Worten wird der Knecht nicht gezogen", wenn ich ihn nicht unterwerfen kann, so gehe ich nicht.
V. 11. (Darauf) sprach der Ewige zu ihm: Wer hat dem Menschen den Mund gegeben? d. i. Gott sprach zu ihm: Wenn du auch nicht ein Mann von Worten bist, so mache dir nichts daraus. Habe ich nicht alle Munde in der Welt erschaffen? Ich mache stumm, wen ich will, taub, blind und offen zum Sehen und offen zum Hören, und wenn ich will, dass du ein Mann von Worten seist, so geschieht dies so wie so; allein, um dir ein Wunder zu thun, so will ich, dass zur Zeit, wo du redest, deine Worte einen Eindruck machen sollen, denn ich werde mit deinem Munde sein. So heisst es:
V. 12. Ich werde mit deinem Munde sein und will dich lehren. Was heisst ■JTT'ilrTl? R- Abuhu sagte: Ich werde meine Worte in deinen Mund schiessen (mi?:) wie einen Pfeil vergl. Ex. 19, 13: „Oder er soll erschossen werden (rTV !rv). R. Simon sagt: Ich werde aus dir ein neues Geschöpf machen vergl. Ex. 2, 2: „Das Weib wurde schwanger."**)
*) Die verschiedenen "Worte sind als die einzelnen Einwände Moses auf das göttliche Zureden in den sieben Tagen zu fassen.
**) Der Midr. erklärt das "Wort "pjVnffl entweder im Sinne von: ich lasse dich werfen, oder im Sinne von ;vi:n Schwangerschaft. Dann würde zu übersetzen sein: Ich will mit deinem Munde sein und dich schwanger machen.
Par. III. Cap. IV, 12. 13. 14.
V. 13. Und er sprach: Um Verzeihung mein Herr! schicke doch, wen du schicken willst.
R. Chija der Grosse sagte: Mose sprach nämlich vor Gott: Herr der Welt! wenn du die Kinder Abrahams erlösen willst, welcher dich als Herr aller deiner Geschöpfe erklärt hat, so schicke doch einen, der bei den Menschen beliebt ist, seines Bruders Sohn oder seinen Enkel. Als du Lot, Abraham Bruders Sohn retten wolltest, schick- test du Engel, ihn zu retten. Die Nachkommen Abrahams sind 60 Myriaden und zu deren Rettung willst du mich senden? Sende doch Engel, die du gewöhnlich zu deinen Boten machst.
Oder zu der Aegypterin Hagar schicktest du fünf Engel, sie zu retten und an die öo Myriaden Nachkommen der Sara willst du mich zu deren Rettung senden?
Die Rabbinen sagen: Solltest du etwa meinen, dass Mose sich geweigert habe, zu gehen? Keineswegs, er that es nur, um Aaron zu ehren (d. i. er that es nur aus Rücksicht für seinen Bruder Aaron); denn Mose dachte: Bevor ich noch erstanden war, das Licht der Welt erblickt hatte), hat mein Bruder Aaron in Aegypten schon 80 Jahre hindurch ihnen geweissagt, wie es heisst: „Ich gab mich ihnen im Lande Aegypten zu erkennen". Und woher lässt sich bewei- sen, das Aaron geweissagt hat? Aus 1. Sam. 2, 2J, 28: „Es kam ein Mann Gottes zu Eli und sprach zu ihm: So spricht der Ewige: Habe ich mich nicht deinem Vaterhause offenbart, als sie (die Is- raeliten) in Aegypten waren im Hause Pharaos; und ich habe ihn aus allen Stämmen Israels zu meinem Priester erkoren''. Mose dachte nämlich: Jetzt soll ich in das Gebiet meines Bruders dringen, dass er sich darüber grämt, darum wollte er nicht gehen.
V. 14. Da entbrannte der Zorn des Ewigen über Mose.
Worin zeigte sich der Brand des Zorns? Darin, dass dem Mose die Priesterwürde entzogen und sie dem Aaron gegeben wurde. Unsre Rabbinen sagten mit Bezug auf die Worte: „Ist nicht Aaron, dein Bruder, der Levite"? nachdem schon gesagt ist, „dein Bruder", weiss ich denn da nicht schon, dass er ein Levite war? Allein er hat ihm damit sagen wollen, du wärest würdig gewesen Priester zu sein und Aaron Levite, weil du dich aber meinem Worte widersetzest, sollst du nun Levite und er Priester sein.
Ich weiss, dass er reden kann. Weil du gesagt hast: „ich bin kein Mann von Worten", so wird er (für dich) reden und was deine Besorgniss betrifft, dass er sich grämen möchte, so ist diese Besorg- niss ganz ungegründet, im Gegentheil, er wird sich freuen, wie es heisst: „Und er wird sehen und sich freuen in seinem Herzen." Das Herz, das sich wegen der Grösse seines Bruders gefreut hat, sollte mit den Urim und Thummim bekleidet werden s. Ex. 28, 30: „Sie sollen auf dem Herzen Aarons sein." Und da du dich fürchtest, „alle diese Worte" auszurichten, „so werde ich mit deinem Munde sein, und er soll für dich zum Volke reden und er soll dein Mund sein'-
Wünsche, M'ulrasch Scher 4
5°
Tai. III. IV. Cap. IV, 14. 17. 18.
d. i. er soll dir zum Dollmetseher dienen, „und du sollst ihm ein Gott sein (d. i. du sollst ihm die Gedanken eingeben/'. Obgleich er dein älterer Bruder ist, so wird er dennoch Ehrfurcht vor dir haben. Daher haben auch die Alten gesagt: Die Ehrfurcht vor deinem Lehrer sei dir wie die Ehrfurcht vor dem Himmel (d. i. vor Gott); wie meine Ehrfurcht vor dir ist, so wird deine Ehrfurcht vor ihm sein.
V. 17. Und diesen Stab nimm in deine Hand.
Du hast gesagt: ,,Ich bin kein Mann von Worten" s. Prov. 29, 19: „Durch Worte wird der Knecht nicht gezogen". Welches Mittel wendet man gegen einen Knecht an? Man züchtigt ihn mit dem Stock. Nimm daher den Stock in deine Hand, dass du ihn damit züchtigst, wie es hier heisst: „Und diesen Stab nimm in deine Hand", dass du damit die Zeichen ausführst.
Parascha IV.
Cap. IV, V. iS. Und Mose ging und kehrte zu seinem Schwiegervater Jethro zurück.
Das sagt auch der Sänger Ps. 24, 4: „Wer reiner Hände und lauteren Herzens ist". Wer kann den Berg des Ewigen besteigen? Derjenige, welcher die angegebenen Eigenschaften besitzt wie Mose. Er hatte reine Hände, wie er Num. 16, 15 selbst sagt: „Ich habe nicht einen Esel von ihnen genommen", denn wenn er das gethan hätte, so wäre er doch nichts anders als ein Räuber gewesen. Allein Mose sprach so: Auf allen den Zügen, die wir in der Wüste machten, habe ich nicht zu einem einzigen gesagt, dass er etwas von dem meinigen genommen und es auf seinen Esel geladen habe. Unter niS"1^': Nehmen ist nichts anders als no*73S beladen zu verstehen vergl. Gen. 44, 13: „Es lud jeder auf seinen Esel". „Und lauteren Herzens" d. i. Mose, welcher nicht eher die göttliche Sendung über- nahm, als bis er sich seiner Obliegenheiten klar bewusst war, wie es heisst: „Wenn sie zu mir sprechen: welches ist sein Name?" „Wer nicht sein Leben an Eitles hängt" d. i. das Leben des Aegyp- ters, den er nicht eher erschlug, als bis er die Sache erörtert und gefunden hatte, dass der Aegypter den Tod verschuldet habe. „Und nicht zum Truge schwört" d. i. Mose, als er zu Jethro ging und ihm eidlich die Versicherung gab, dass er ohne seine Zustimmung nicht fortgehen werde. Als er nun die Sendung Gottes übernommen hatte, ging er erst zu Jethro und löste seinen Schwur, wie es heisst: „Er kehrte um zu Jethro, seinem Schwiegervater".
Oder: „Da ging Mose hin." In Verbindung mit Prov. 17. 17: „Zu jeder Zeit ein liebender Freund, und es ist dir ein Bruder für die Noth geboren". „Zu jeder Zeit ein liebender Freund" d. i. Jethro. als er Mose auf seiner Flucht vor Pharao aufnahm. Hieraus kannst du folgern: Wer sich vornimmt, ein gutes Werk zu thun, da wird dasselbe nicht von seinem Hause weichen. Weil Jethro den Erlöser auf seiner
Par. IV. Cap. IV, iS. 51
Flucht vor seinem Feinde in sein Haus aufnahm, erstand auch aus seinem Hause die, welche den Feind auf seiner Flucht vor dem Er- löser aufnahm und erschlug. Wer war der Feind? Das war Sissera s Jud. 4, 17: „Sissera floh zu Fuss in das Zelt Jaels, „des Weibes Chebers, des Keniters". Und es heisst das. 1, 16: „Und die Söhne des Keniters, des Schwiegervaters Moses". Darum heisst es: „und es ist dir ein Bruder in der Noth geboren". Weil Jethro den Mose liebte und ihm ein Freund war, so wurden auch seine Nachkommen Brüder für die Israeliten zur Zeit ihrer Noth, dass nämlich Jael •den Sissera erlegte. Und als Gott zur Mose sprach: „Und nun gehe hin, ich will dich zu Pharao senden", da wandte dieser ihm ein: Herr der Welt! ich kann nicht, weil Jethro mich aufgenommen und mir sein Haus geöffnet hat und ich bei ihm wie ein Sohn bin. Und wer seine Thür seinem Nächsten öffnet, der schuldet ihm auch sein Leben. So findest du auch bei Elia, als er zu der Wittwe von Zarpath ging, deren Sohn gestorben war. Da fing er an zu beten und sprach s. 1. Reg. 17, 20: „Willst du denn auch der Wittwe, bei der ich mich aufhalte, dieses Unglück zuschicken, ihren Sohn zu tödten?" Und was folgt darauf? V. 22: „Und der Ewige hörte auf die Stimme des Elia und das Leben des Kindes kehrte zurück". Und nicht nur das, sondern jeder, welcher seinem Nächsten seine Thür öffnet, ist sogar verpflichtet, ihm noch mehr Ehre zu erweisen, als seinem Vater und seiner Mutter. Du findest, als Elia dem Elisa entrissen wurde und dieser würdig war, zwiefältig seinen Geist zu erlangen vergl. 1 Reg. 22, 11: „Lass zwiefältig deinen Geist auf mich kommen", da sollte er zu seinem Vater und zu seiner Mutter gehen, um sie zu beleben, wie er den Sohn seiner Wirthin belebt hatte. Und so hätte auch Elia seine Eltern beleben müssen, wie er den Sohn der Wittwe von Zarpath belebt hatte, allein er gab für seine Wirthin sein Leben hin. Darum sprach auch Mose vor Gott: Jethro hat mich aufgenommen und mir Ehre erwiesen, so kann ich nicht anders als mit seiner Erlaubniss fortgehen, darum heisst es: „Und Mose ging und kehrte zu Jethro, seinem Schwiegervater, zurück". Oder: „Und Mose ging". In Verbindung mit Hi. 2$, 13: „Nicht auf eins giebt ej ihm Antwort". Diesen Satz hat R. Pin- chas so ausgelegt: Weil Gott der Einzige in der Welt ist und der Einzige Richter aller Weltbewohner ist, so kann ihm keiner auf seine Worte antworten (wie in Midrasch Schir haschirim rabba geschrieben steht). Unsere Rabbinen haben diese Erklärung gege- ben: Derjenige, welcher über die Menschen beschliesst, kann sich nicht widersprechen. Bileam wollte die Israeliten verfluchen und wider seinen Willen hat er sie gesegnet, wie es heisst Num. 2$, 8: „Wie soll ich verwünschen, den Gott nicht verwünscht". Jona wollte nicht dem Auftrage Gottes folgen, wie es heisst Jona 1, 3: „Er ging hinab nach Joppe und fand ein Schiff und segelte nach Tar- schisch" und er musste doch wider seinen Willen gehen, wie es heisst das: 3, 3: „Jona erhob sich und ging nach Ninive". Wie
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52 Par. IV. V. Cap. IV, iS. 2;.
viele Mal wollte Jeremja nicht prophezeihen und er musste wider seinen Willen doch prophezeien, wie es heisst Jerem. 1, 7: „Sprich nicht, ich bin ein Jüngling, sondern zu wem ich dich sende, da gehe hin". Wie sehr weigerte sich nicht Mose im Auftrage Gottes zu gehen, wie es heisst: „Schicke doch, wen du schicken willst", und zuletzt ging er doch wider seinen Willen, wie es heisst: „Mose ging und kehrte zu Jethro, seinem Schwiegervatem, zurück".
Oder: „Moses ging". Das brauchte nicht zu stehen, sondern nur: „Mose kehrte zurück zu Jethro". Allein unsere Rabbinen haben gesagt: Er ging erst im Auftrage Gottes zu Pharao und dann erst kehrte er zu seinem Schwiegervater Jethro zurück; denn so hatte Gott ihm gesagt: Wenn Jethro des Schwures gegen dich erwähnen sollte, so sprich zu ihm: der Herr des Schwures hat mir mein Gelübde gelöst. Darum also heisst es: „Mose ging", und hernach heisst es: „und er kehrte zu Jethro, seinem Schwiegervater, zurück". Der Sohn des grossen R. Chija sagte: Mose ging nicht eher zu Pharao, als bis Jethro ihn von seinem Gelübde entbunden hatte. Wenn du aber sagen solltest: Warum heisst es: „Und Mose ging?" wohin ging er? (so antworte:) Er ging, um sein Weib und seine Kinder zu holen. Da fragte ihn Jethro: Wohin führst du sie? Nach Aegypten, war seine Antwort. Jethro fuhr fort: Die dort sind, möchten gern herausziehen, und du führst noch hinzu? Mose sprach: Jene werden einst aus dem Lande ziehen und am Berge Sinai stehen, um aus Gottes Munde zu hören: „Ich bin der Ewige dein Gott". Sollen meine Kinder nicht ebenso wie die andern Israe- liten diese Worte vernehmen? Darauf sprach Jethro zu Mose: „Ziehe in Frieden" d. i. komme in Frieden hinein und in Frieden wieder heraus.
Parascha V.
Cap. IV, V. 2J. „Und der Ewige sprach zu Aaron: Gehe dem Mose entgegen in die Wüste. Das steht auch geschrieben Cant. 8, 1: „Wer giebt dich mir als Bruder". Von welchem Bruder spricht wohl hier die Schrift? Solltest du sagen: von einem wie Kain, so heisst es Gen. 4, 8: „Und Kain erhob sich wider seinen Bruder Abel und erschlug ihn?" Oder solltest du sagen: von einem wie Ismael gegen Jizchak? lsmael hasste doch den Jizchak. Oder solltest du sagen: von einem wie Esau gegen Jacob? Es heisst doch das. 27, 41 : „Und Esau feindete den Jacob wegen des Segens an". Oder solltest du sagen : von solchen wie die Brüder gegen Joseph? Von ihnen heisst es doch das. 37, 4: „Sie hassten ihn", und das.: „Es beneideten ihn seine Brüder". Nein (es sind solche Brüder ge- meint), wie Joseph gegen Benjamin, von dem es heisst Cant. 8, 1: „Der meiner Mutter Brust gesogen", und wie Mose gegen Aaron, von dem gesagt wird: „Er begegnete ihm am Berge Gottes und küsste ihn". Unsere Rabbinen haben gesagt: Alle Küsse sind unanständig, aus-
Par. V. Cap. IV, 27. 18. 19. 53
genommen drei, der Kuss der Grösse (Würde) s. 1 Sam. 10, 1: „Samuel nahm den Oelkrug" u. s. w.; der Kuss des Abschiedes s. Ruth 1, 14: „Arpa küsste ihre Schwiegermutter", und der Kuss des Wiedersehens s. hier: „Und er ging und begegnete ihm am Berge Gottes und küsste ihn". Manche zählen noch den Kuss der Ver- wandtschaft hinzu, an dem nichts Unanständiges ist s. Gen. 29, 11: „Jacob küsste die Rachel", denn sie war seine Verwandte. R. Pin- chas erzählte folgenden Vorfall. Es war einmal ein Bruder und seine Schwester, von welchen der eine Theil in Chusch Chalab und der andere Theil in Beth Maron wohnte, da ereignete sich der Fall, dass Feuer in einem Hause von Chusch Chalab ausbrach, da kam seine Schwester von Beth Maron, stürzte auf ihn zu, herzte und küsste ihn mit den Worten: Ich komme selten zu dir, allein ich fürchtete, mein Bruder könnte in Gefahr sein und ich wollte ihn retten. Hier lässt sich anwenden Cant. 8, 2: „Fand ich » dich draussen, ich küsste dich". Was heisst das: „draussen?" Antwort: In der Wüste, an dem Orte, wo sich die Brüder Mose und Aaron geküsst haben.
R. Chama sagte: Im zwölften Jahre wurde unser Lehrer Mose von seinem Vaterhause entfernt. Warum? Denn wäre er in seinem Vaterhause aufgewachsen und dann gekommen, den Israeliten die Vorgänge zu erzählen, so würden sie ihm keinen Glauben ge- schenkt haben, denn sie hätten gesagt, sein Vater hat es ihm mit- getheilt, weil Joseph es an Levi, Levi an Kehat, Kehat an Amram überliefert hatte. Darum also wurde er seinem Vaterhause entrückt. Als er den Israeliten nun alle diese Begebenheiten bekannt machte, schenkten sie ihm Glauben, wie es heisst V. 31: „Und das Volk glaubte".
V. iS. Und sprach zu ihm: Ich will gehen und um- kehren. Und Jethro sprach zu Mose: Ziehe hin in Frieden. Du findest, dass jeder, von dem es heisst: Geh zum Frieden (oiblöb)! zurückgekehrt ist, dagegen jeder, von dem es heisst: Gehe mit Frieden (cibirn)! nicht wieder zurückgekehrt ist. Jethro sagte zu Mose: Gehe zum Frieden! und er kam wieder.
V. ig. Und der Ewige sprach zu Mose in Midian: Gehe, kehre zurück nach Aegypten!
R. Jochanan sagte: Die Thora will dir hiermit eine Ver- haltungsregel geben: Wer in Gegenwart seines Nächsten einen Schwur thut, soll ihn auch nur in seiner Gegenwart lösen, damit er nicht in Verdacht komme, falsch geschworen zu haben. So findest du auch, dass Mose dem Jethro schwur, und dann ging er nach Midian, und er hat seinen Schwur auch in seiner Gegenwart gelöst, wie es heisst: ,,Und der Ewige sprach zu Mose in Midian". Gott sprach nämlich zu ihm: Du hast in Midian einen Schwur ge- than und ihn auch daselbst gelöst.
Denn es sind alle die Männer gestorben u. s. w.
54
Par. V. Cap. IV, 19. 20. 21. 22. 23.
Sie sind gestorben? Waren nicht jene Männer Dathan und Abi- ram? Sie waren doch noch bei Korachs Aufstande (Empörung) am Leben? Allein unter in« sie sind gestorben, ist nichts anderes zu verstehen, als sie sind verarmt (heruntergekommen). Vier sind den Todten gleich geachtet: Der Blinde, der Aussätzige, der Arme und der Kinderlose. (S. Aboda sara fol. 5, wo zu allen diesen Beweise aus der Schrift erbracht werden.)
V. 20. Und Mose nahm sein Weib und seine Kinder.
Warum führte er sie nach Aegypten? Damit sie von den Israeliten die Thora empfangen sollten.
Und er setzte sie auf den Esel.
Das ist eine von den 18 Stellen, an welchen die Weisen für den König Ptolomäus eine Aenderung sich erlaubt haben.
und Mose nahm den Stab Gottes in seine Hand. Er that nämlich, wie 'ihm Gott geheissen hatte: „Und diesen Stab nimm in deine Hand".
V. 21. Und der Ewige sprach zu Mose: Wenn du gehst u. s. w.
Welches Wunder ist darunter zu verstehen? Etwa das mit der Schlange, mit dem Aussatze, mit dem Blute? Sollte er diese nicht nach Gottes Willen nur vor den Israeliten ausführen? Und sodann finden wir gar nicht, dass Mose diese Zeichen vor Pharao verrichtet hat. Was bedeutet somit: „Alle diese Wunderzeichen, welche ich in deine Hand gegeben habe"? Antwort: Es ist der Stab, auf dem die zehn Plagen aufgezeichnet waren und zwar immer mit dem Notarikon (Anfangsbuchstaben): an"N3 'Z~v Y'xt.*) Gott spracb nämlich zu ihm: Die Plagen, die ich in deine Hand gegeben habe, bewerkstellige vor Pharao durch diesen Stab.
und ich werde sein Herz hart werden lassen, um das Strafgericht an ihnen zu vollziehen.
V. 22. Und du sollst zu Pharao sprechen: So spricht der Ewige: Israel ist mein erstgeborner Sohn.
Pliermit offenbarte ihm Gott, dass Pharao die Israeliten nicht eher als bis nach dem Sterben der Erstgebornen werde ziehen lassen. Und darum brauchte die Schrift sie nicht am Ende bekannt zu machen (ausführlich anzugeben). Was heisst aber: „Israel ist mein erstgeborner Sohn"? Das geht auf ihren Vater Jacob, welcher sich das Erstgeburtsrecht erkauft hatte, um ein Verehrer Gottes sein zu können.
V. 23. Und sprich zu ihm: Lasse meinen Sohn ziehen, dass er mir diene.
*) t — an Blut, s = s^ex, r =
Par. V. Cap. IV, 23. 24. 25. 26. 27. 55
Er sprach nämlich zu ihm: Wenn du meinen erstgebornen Sohn von mir zurückhältst, um mir zu dienen, so werde ich auch deinen Erstgebornen von dir zurückhalten, um dir zu dienen, denn ich werde alle Erstgebornen erschlagen.
V. 24. Und er war auf dem Wege in der Herberge.
Du kannst hier sehen, wie werth ihm die Beschneidung war*), dass er sie nicht eine Stunde aufschob, und weil er, obschon er unterwegs und in der Herberge beschäftigt war , sich träge erwies (zögerte), seinen Sohn Elieser zu beschneiden, „da kam der Ewige über ihn und wollte ihn tödten". Obgleich ein Engel der Barmherzig- keit sich für ihn verwandte, so wollte Gott ihn doch tödten.
V. 25. Und Zippora nahm einen scharfen Stein.
Woher wusste Zippora, dass Alose wegen der unterlassenen Beschneidung in Lebensgefahr gerathen war? Weil ein Engel ge- kommen war und den Mose vom Kopf bis zum Orte cfer Be- schneidung (den Geschlechtstheilen) verschlungen hatte, erkannte sie sogleich, dass er wegen des Geschäfts der Beschneidung zu Schaden gekommen sei, und sie erkannte, wie gross die Kraft der Beschnei- dung sei, dass er ihn nicht weiter als bis dahin verschlingen konnte, und sofort
beschnitt sie die Vorhaut ihres Sohnes und legte sie zu seinen Füssen mit den Worten: Du bist mir ein Blut- bräutigam". Sie sprach nämlich: Du sollst mein Bräutigam sein, du bist im Verdienst des Blutes der Beschneidung gegeben worden; denn siehe, ich habe die Vorschrift gehalten.
V. 26. Darauf Hess er (der Engel) von ihm ab und sie sprach Blutbräutigam der Beschneidung halber. Sie sprach nämlich: Wie gross ist die Kraft der Beschneidung! denn mein Bräutigam wäre bald dem Tode verfallen, weil er sich lässig in der Vollziehung der Beschneidung gezeigt , wenn sie ihn nicht ge- rettet hätte.
V. 27. Und der Ewige sprach zu Aaron: Gehe Mose entgegen in die Wüste.
Das steht auch geschrieben Hi. 37, 5: „Gott donnert mit seiner Stimme Wunder." Was heisst DrV? Als Gott das Gesetz auf dem Sinai gab, liess er die Israeliten durch seine Stimme Wunder über Wunder sehen. Wie so? Als Gott sprach, erscholl eine Stimme, verbreitete sich in der ganzen Welt, die Israeliten hörten sie, sie kam zu ihnen von der Mittagsgegend, und sie liefen ihr dahin nach, um sie zu empfangen, von da wandte sie sich nach Mitternacht und sie liefen ihr dahin nach, von da wandte sie sich nach Morgen, und sie liefen ihr dahin nach, von da wandte sie sich nach der Abendseite, und sie liefen ihr dahin nach, von da wandte sie sich nach dem Himmel, und sie richteten ihre Augen dahin. dann wandte sie sich zur Erde und sie blickten auch dahin, wie < s
*) S. Xedarim fol. 3 1 lv u. Jeruscli. Nedarim II r.
c6 Par. V. Cap. VI, 27.
heisst Deut. 4, 36: „Vom Himmel herab hat er dich seine Stimme vernehmen lassen, um dich zu züchtigen". Da sprachen die Israe- liten zu einander mit Hiob 28, *I2: „Und die Weisheit, wo findest du sie? d. i. die Israeliten sprachen: Woher kommt Gott (die gött- liche Erscheinung), vom Morgen oder vom Mittag? wie es heisst Deut. 32, 2: „Der Ewige kam vom Sinai und ging ihnen auf von Se'ir", und es heisst Hab. 3, 3: „Gott kommt von Theman." Es heisst Ex. 20, 18: „Das ganze Volk sah die Stimmen (mbipn)". Es heisst nicht biprr die Stimme, sondern mbipn die Stimmen. R. Jochanan sagte: Die Stimme ging aus und theilte sich in 70 Stimmen nach den 70 Sprachen, damit alle Nationen sie vernehmen sollten, jede Nation hörte die Stimme in der Sprache ihrer Nation und sie waren entseelt (eig. ihre Seelen waren ausgegangen); aber die Israeliten hörten sie und erlitten keinen Schaden. Wie ging denn eigentlich die Stimme aus? R. Tanchuma sagte: Zweigesichtig (dvo TtQÖotüTtov d. i. auf zwei verschiedene Arten), die Nationen, weil sie das Gesetz nicht angenommen, tödtend, den Israeliten aber, die es angenommen, Leben gebend. Das hat Mose nach Verlauf von 40 Jahren gesagt Deut. 5, 26: „Was ist alles Fleisch, dass es die Stimme des lebendigen Gottes höre, redend aus dem Feuer" u. s. w. Du hast sie gehört und bist am Leben geblieben, die Völker der Welt haben sie gehört und sie sind gestorben. Komm und sieh, wie die Stimme jedem Israeliten nach seinem Ver- mögen sich mitgetheilt hat, den Alten nach ihrer Kraft, den Jüng- lingen nach ihrer Kraft, den Kleinen nach ihrer Kraft, den Säug- lingen nach ihrer Kraft, den Frauen nach ihrer Kraft, und auch Mose nach seiner Kraft, wie es heisst Ex. 19, 19: „Mose redete und und Gott antwortete ihm mit der Stimme" d. i. mit der Stimme, die er ertragen konnte vergl. auch Ps. 29, 4: „Stimme des Ewigen in Kraft". Es heisst nicht irroai mit seiner Kraft, sondern r.zz mit der Kraft eines jeden, selbst den schwangeren Weibern nach ihrer Kraft. Das wollen die Worte sagen: Sie sprach mit jedem nach seiner Kraft. Wenn du dich aber wundern solltest, sagte R. Jose bar R. Chanina, so kannst du es vom Manna lernen, wel- ches auch nach der Kraft eines jeden Israeliten herabkam. Die jungen Leute assen es wie Brot s. Ex. 16, 4: „Siehe, ich werde euch Brot vom Himmel regnen lassen", die Alten, (die schon nicht gut etwas Hartes essen können) wie Honigkuchen s. das. V. 31: „Und sein Geschmack wie Kuchen mit Honig", die Säuglinge wie Milch von den Brüsten der Mutter s. Deut. 11, 8: „Und sein Ge- schmack war wie der Geschmack von Oelkuchen", und die Kran- ken wie feines Mehl mit Honig vermischt s. Ezech. 16, 19: „Mein Brot, was ich dir gegeben habe, Semmel und Oel und Honig, womit ich dich gespeist", für die Heiden aber hatte es einen bittern und herben Geschmack s. Num. 11. 7: ..Das Manna war wie Coriander- samen". Wenn nun schon das Manna, sagte R. Jose bar R. Cha- nina ferner, was doch nur eine Art war in so vielerlei Arten, ver-
Par. V. Cap. IV, 27. ' 57
wandelt wurde, um dem Bedürfnisse eines jeden einzelnen zu ent- sprechen, um wie viel mehr, dass sich die Kraft der Stimme nach jedem einzelnen geändert hat, um keinen Schaden anzurichten! Und woher lässt sich beweisen, dass die Stimme in viele Stimmen sich theilte, um keinen Schaden anzurichten? Weil es heisst: „Das ganze Volk sah die Stimmen*'. Das wollen die Worte Hi. 37, 5 sagen: „Gott donnert mit seiner Stimme Wunder". Oder der Sinn dieser Stelle ist dieser. R. Levi sagte: Drei Stimmen ver- breiten sich von einem Ende der Welt bis zum andern und die Menschen hören nichts davon: Der Tag, der Regen und die Seele, wenn sie den Leib verlässt. Der Tag, sagte R. Juda bar R. Hai, das ist der Stern, welcher am Himmel befestigt ist (schwebt) wie der Nagel im Holz, der Regen s. Ps. 42, 8: „Ein Abgrund ruft dem andern zu bei der Stimme deiner Wasserfälle". Wie so? Es giebt Bäume, deren Wurzeln 20, 30 bis 50 Ellen tief in die Erde gehen, es giebt aber auch Bäume, die nur drei Fäuste tief eindringen. Und wenn der Regen von oben nur die drei Fäuste tief wurzelnden Bäume tränken würde, so würden die Bäume, die 50 Ellen tief in der Erde wurzeln, absterben, und wenn er wieder die 50 Ellen tief wurzelnden Bäume tränken würde, so würden die, welche nur drei Fäuste tief in der Erde stecken, hinweggerissen werden. Das will nun hier der Sänger sagen: Die obere Tiefe ruft der unteren zu: Steige herauf und ich komme herab, und die untere antwortet: Komm herab und ich steige herauf, bis die obere herabsteigt und die Bäume tränkt, die drei Fäuste tief in der Erde stecken, und die untere heraufsteigt und die Bäume tränkt, welche 50 Ellen tief in der Erde wurzeln. Komm und sieh, welcher Unterschied zwischen diesen und jenen ist, wie diese jenen zurufen und die Menschen- kinder zwischen ihnen merken nichts. Das hat nun Hiob mit jenen Worten gesagt: „Er donnert mit seiner Stimme Wunder". Und bei der Seele, wenn sie den Leib verlässt, hören die Menschen nichts, die bei jenem (Leibe) sitzen. Das wollen die Worte sagen: „Er donnert mit seiner Stimme Wunder".
R. Rüben sagte: Als Gott zu Mose in Midian sprach: „Auf! kehre zurück nach Aegypten", da theilte sich das Wort in zwei Stim- men und es«%wurde zweigesichtig, und Mose hörte in Midian: Auf! kehre zurück nach Aegypten, und Aaron hörte: Gehe Mose ent- gegen nach der Wüste! Das wollen die Worte sagen: „Gott donnert mit seiner Stimme Wunder".
„Und er ging und begegnete ihm", wie es heisst Ps. 85, 11: „Liebe und Wahrheit begegnen sich, Gerechtigkeit und Friede küssen sich". „Liebe" d. i. Aaron vergl. Deut. 33, 8: „Zu Levi sprach er: Deine Thummim und Urim trägt dein Frommer, den du versuchtest bei Ma«sa"; „Wahrheit" d. i. Mose, von dem es heisst Num. 12, 7: „Nicht so ist mein Knecht Mose". Das wollen die Worte sagen: „Liebe und Wahrheit begegnen sich", wie es heisst: „Und er ging und begegnete ihm am Berge Gottes". „Gerechtig-
58 Par. V. Cap. IV, 27. 28.
keit" d. i. Mose, wie es heisst Deut. 33, 21: „Gerechtigkeit des Ewigen hat er geübt", und „Friede" d. i. Aaron s. Mal. 2, 6: „In Frieden und Gradheit wandelte er mit mir". Beide küsslen sich hier, wie es heisst: „er küsste ihn". Unsere Rabbinen haben ge- sagt: Alle Küsse sind unanständig ausser drei (s. oben).
„Und er küsste ihn". Was heisst das? Dieser freute sich über die Grösse (Würde) von jenem und jener freute sich über die Grösse von diesem. Oder: „Und er küsste ihn" d. i. er nahm die Priester- und Levitenwürde; dieser (Aaron) empfing die Priesterwürde und gab das Levitenthum ab, und jener (Mose) erhielt das Levitenthum und gab dafür die Priesterwürde ab. Oder: „Und er küsste ihn". Gleich einem Goldschmiede, sagte R. Samuel bar Nachman, dem eine Münze gebracht wurde, er sah sie und fand, dass sie inwendig von Kupfer und nur auswendig von Gold war. Nach einiger Zeit wurde ihm eine ganz goldene Münze gebracht. Die erste Münze, sagte er, war irden und nur mit Gold überzogen, diese dagegen ist ganz von Gold. So war auch der Kuss, welchen Esau dem Jacob gab, Schlacke s. Prov. 26, 23: „Schlackensilber über ein irdenes Gefäss gezogen". Und was war das Ende? Liebeglühende Lippen und ein böses Herz. Denn er hatte ihn nur geküsst ("rpTÖSb . um ihn zu beissen (izui:b). Aber der Kuss des Aaron und Mose war aufrichtig (eig. war ein Kuss der Wahrheit). Auf sie lässt sich sagen: „Liebe und Treue begegnen sich". R. Jehuda bar R. Simon sagte: „Liebe" geht auf Aaron und Treue auf Mose. R. Asarja aber sagte: „Liebe" geht auf Mose, denn er hat Liebe an Joseph geübt,*) und „Wahrheit" geht auf Aaron, von dem es heisst Mal. 2, 6: „Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Munde". Das also wollen die Worte sagen: „Liebe und Wahrheit begegnen sich" d. i. Mose und Aaron.
„Und er küste ihn". Da wissen wir nicht, wem Gott Ehre ertheilte, ob Aaron oder Mose. Manche sagen: dem Aaron, welcher in Aegypten war und den Israeliten weissagte, dass Gott sie einst erlösen werde, damit Mose komme und die Worte Aarons bezeuge, und die Israeliten dann sprechen^ Aaron hat Wahrheit prophezeit. Andere sagen: Die Ehre galt dem Mose, damit er komme und Glauben an seine Worte bei den Israeliten finde.
V. 28. Und Mose berichtete dem Aaron alle Worte des Ewigen d. i. Mose fing an, alle die Worte und Zeichen zu verrichten, die er vor dem Volke zu verrichten beauftragt war; so- wie Gott ihm gesagt hatte, so that er, wie es heisst Ex. 3, 15: „Zu ihm sollst du sprechen und diese Worte in seinen Mund legen."
„Und Mose und Aaron gingen und versammelten" u. s. w. R. Akiba sagte: Warum werden die Israeliten mit einem Vogel verglichen? Weil sie, wie dieser nur mit den Flügeln fliegen
") Indem er seine Gebeine beim Auszug aus Aegypten mitnahm.
Par. V. Cap. IV, 28. 3. 31. 59
kann, sie nur durch die Alten bestehen können. Das Alter hat einen grossen Werth, wenn die Alten vor Gott beliebt sind und die Jungen sich ihnen anschliessen. R. Simeon ben Jochai hat gelehrt: An vielen Stellen können wir lernen, dass Gott den Alten Ehre er- wiesen hat; beim Dornbusche heisst es Ex. 3, 16: „Geh und ver- sammle die Aeltesten Israels"; beim Sinai heisst es das. 24, 1: „Zu Mose sprach er: Gehe hinauf zum Ewigen"; beim Stiftszelte heisst es Lev. 8, 1: „Mose rief den Aaron und seine Söhne"; und einst wird es auch wieder so sein, wie es heisst Jes. 24, 23: „Denn der Ewige Gott thront auf dem Berge Zion und in Jerusalem und wird verherrlicht in der Gegenwart seiner Alten". R. Abin sagte: Einst wird Gott die Aeltesten Israels wie eine Tenne gruppiren, er wird an der Spitze von ihnen allen sitzen wie der Gerichtspräsident und den Völkern Recht sprechen, wie es heisst das. 3, 14: „Der Ewige kommt mit den Aeltesten seines Volkes in;s Gericht und »seinen Obersten". Es heisst nicht iTiy "'Spt b", sondern "2" -:~~ t*9 d. i. er sitzt bei ihnen und richtet die Volker. Und was spricht er zu ihnen? Ihr habt den Weinberg, nämlich Israel verheert s. das. 5, 7: „Der Ewige Zebaoth hat einen Weinberg", nämlich das Haus Israel. Es ist Geraubtes des Armen in euren Häusern, wie es heisst das, 14, 2>2'- .»Der Ewige gründet Zion und in ihr finden die Elenden seines Volkes Schutz". So pflegen auch die Könige wie in einer halbrunden Tenne zu sitzen s. 2. Chron. 18, 9: „Und der König von Israel und Josaphat, der König von Juda, sassen ein jeder auf seinem Throne in prächtigen Kleidern und sie sassen auf der Tenne". Sie werden doch wohl nicht auf der Tenne gesessen haben? Nein, der Sitz des Synedriums hatte, wie gelehrt worden ist,*) die Form einer halbrunden Tenne, damit die Richter einander sehen konnten, und die zwei Gerichtsschreiber sassen vor ihnen u. s. w. Ich habe ihn mit ihnen sitzen sehen, sagte Salomo, und er versah unter ihnen das Richteramt, wie es heisst Prov. 31, 2^: „Ihr Mann ist bekannt in den Thoren, wenn er sitzet mit den Aeltesten des Landes".
V. 3. „Und Aaron redete alle diese Worte". Er that so, wie Gott gesprochen c. 4, 16: „Und er soll für dich zum Volke reden."
und er that die Zeichen vor den Augen des Volkes, wie bereits oben gesagt worden ist.
V. 31. Und das Volk glaubte. Sie thaten ganz so wie Gott gesagt hatte: „Sie werden auf deine Stimme hören". Nun könnte man denken, dass sie nicht eher geglaubt hätten, als bis sie die Wunderzeichen gesehen? Nein, sie glaubten, wie es heisst: „Als sie hörten, dass der Ewige die Kinder Israels heimsuchen wolle". Auf Grund dieser Nachricht glaubten sie, nicht deshalb, weil sie die Wunderzeichen gesehen. Und weshalb glaubten sie? Wegen des
*) S. Sanhedr. fol. 36 b.
6o Par. V. Cap. IV, 31; V, 1.
Zeichens der Heimsuchung, (nvpsn, dass nämlich Gott das Wort ~~2 gebraucht), welches er ihnen verkündet hatte. Denn es befand sich in ihrer Hand eine Ueberlieferung von Jacob. — Dieser hatte das Geheimniss dem Joseph und dieser seinen Brüdern und Ascher, der Sohn Jacobs hatte es Serachs Tochter mitgetheilt, die noch lebte, und darin hiess es: Jeder Erlöser, der kommen und zu meinen Kindern sprechen wird: "n"lps YlpS ich habe euch bedacht, ist ein wahrer Erlöser. Als nun Mose mit diesen Worten vor sie hintrat, glaubte das Volk sogleich an ihn. Weshalb glaubten sie? Weil sie das Wort nvps gehört hatten. So heisst es:
„das der Ewige die Kinder Israels bedenke und dass er ihr Elend sehe und sie verneigten sich und beteten an'*. Das Wort lnp^T steht wegen der trostreichen Botschaft, und das nnnüV steht deshalb, weil er ihr Elend gesehen.
Cap. V, 1. Und darnach kamen Mose und Aaron.
Wohin waren denn die Aeltesten gegangen, dass er sie hier nicht mit ihnen zählt, da doch bereits Gott ihm gesagt hatte: Du wirst kommen und die Aeltesten Israels? Unsere Rabbinen haben gesagt: Die Aeltesten waren mit ihnen fortgegangen und sie hatten sich fortgestohlen und entzogen einer nach dem andern (eig. immer einer und zwei nacheinander). Als sie an das Schloss Pharaos kamen, war keiner mehr von ihnen vorhanden; sie waren ihres Weges ge- gangen. So heisst es: „Und darnach kamen Mose und Aaron", denn die Aeltesten waren ihres Wegs gegangen. Gott sprach zu ihnen: Weil ihr so gethan habt, bei eurem Leben! ich werde es euch vergelten. Wann? In der Stunde, da Mose und Aaron mit den Aeltesten an den Berg Sinai kamen, um das Gesetz zu empfan- gen, wies Gott sie zurück, wie es heisst Ex. 24, 14: „Zu den Ael- testen sprach er: bleibet hier, bis dass wir zu euch zurückkehren".
Sie sprachen zu Pharao: So spricht der Ewige, der Gott Israels: Lass' mein Volk ziehen, dass es mir ein Fest in der Wüste feire.
Es war dieser Tag, sagte R. Chija bar Abba, ein Ehrentag Pharaos, an welchem alle Könige kamen, um ihn zu ehren, und sie brachten ihm Reihen von Kronen und sie krönten ihn und er- hoben ihn an diesem Tage zum Weltherrscher und brachten ihre Götter mit sich. Als sie ihn gekrönt hatten, standen Mose und Aaron an der Thür des Palastes Pharaos, seine Diener gingen hin- ein und meldeten: Es stehen zwei Alte an der Thür. Der König sprach zu ihnen: Sie sollen eintreten. Als sie eintraten, betrachtete er sie, ob sie ihm vielleicht auch Kronen brächten oder ihm Ur- kunden vorlegen würden. Allein da sie ihn nicht einmal grüssten, so fragte er sie: Wer seid ihr? Wir sind, antworteten sie, die Abgesandten Gottes. Was wollt ihr? Sie erwiederten: „So spricht der Ewige: Lass mein Volk ziehen" u. s.w. Da gerieth der König in Zorn und sprach: V. 2. Wer ist der Ewige, dessen Stimme
Par. V. Cap. V, 2. 61
ich gehorchen soll, die Israeliten ziehen zu lassen? Er hat nicht daran gedacht, mir eine Krone zu senden, sondern ihr kommt zu mir nur mit Worten.
Ich kenne den Ewigen nicht und lasse auch die Israe- liten nicht ziehen.
Er sprach nämlich zu ihnen: Wartet so lange, bis ich in mei- nem Buche nachgesucht habe. Er ging sofort in das Haus seines Palastes und schaute sich unter jeder Nation und ihren Göttern um. Da fing er an zu lesen: Die Götter Moabs, die Götter Ammons, die Götter Zidons. Nun sprach er zu Mose und Aaron: Ich habe seinen Namen in meiner Schatzkammer gesucht und ihn nicht ge- funden. Gleich einem Priester, sagte R. Levi, welcher einen när- rischen Diener hatte. Einstmals unternahm der Priester eine Reise in's Ausland; der Diener ging, um seinen Herrn auf dem Friedhof zu suchen und schrie alle Menschen, die dort standen, an: Habt ihr nicht hier meinen Herrn gesehen? Sie antworteten: Ist nicht dein Herr ein Priester? Ja! O du Narr, wer hat jemals einen Prie- ster auf dem Friedhof gesehen.*) Ebenso sprach Mose und Aaron zu Pharao: Du Narr! pflegen denn die Todten unter den Lebenden gesucht zu werden? Sind vielleicht die Lebenden bei den Todten? Unser Gott ist lebendig, die aber, welche du erwähnst, sindtodt; unser Gott ist ein lebendiger Gott und König der Welt? Ist er jung oder alt? fragte Pharao. Wie viele Jahre zählt er? wie viele Städte hat er schon erobert? wie viele Länder bezwungen? wie lange re- giert er schon (eig. wie viele Jahre sind es, dass er zur Herrscher- würde erhoben wurde)? Unser Gott, erwiederten sie, hat eine Kraft und Stärke , welche die ganze Welt erfüllt , er war vor der Er- schaffung der Welt und wird noch sein am Ende derselben, er hat dich gebildet und dir Lebensgeist eingehaucht. Und was sind denn seine Werke? fragte er weiter. Sie antworteten: Er spannt aus den Himmel und gründet die Erde, seine Stimme haut Feuer- flammen aus, er entwurzelt Berge und zerschmettert Felsen, sein Bogen ist Feuer, seine Pfeile sind Flamme, seine Lanze ist Fackel, sein Schild sind die Wolken, sein Schwert ist der Blitz, er bildet Berge und Hügel, bedeckt sie mit Kräutern, lässt Regen und Thau herabfallen, er macht das Grün blühen und steht den Wöchnerin- nen bei, er bildet den Foetus im Leibe seiner Mutter und lässt ihn an die Luft der Welt heraustreten s. Dan. 2, 21: ,,Er setzt Kö- nige ab und Könige ein". Was? sprach Pharao zu ihnen, da habt ihr mich anfangs belogen , denn ich bin der Herr der Welt , ich habe mich und den Nil erschaffen, wie es heisst Ezech. 29, 9: „Mein ist der Fluss , ich habe ihn gemacht." Er liess darauf alle Weisen Aegyptens zusammen berufen und fragte sie: Habt ihr jemals den Namen des Gottes dieser Leute gehört? Sie antworte-
*) Dahin durfte sich ein Priester nicht begegeben, weil er sich verun- reinigte.
62 Par. v- Cap. V, 2-4.
ten: Wir haben gehört, dass er ein Sohn der Weisen und ein Sohn ■der alten Könige ist. Da sprach Gott zu ihnen (den Weisen): Euch nennt ihr weise Männer und mich nur einen Sohn der Weisen? wie es heisst Jes. 19, n: „Pharaos weise Räthe, ihr Rath ist dumm geworden." Wie könnt ihr zu Pharao sprechen: ein Sohn der Weisen bin ich, und ein Sohn der alten Könige"? Sieh einmal was voraus geht: „Nur Thoren sind die Fürsten Zoans, die weisen Rath- geber Pharaos." Es heisst ferner das. 29, 14: „Und es schwindet die Weisheit seiner Weisen und die Klugheit seiner Klugen verbirgt sich." Er antwortete ihnen: Ich weiss nicht, wer euer Gott ist, wie es heisst: „Wer ist der Ewige, dessen Stimme ich gehorchen sollte'-? Du Ruchloser! sprach Gott zu ihm: Du fragst: Wer ist der Ewige? Du wirst mit soviel Plagen heimgesucht werden , als das Wort "*K wer in der Zahl hat; denn 12 ist 40, und ■" ist 10; folglich sind es 50 Plagen, die Gott über die Aegygter am Meere gebracht hat, wie es heisst Ex. 8, 19: „Die Bilderschriftkenner sprachen zu Pharao: Gottes Finger ist das!" Und am Meere was steht da? S. das. 14, 31: „Israel sah die grosse Hand." Wie viele Plagen sind mit einem Finger geschlagen worden? Zehn Plagen. Rechne nun die fünf Finger an der grossen Hand, für jeden einzelnen zehn Pla- gen, das giebt 50.*)
Oder: „Wer ist der Ewige?" Versetze die Buchstaben von v: so kommt a"1 Meer heraus d. i. das Meer wird dich den Ewigen kennen lernen. Du hast gesagt: Wer ist der Ewige? Du wirst einst sprechen das. 9, 27: „Der Ewige ist der Gerechte." Du hast ge- sagt: „Ich kenne den Ewigen nicht", du wirst einst sprechen das. 10, 16: „Ich habe gesündigt gegen den Ewigen, euren Gott". Du hast gesagt: „Auch die Israeliten lasse ich nicht ziehen", selbst wenn der alte Israel da wäre, so würde ich ihm den Korb und die Schaufel auf die Schultern legen.
V. 3. Und sie sprachen: Der Gott der Hebräer hat sich zu uns verfügt. Mose und Aaron sprachen: Solltest du vielleicht denken, wir hätten die Sprache verändert, die Gott zu uns gesprochen hat und wir hätten ihm gesagt: So spricht der Ewige, der Gott Israels (anstatt der Hebräer), und deshalb hat er sich so hart gegen uns gezeigt, so sagten sie dann: Der Gott der Hebräer, damit er uns nicht treffe mit Pest oder Schwert. Es müsste eigentlich heissen: Damit er dich nicht treffe. Warum aber heisst es: damit er uns nicht treffe? Es soll dir damit gelehrt werden, dass sie ihm Ehre erwiesen, und da^s der Mensch verpflich- tet ist, der Regierung Ehrerbietung zu erweisen.
Y. 4. Und es sprach der König von Aegypten zu
*) "Wenn die Israeliten sprachen: Wir haben die Hand Gottes gesehen, so müssen es 50 Plagen gewesen sein. Rechne einmal: 5 Finger hat die Hand und jeder Finger giebt 10 Plagen, so sind es 50. M. K.
Par. V. Cap. V, 4—8. 63
ihnen u. s. w. Warum Mose und Aaron? Was heisst Stttb? Er hat ilinen damit gesagt: Ihr seid nichts und eure Worte sind nichts.*) Geht an eure Lastarbeiten! R. Josua ben Levi sagte: Der Stamm Levi war mit schwerer Arbeit verschont. Darum , weil ihr Müssig- gänger seid, sagte Pharao zu ihnen, sprecht ihr: Wir wollen gehen und unserm Gott opfern , geht an eure Lastarbeiten.
V. 5. Und Pharao sprach: Siehe, viel ist schon des Volkes im Lande. Er sprach nämlich zu ihnen. Wollt ihr nur 1000 oder 2000 Mann haben, die will ich euch geben, verlangt ihr aber vielleicht 60 Myriaden (nein , die gebe ich euch nicht), ,,geht an eure Lastarbeiten."
Oder R. Nehorai sagte: Woher lässt sich beweisen, dass von 60 Myriaden nur 2 Myriaden aus Aegypten gezogen sind? Es heisst von der Wüste Ezech. 20 13: „Da gedacht ich, meinen Grimm über sie auszuschütten in der Wüste, sie zu vertilgen." Und von Aegypten heisst es ebenso das. V. 8: „Da gedacht ich, meinen Grimm über sie auszuschütten , sie aufzureiben , meinen Grimm an ihnen im Lande Aegypten." So wie in der Wüste nur zwei von 60 Myriaden von ihnen übrig geblieben sind, ebenso sind auch in Aegypten nicht mehr als 2 von 60 Myriaden übrig geblieben.
V. 5. Siehe, viel ist schon des Volkes im Lande, u. s. w. V. 6. Da gebot Pharao an dem Tage.
Hieraus geht hervor , dass der Ruchlose nicht lange zögerte, mit ihnen übel zu verfahren. Und das war der vierte grausame Beschluss.
den Treibern des Volkes und seinen Aufsehern also.
Die Treiber waren Aegypter und die Aufseher waren die Ael- testen Israels.
V. 7. Ihr sollt kein Stroh mehr dem Volke geben, V. 8. und die Anzahl der Ziegeln u. s. w.
Hieraus kannst du lernen, dass die Zahl der Ziegeln für jeden einzelnen bestimmt war, die er täglich zu fertigen hatte. Darum wurden sie anfangs mit weichem Munde behandelt , damit sie Zie- geln nach ihrer ganzen Kraft fertigen sollten , um zu sehen , wie weit ihr Vermögen (Kraft) reiche und nach der Zahl, welche sie am ersten Tage gefertigt hatten , wurde ihnen nun fortan alle Tage zu liefern auferlegt.
Denn sie sind müssig
R. Simeon ben Jochai sagte: Er fing an über sie mit seinen Zähnen zu knirschen und sprach: Ihr seid müssig (schlaff). Das Wort a^-o ist ein Ausdruck iür Unllath (Verworfenheit), mögen seine Gebeine zermalmt werden! Die Israeliten sind heilig.
*) Der Midrasch liest rWMV anstatt HiV vergl. Midr. Beresch. r. Par. 2.
64 Par- v- CaP- vi 9 — IS-
Darum schreien sie in einem fort und sprechen u. s. w. — V. g. es laste die Arbeit schwer auf den Leuten. Hieraus kann man lernen, dass sich in der Hand der Israeliten Rollen be- fanden, mit denen sie sich von einem Sabbath bis zum andern be- schäftigten und den Trost daraus holten , dass Gott sie erlösen werde, weil sie am Sabbath ruhten. Daher sprach Pharao: „Es laste die Arbeit schwer auf den Leuten, dass sie damit zu schaffen haben und sich nicht kehren an Worte des Truges" d. i. sie sollen sich nicht damit beschäftigen und sie sollen am Tage des Sab- baths keine Erholung schöpfen.
V. 10. Und so gingen die Treiber und seine Auf- seher hinaus. Als Pharao diesen Befehl gegeben hatte, ging Mose nach Midian und verweilte da sechs Monate und Aaron blieb in Aegypten und zu dieser Zeit holte Mose sein Weib und seine Söhne in Midian ab.
V. ii. Ihr sollt euch selbst das Stroh holen. —
V. 12. Und das Volk zerstreute sich im ganzen Lande Aegypten. Weil Mose in Midian war, sprach Gott: Morgen will ich meine Plagen über die Aegypter bringen und sie entgegneten: Pharao sündigt und wir sollen dafür leiden? Als nun die Israeliten auszogen, um Stroh herbeizuholen und es zu verarbeiten, da sah der Aegypter ihn auf seinem Felde und zerbrach ihm seine Schenkel. Darum heisst es hier: „Und das Volk wurde zerschmettert."*)
Und die Treiber drängten und sprachen, nämlich die ruchlosen Aegypter, welche sie drängten und immerfort sprachen: „Machet eure Arbeit fertig"! Allein die Aufseher drängten nicht so, sondern sie waren fromm, denn sie sahen sie in grosser Noth und sie drängten sie nicht.
V. 14. Und die Aufseher der Kinder Israels wurden ge- schlagen. Hieraus kannst du ersehen, dass sie fromm waren, sich für Israel hingaben und Schläge ertrugen, um es ihnen leicht zu machen, und darum erlangten sie auch den heiligen Geist, wie es heisst Num. 11, 16: „Versammle mir 70 Männer von den Ael- testen Israels". Gott sprach: Sie haben für ihre Mitbrüder gelitten, darum sollen sie auch zum heiligen Geist gelangen, und sie wurden auf diese Weise Propheten.
V. 15 Es kamen die Aufseher der Kinder Israels und schrieen: V. 16. Stroh wird deinen Knechten nicht ge- geben. V. ig. Da sahen die Aufseher Israels, dass sie in einer üblen Lage waren, V. 20. und sie trafen Mose und Aaron stehend. Nach sechs Monaten erschien Gott dem Mose in Midian und sprach zu ihm: Kehre nach Aegypten zurück. Mose
Der Midr. liesst l'S"
Par. V. Cap. V, 15. 21. 22. 5-
kam von Midian und Aaron von Aegypten und es begegneten ihnen die Aufseher Israels, als sie von Pharao hinweggegangen waren. Was heisst: 0*3X3 stehend (trafen sie sie)? Es waren, wie unsere Rabbinen gesagt haben, Dathan und Abiram, von denen es auch heisst Num. 16, 27: „Dathan und Abiram gingen hinaus stehend" d. i. sie fingen an Mose und Aaron zu schmähen und zu verlachen, sie sprachen nämlich zu ihnen: ,,Der Ewige wird auf euch sehen und richten" d. i. wenn ihr in Wahrheit im Namen Gottes kommt, so wird er zwischen uns und Pharao richten, kommt ihr aber aus eigenem Antriebe, so wird Gott zwischen uns und euch richten.
V. 21. Weil ihr unsern Geruch stinkend gemacht habt.
R. Jochanan sagte: Durch die Plagen, mit denen Gott sie heimsuchte, wurde ihr Athem stinkend. R. Simeon ben Lakisch sagte: Durch diejenigen, die mit Bauarbeiten überladen und da- durch umgekommen waren, hatte sich ein übler Geruch verbreitet. R. Chija sagte: Gleich einem Aase, das im Winkel lag und mit Erde bedeckt war, wodurch es keinen Geruch verbreiten konnte, allein es kam einer und deckte es auf, da verbreitete sich sein übler Geruch. So sprachen auch die Israeliten zu Mose: Mose! es war der Geruch in Aegypten verbreitet, dass wir einst würden erlöst werden, nun seid ihr gekommen und habt ihn getrübt, um dass Schwert in ihre Hand zu geben und uns zu erschlagen. Sie sprachen nämlich zu Mose, sagte R. Jehuda der Levite bar R. Schallum, wir gleichen dem Lamme, welches von einem Wolfe hinweggeholt wurde, der Hirt lief ihm nach, um es dem Rachen des Wolfes zu entreissen, bevor aber der Hirt zum Wolf kam, war das Lamm bereits zerrissen. Ebenso sprachen die Israeliten: Mose! bis du zu Pharao kommst, sind wir todt.
V. 22. Und Mose kehrte zum Ewigen zurück und sprach: Mein Herr, warum lässt du es diesem Volke so übel ergehen?
Gewöhnlich, wenn ein Mensch zum andern sagt: Warum ver- fährst du so? nimmt er es übel. Und Mose fragte hier vor Gott: Warum lässt du es diesem Volke so übel eugehen? Allein Mose sprach so vor Gott: Ich habe das Buch der Schöpfung genommen, darin gelesen und die Thaten des Geschlechts der Fluth kennen gelernt und gesehen, wie sie durch deine Gerechtigkeit bestraft worden sind, ich habe ferner gelesen von dem Geschlechte der Zer- streuung und der Sodomiter, wie sie von deiner Gerechtigkeit heim- gesucht worden sind, was hat denn aber dieses Volk verschuldet, dass es von allen Geschlechtern so unterjocht wird, geschieht es etwa darum, weil unser Vater Abraham gefragt hat Gen. 15, 8: ,, Woran soll ich erkennen, dass ich es (das Land) besitzen werde?" und du ihm geantwortet hast: „Wissen sollst du, dass deine Nach- kommen Fremdlinge einst sein werden?" Wenn das der Fall sein sollte, so sollten doch Esau und Ismael, die ebenfalls seine Nach-
W "uns che, Midrasch Schemot r. ;
66 IJar. V. VI. Cap. V, 22. 23. VI, 1. 2.
kommen sind, dasselbe Schicksal erfahren? Und ebenso auch das Geschlecht Tizchaks und Jacobs, aber nicht das Volk, was in meiner Zeit lebt. Entgegnest du mir, was liegt mir daran? Wenn dem so ist, warum hast du mich gesandt?
V. 23. Und seitdem ich zu Pharao gekommen bin, in deinem Namen zu sprechen, lässt er es dem Volke noch übler ergehen.
Nach R. Pinchas dem Priester ben Chama sprach Mose vor Gott: Dein Name ist der Grosse, der Mächtige und der Furchtbare, vor dem sich die ganze Welt fürchtet, Pharao der Ruchlose hat deinen Namen (Ruf) gehört und frevelt? Was heisst das: „Gerettet hast du dein Volk nicht." R. Ismael sagt: Es ist entschieden, du hast es nicht gerettet. R. Akiba sagt: Ich weiss, dass du sie retten wirst, was liegt dir aber daran, dass sie jetzt unter Bauten stecken. In diesem Augenblicke wollte die Strafgerechtigkeit Mose wegen seiner kühnen Rede züchtigen, als Gott aber sah, dass er nur für sein Volk redete, hemmte er das Verfahren der Straf- gerechtigkeit.
Cap. VI, 1. Und der Ewige sprach zu Mose: Nun sollst du sehen, was ich an Pharao thun werde d. i. du wirst nur den Krieg gegen Pharao, nicht aber den gegen die 31 Könige sehen, indem dein Schüler Josua Rache an ihnen nehmen wird. Hieraus kannst du sehen, dass schon jetzt über Mose be- schlossen war, dass er nicht in das Land kommen sollte.
Parascha VI.
V. 2. Und Gott redete zu Mose und sprach zu ihm: Ich der Ewige, V. 3. ich erschien Abraham und Jizchak.
Das sagt auch Koh. 2, 12: „Ich wandte mich zu sehen Weis- heit, Thorheit und Narrheit; denn was wird der Mensch thun, der nach dem Könige kommt? „Das, was sie längst gethan haben". Dieser Vers ist auf Salomo und Mose gesagt. Wieso auf Salomo? Als Gott den Israeliten die Thora gab, worin sich Gebote und Ver- bote finden, gab er auch dem Könige einige Gebote s. Deut. 17, 16 f.: „Er halte sich nicht viele Pferde, häufe nicht Silber und Gold u. s. \\\. und er halte sich auch nicht viele Weiber, damit sein Herz nicht abwendig werde". Da stand der König Salomo auf, klügete über das Verbot Gottes und sprach: Warum hat Gott gesagt, er soll sich nicht viele Weiber nehmen? Doch nur, damit sein Herz nicht abtrünnig werde. Ich will viele Weiber, viele Pferde, viel Silber und Gold besitzen und mein Herz soll dennoch nicht ab- trünnig werden. Damals, so haben unsere Rabbinen gesagt, kam der Ruchstabe Jod (in dem Worte Fav) und warf sieh vor Gott hin und
Par. VI. Cap. VI, 2. 3. 67
sprach: Herr der Welt! hast du nicht gesagt, nicht ein Buchstabe solle von der Thora jemals aufgehoben werden? Sieh, Salomo steht auf und verwirft mich, vielleicht hebt er heute einen und morgen einen auf, bis endlich die ganze Thora aufgehoben sein wird. Da sprach Gott zu ihr: Eher werden Salomo und Tausende seines- gleichen vergehen, ehe ich ein Strichelchen von dir aufheben werde. Und woher lässt sich beweisen, dass der Buchstabe Jod aus der Thora schon gewichen war und wieder dahin zurückgekehrt ist? Weil es heisst Gen. 7, 15: „Dein Weib, ihren Namen sollst du nicht "nir, sondern nib nennen". Und wo ist sie wieder zurück- gekehrt (zur Geltung gekommen)? S. Num. 13, 16: „Mose nannte den Hosea ben Nun Josua (3>lDirp)u. Und Salomo, der einen Buch- staben aus der Thora aufheben wollte, was steht bei ihm? S. Prov. 30, 1: „Worte Agurs, Sohn Jakes, welcher die Worte der Tho^a ge- sammelt ("iJPN'd) und ausgespieen hat (ijopm)". ;,Ausspruch des Mannes an Ithiel". Das Wort, welches Gott gesprochen, der König soll nicht viele Weiber nehmen, hat er nur gesagt, damit sein Herz nicht abwendig werde; „an Ithiel", welcher gesprochen hat: mit mir ist Gott (bwS VPN), „und Uchal". Und was steht von ihm? S. 1 Reg. 11, 4: „Es geschah zur Zeit, da Salomo alt war, da wandten seine Weiber ihm sein Herz ab". R. Simeon ben Jochai sagte: Lieber hätte Salomo Rinnen ausfegen sollen, als dass so etwas auf ihn in der Schrift gesagt worden wäre. Und darum sagte nun Salomo auf sich Koh. 2, 12: „Ich richte mein Herz darauf, Weisheit zu sehen und Thorheit und Narrheit zu erkennen". Er wollte da- mit sagen: Als ich über die Worte der Thora nachdachte und mich dünkte, als wenn ich den Sinn der Thora kenne, diese Vernunft und diese Kenntniss ist Thorheit und Narrheit gewesen. Warum? „Denn was ist der Mensch, dass er nach dem Könige kommen sollte? Das „was sie längst gethan haben" d. i. wer ist der, welcher sich erdreisten darf, über die Eigenschaften (Verfahrungsweisel und Beschlüsse des Königs der Könige d. i. Gottes klügeln zu wollen? Dinge, die von ihm festgesetzt (bestimmt) sind, denn jedes Ding, das von ihm ausgeht, hat er zuvor mit seiner oberen Familie berathen, und er macht es ihnen bekannt, damit sie alle davon Kenntniss haben und es bezeugen sollen, dass sein Rechtsspruch ein wahrer Rechtsspruch und seine Verordnungen Wahrheit und alle seine Worte von hoher Einsicht sind. So heisst es auch Prov. 30, 5: „Jedes Wort Gottes ist geläutert" vergl. Dan. 4, 14. Und weil ich mir nun über seine Thaten Gedanken gemacht habe, bin ich zum Falle gekommen (bin ich gestrauchelt). — Wie so geht der obige Vers auch auf Mose? Weil Gott dem Mose bereits bekannt ge- geben hatte, dass Pharao die Israeliten nicht werde ziehen lassen, wie es heisst: „ich weiss, dass euch der König von Aegypten nicht wird ziehen lassen", „und ich will sein Herz hart werden lassen'*, Mose hatte aber dieses Wort nicht beachtet, sondern klügelte über die Verordnung Gottes und fing an zu sprechen: ..Mein Herr,
68 Par. VI. Cap. VI, 2.
warum thust du an dem Volke so übel?" Er fing nämlich an, vor ihm zu rechten (wie oben geschrieben ist), und darum wird auch auf diesen gesagt, dass die Weisheit und Kenntniss Moses Thorheit und Narr- heit waren. Das wollen die Worte sagen: „Denn was ist der Mensch, dass er nach dem König kommen sollte" d. i. wie konnte er sich über das Verfahren Gottes Gedanken machen, „das, was sie bereits gethan haben" d. i. was ihm bereits bekannt gemacht war, nämlich, dass er einst werde sein (Pharaos) Herz hart machen, um an ihm Strafgericht zu üben dafür, dass er sie (die Israeliten) mit schwerer Arbeit belastet hatte. Deshalb wollte die Gerechtig- keit den Mose bestrafen, so wie es heisst: „Gott redete zu Mose*'. Weil aber Gott sah, dass er aus schmerzlicher Theilnahme an Israels Geschick so gesprochen hatte, erbarmte er sich wieder seiner. Das steht auch hier: „Und er sprach zu ihm: Ich der Ewige".
Oder: „Gott redete zu Mose". Das steht auch Koh. 7, 7: „Unterdrückung verwirrt einen Weisen, und Geschenk verdirbt das Herz". Wenn nämlich der Weise mit vielen Dingen sich beschäf- tigt, so machen sie ihn an der Weisheit irre, „und Geschenk ver- dirbt das Herz" d. i. es bringt ihn um die Thora, welche als Ge- schenk in dem Herzen des Menschen niedergelegt ist. Oder: „Unterdrückung verwirrt einen Weisen" d. i. wer sich mit den Öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt, vergisst seinen genossenen Unterricht. R. Josua ben Levi sagte: 80 Halachot hat mir R. Jehuda ben Pedaja in Betreff der Umpflügung des Grabes ge- lehrt und alle habe ich vergessen, weil ich mich mit öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt hatte. R. Jehuda bar R. Simon sagte: „Der Unterdrücker verwirrt einen Weisen" d. i. Mose, den Dathan und Abiram unterdrückt hatten, „verwirrt einen Weisen" d. i. sie hatten ihn verwirrt, „und Geschenk verdirbt das Herz". Sollte es dir einfallen, dass sich Mose sollte verloren gegeben haben? Nein sie reizten ihn, indem sie zu ihm sprachen: „Der Ewige wird auf euch sehen und richten". Aber auch er war gegen sie aufbrausend und sprach: „Seitdem ich zu Pharao gekommen bin". Gott sprach nämlich zu ihm: leb habe über dich geschrieben, dass du ein ge- duldiger Mann bist, allein du bist aufbrausend über meine Worte, bei deinem Leben! es giebt etwas für dich zu erwägen, wie es heisst Koh. 7, 8: „Besser ist das Ende einer Sache als der Anfang". Das Ende für Israel wird besser sein als der Anfang, den ich mit ihnen in Aegypten gemacht habe, wie es heisst: „Und der Ewige sprach zu Mose: Jetzt wirst du es sehen". In diesem Augenblicke wollte die Gerechtigkeit ihn bestrafen, wie es heisst: „Und Elohim sprach zu Mose." Gott sprach nämlich zu ihm: Bin ich denn Fleisch und Blut in meiner Eigenschaft (meinem Verfahren), dass ich nicht barmherzig bin? Darum heisst es dann: „Und er sprach zu ihm: Ich bin der Ewige".*) R. Jose bar R. Chanina sagte:
*) Der Midrasch will den doppelten Gebrauch des Gottesnamens er- klären, dass es nämlich einmal wff& und das anderemal nw heisst.
Par. VI. Cap. VE, 2. 4. 69
Für die Aegypter war Gott Elohim. für die Israeliten aber: Ich bin Jehova. Oder: „Und Elohim redete zu Mose". R. Mei'r sagte: Gleich einem Könige, welcher seine Tochter verheirathete, er rief einen Städter, um den Vermittler zwischen ihnen zu machen und er fing an, gegen ihn mit Stolz zu sprechen. Da sprach der König: Warum brüstet sich dein Herz, bin ich es nicht, der dich zum Ver- mittler gemacht hat? Ebenso sprach Gott zu Mose: Wer hat dich veranlasst, diese vielen Worte zu machen, ich bin es doch, der (ich) dich zu dieser Würde erhoben hat (habe). Nach R. Jehuda sprach Mose so: Als du zu mir sagtest: Gehe, ich will dich zu Pharao senden, sagtest du mir es in der Eigenschaft der Barmherzigkeit, dass du sie einst erlösen werdest, vielleicht hat sich aber, bis ich wieder komme, die Eigenschaft der Barmherzigkeit in die der strengen Gerechtigkeit verwandelt. Darum antwortete ihm Gott: „Ich bin Jehova" d. i. ich stehe in der Eigenschaft der Barmherzig- keit. Das wollen die Worte sagen: „Und er sprach zu ihm: Ich bin der Ewige". „Und ich erschien dem Abraham". Wehe! sprach Gott zu Mose, dass die Untergegangenen nicht wieder zu finden sind. Ich habe mich viele Mal dem Abraham, Jizchak und Jacob als den allmächtigen Gott (">Ti25 Vnd) offenbart, und ihnen nicht be- kannt gegeben, dass ich Jehova heisse, sowie ich es dir* gesagt habe, und dennoch haben sie sich über meine Eigenschaften (Yerfahrungsweise) nicht Gedanken gemacht. Zu Abraham sprach ich Gen. 13, 17: „Auf! durchziehe das Land nach der Länge und Breite" u. s. w. Er wollte Sara begraben und fand nicht eher ein Begräbniss, als bis er es für Geld sich erworben hatte und er machte sich nicht Gedanken über meine Eigenschaften (Verfahrungs- weise); ich sprach zu Jizchak s. das. 26,3: „Wohne in dem Lande,.... denn dir und deinen Nachkommen werde ich alle diese Länder geben". Er wollte Wasser trinken und fand keins, sondern (s. das. V. 20) , es zankten die Hirten von Gerar mit den Hirten Jizchaks" und er machte sich nicht Gedanken über meine Eigenschaften. Ich sprach zu Jacob das. 28, 13: „Das Land, darauf du liegst, dir will ich es geben" u. s. w., er wollte einen Ort haben, um sein Zelt aufzuschlagen und hatte keinen, bis er ihn für hundert Kesita kaufte, und er machte sich nicht Gedanken über meine Eigenschaften und er richtete nicht die Frage an mich, wes mein Name sei, wie du es gethan, obwohl du erst am Anfange meiner Sendung stehst. Du fragtest mich: Wes ist mein Name? und zuletzt sagtest du: Seitdem ich zu Pharao gekommen bin, lässt er es dem Volke übel ergehen. Darum wird hier gesagt:
V. 4. Auch habe ich meinen Bund mit ihnen errich- tet, dass ihnen gegeben werden wird, was ich ihnen versprochen habe, nämlich dass ich ihnen das Land geben werde, ohne dass sie sich jemals darüber Gedanken gemacht hätten. Auch habe ich das Seufzen der Kinder Israels gehört, weil sie sich nicht hinter mir darüber Gedanken aremacht haben.
70 Par. VI. VII. Cap. VI, 4. 6. 8. 9. 11. 12.
„Und auch". Obgleich die Israeliten sich in diesem Zeitalter nicht, wie es sich gehört, aufführen, so habe ich doch ihr Seufzen vernommen wegen des Bundes, welchen ich mit ihren Vätern (Vor- eltern) geschlossen habe. So steht auch geschrieben: „Auch habe ich gedacht meines Bundes".
V. 6. Darum sprich zu den Kindern Israels. Unter ■pb ist nichts anderes als Schwur (eidliche Versicherung! zu ver- stehen vergl. 1 Sam. 3, 14: „Darum schwöre ich dem Hause Elis". Gott hat geschworen, dass er sie erlösen wird, damit Mose sich nicht furchten sollte, die Eigenschaft der Gerechtigkeit könnte ihre Er- lösung verzögern.
Und ich führe euch heraus aus den Lastarbeiten der Aegypter.
Vier verschiedene Benennungen hat hier die Erlösung: ich führe sie heraus ('ntflSIfn), ich rette sie ("nbxm), ich erlöse sie (^nbfiWi) und ich nehme sie (*nnpbi), entsprechend den vier grausamen Beschlüssen, die Pharao über sie erlassen hatte. Diesen gegenüber haben die Weisen die vier Becher am Pesachabend angeordnet, um zu erfüllen, was geschrieben steht Ps. 116, 13: „Den Kelch des Heils will ich erheben und den Namen Gottes anrufen".
V. 8. Ich bringe euch in das Land, wenn ich meine Hand erhebe.
Ich werde ihnen thun, was ich ihren Vätern versprochen habe, dass ich ihnen das Land geben werde, und sie sollen es in ihrem Verdienste in Besitz nehmen.
V. 9. Und Mose sprach also zu den Kindern Israels, allein sie gaben ihm kein Gehör.
Warum nicht? Es fiel ihnen schwer, sich von dem Götzen- dienste zu trennen*). So sagt es ihnen auch Ezechiel mit deutlichen Worten s. 20, 7: „Werfet ein jeglicher die Gräuel seiner Augen von sich und durch die Götzen Aegyptens verunreinigt euch nicht". Siehe, was folgt darauf? V. 8. „Keiner warf von sich die Gräuel seiner Augen und die Abscheulichkeiten Aegyptens Hessen sie nicht".
V. 11. Geh rede zu Pharao, dem Könige von Aegyp- ten. Das Sprichwort sagt: Tannen gewähren keinen Genuss, sie sind nur zum Zerschneiden gut.
V. 12. Und es redete Mose vor dem Ewigen also u. s. w.
Parascha VII.
Und der Ewige redete also zu Mose und zu Aaron und befahl ihnen an die Kinder Israels.
*) Giebt es wohl einen Menschen, der bei einer guten Nachricht nicht mit Aufmerksamkeit zuhört ? Allein es fiel ihnen schwer, sich vom Götzen- dienste zu trennen.
Par. VII. Cap. VI, 12. 71
Das steht auch geschrieben Prov. 14, 23: „Mit jeder Mühe ist auch ein Vortheil verbunden, Schwatzhaftigkeit der Lippen bringt nur Mangel". Für alle Dinge, mit denen der Mensch im Handel und Wandel verkehrt, worin aber etwas Wissenschaftliches (eigentl. Worte des Gesetzesj enthalten ist, empfängt er Lohn. Nun könnte ich glauben, auch für eitle Dinge? Darum folgt der Gegensatz: „Schwatzhaftigkeit der Lippen bringt nur Mangel". Du findest, dass Joseph eigentlich nur 10 Jahre im Gefängniss hätte sein sollen, allein weil er üble Berichte über seine zehn Brüder gebracht und weil er zum Oberschenk gesagt hatte Gen. 40, 14: ,. Gedenke meiner .... gedenke meiner vor Pharao", so musste er noch zwei Jahre länger im Gefängniss bleiben (eig. so wurden ihm noch zwei Jahre hinzugefügt1, wie es heisst das. 41, 1: ,,Es geschah nach Ver- lauf von zwei Jahren". So findest du auch bei Mose, anfangs .hätte sich das göttliche Wort speciell nur an ihn wenden sollen, dadurch aber, dass er sagte: „Schicke, wen du schicken willst"', wurde ihm geantwortet: Ist nicht Aaron, dein Bruder, der Levite? Auch hier sprach Mose: „Siehe, die Kinder Israels hören nicht auf mich". Ebenso hätten auch alle Wunder nur durch ihn (durch seine Hand) ge- schehen sollen, weil er aber jene Worte gesprochen, so wandte sich das Wort an ihn und an Aaron, wie es hier heisst: „Der Ewige redete zu Mose und zu Aaron". Das steht auch geschrieben Hi. 55, 29: „Sieh, alles dieses wirkt Gott zwei-, dreimal mit dem Menschen". Dreimal nämlich wartet Gott auf den Menschen, ob er Busse thue, ist es der Fall, so ist's gut, wenn nicht, so wälzt er auf ihn auch die früheren Vergehungen. So findest du auch, als Gott zu Mose sprach: Komm ich will dich zu Pharao senden, da sprach er zuerst: „Sie werden mir nicht glauben", hernach: „ich bin kein Mann von Worten", weiter: „sende, wen du senden willst". Da hast du die drei Mal. Und da er sich nicht besserte (eig. da er in seinen Worten nicht zurückgingt sondern sogar noch sprach: „Siehe, die Kinder Israels hören nicht auf mich", so wandte sich das Wort mit ihm auch an Aaron, wie es hier heisst: „Gott redete zu Mose und zu Aaron".
Und er befahl sie an die Kinder Israels. Gott sprach nämlich zu ihnen: Meine Kinder sind widerspenstig, sie sind jäh- zornig, machen viel Beschwerden, nehmt es auf euch, dass sie euch verfluchen und steinigen werden.
und an Pharao, den König von Aegypten, um die Kinder Israels wegzuführen aus dem Lande Aegypten.
Damit schärfte Gott ihnen ein, dass sie ihm mit Ehrfurcht be- gegnen und Ehre der Regierung erweisen sollten, obgleich ich an ihm das Gericht vollziehen muss. Und so hat auch Mose gethan, wie es heisst Ex. 11, 8: „Und alle diese deine Knechte werden zu mir herab.kommen". Er hat es nicht zu ihm, sondern zu seinen Knechten gesagt, obgleich er ihm hätte sagen können: ihr und euer König selbst; wie es doch wirklich der Fall war. denn es
j2 ?ar- VII. Cap. VI, 22. 23.
heisst das.: „Und Pharao stand des Nachts auf". Darum machte er es ihm nicht bekannt, damit er der Regierung die schuldige Ehre erweise.
R. Jacob sagt: Was heisst das: „und er entbot sie"? Gott sprach zu ihnen: Zieht die Häupter unter euch mit zu euch her- bei. So findest du auch, dass gleich darauf folgt: „Dies sind die Häupter ihrer Stammhäuser."
Oder: „an Pharao, den König von Aegypten." R. Levi sagte: Gleich einem König , welcher einen Lustgarten hatte und in dem- selben fruchtlose und fruchtbare Bäume hineinpflanzte. Was hast du denn, fragten seine Diener , von den unfruchtbaren Bäumen für einen Genuss? Diese brauche ich ebenso wie jene, entgegnete der König , woher soll ich mir ohne diese Bäder und Oefen machen. Darum heisst es hier : „an die Kinder Israels und an Pharao." Denn sowie das Lob Gottes aus dem Munde der Gerechten aus dem Paradiese aufsteigt, so steigt es auch auf aus der Hölle aus dem Munde der Frevler, wie es heisst Ps. 84, 7: „Die, welche im Thale des Weinens durchziehen , trinken aus der Quelle." Was heisst letzteres? Sie lassen Thränen wie Quellen fliessen, bis dass sie die Holle durch ihre Thränen abkühlen. Und von da steigt auch das Lob Gottes empor , wie es heisst das. : „Und mit Segen deckt es Spätregen." Und was sprechen sie? R. Jochanan sagte: Du hast schon gesprochen , schön gerichtet, schön rein und schön unrein erklärt , schön schuldig und schön unschuldig gesprochen, du hast schön entschieden.
Einst wird das Paradies schreien und rufen: Gieb mir die Frommen, ich mag mit den Frevlern nichts zu thun haben, wie es heisst: Ps. 31, 7: „Ich hasse die, welche auf Eitles halten" und wen verlange ich? Diejenigen, welche auf deinen Namen vertrauen, wie es daselbst heisst: „Ich vertraue auf den Ewigen."
Auch die Hölle wird einst schreien und sprechen: Ich habe mit den Frommen nichts zu thun , ich will die Frevler haben , die auf Eitles halten und Eitles vollbringen. Da spricht Gott: Gebt jenem (dem Paradiese) die Frommen und dieser (der Hölle) die Frevler, wie es heisst Prov. 30, 15: „Aluka hat zwei Töchter" (das Pa- radies und Gehinnom). Der ganze Midrasch, wie dessen Erklärung s. Midr. Schir haschirim r.
Y. 23, Und Aaron nahm die Elischeba, die Tochter Aminadabs. Daraus, dass es heisst, die Tochter Aminadabs, er- kennt man doch eigentlich schon , dass sie eine Schwester Nach- schons war, (wozu braucht es noch zu stehen?) Um dir zu lehren, dass jeder , welcher heirathet , auf die Brüder (seiner Frau) einen prüfenden Blick richten soll. Es ist gelehrt worden: Die meisten Söhne (Kinder) gleichen den Brüdern der Mutter.
Par. YII. VIII. Cap. VI, 25. 27. 28. VII, I. y^
V. 25. Und Eleasar, Sohn Aarons nahm sich eine von den Töchtern Putiels.
Es heisst nicht: er nahm die Tochter Putiels, sondern: eine von den Töchtern Putiels, weil sein Weib zwei Familien angehörte, nämlich dem Stamme Joseph, welcher gegen seine Leidenschaft ge- kämpft hatte, und dann kam sie auch von einer andern Seite, von Jethro, welcher Kälber für den Götzen gemästet hatte.
V. 27. Das ist Mose und Aaron.
Parascha VIII.
V. 28. Und es geschah an dem Tage, als der Ewige
redete c. VII, 1: Da sprach der Ewige zu
Mose: „Siehe, ich habe dich dem Pharao zu einem Gott gesetzt.
Das steht auch geschrieben Ps. 23, 7: „Erhebet, ihr Thore, eure Häupter." Diesen Vers hat Salamo gesagt, als er die Bundeslade in das Heiligthum bringen wollte;*) er hatte sie nämlich zehn Ellen breitgemacht, als sie aber an die Pforte des Tempels kam, fand es sich, dass die Thüren 10 Ellen und die Oeffnung 10 Ellen betrug. Und was 10 Ellen (gross) ist, kann doch nicht durch eine Oeffnung von gleichem Umfange gebracht werden. Dazu kamen auch noch Träger. Als er sie nun hineinbringen wollte, konnte er es nicht. Da schämte sich Salomo und wusste nicht, was er thun sollte. Er fing an vor Gott zu beten. Was machte er? Unsere Rabbinen sagen. Er ging und brachte die Lade seines Vaters David herbei und sprach Ps. 132, 10: „Ewiger, Gott, lass nicht deinen Gesalbten un- verrichtet von dannen gehen". Damals sprach David diese Worte. R. Berachja im Namen des R. Chelbo sagte: Damals lebte David wieder auf. Alles ist von dir zu erfragen. Ebenso sagt auch David Ps. 30, 4: „Ewiger, du liessest heraufsteigen aus der Unterwelt meine Seele, riefst mich ins Leben aus der Grube her- vor". Und Salomo sprach: Herr der Welten! thue es aus Rück- sicht auf denjenigen, von dem es heisst 2 Chron. 6, 42: „Gedenke an die Gnade deines Knechtes David". Sofort wurde Salomo er- hört. Was steht dann geschrieben? Das. 7, 1: „Als Salomo das Gebet beendigt hatte, fuhr ein Feuer vom Himmel herab und ver- zehrte das Brandopfer und die anderen Opfer, und die Herrlichkeit des Ewigen füllte das Haus", und der heilige Geist rief die Worte Koh. 4, 2: „Ich preise die Verstorbenen, die längst gestorben sind, glücklicher als die Lebenden, die noch am Leben sind". Salomo
*) Der Midrasch ist der Meinung, als ob Salamo selbst die Lade ge- fertigt habe, obgleich wir nichts davon im Buche der Könige und in der Chronika erwähnt finden, und so heisst es auch in Jalkut Tillim im Namen des Tanchuma.
-, Par. VIII. Cap. VII, i.
begann nun mit Ps. 24, 9: „Erhebet, ihr Thore, eure Häupter, er- weitert euch, ewige Pforten, dass einziehe der König der Ehre". „Wer ist denn der König der Ehre?1' fragten die Pforten. Er ant- wortete: „Der Ewige Zebaoth, er ist König der Ehre. Sela". Als er ihnen das sagte, waren die Pforten sofort beruhigt, denn wenn es nicht der Fall gewesen wäre, so würden sie sein Haupt zer- schmettert und ihn getödtet haben.
Oder: „Wer ist König der Ehre?" Warum wird Gott so ge- nannt? Weil er Ehre an seine Verehrer vertheilt. Wie so? Ein König von Fleisch und Blut lässt nicht auf seinem Rosse reiten und niemand anders auf seinem Thron sitzen, Gott aber Hess Salomo auf seinem Thron sitzen, wie es heisst 1 Chron. 29, 23: ,, Salomo sass auf dem Thron des Ewigen als König", und er Hess den Elia auf seinem Rosse reiten. Und was ist das Ross Gottes? Sturm und Wetter s. Nach. 1, 3: „Der Ewige, in Sturm und Wetter ist sein Weg, und Gewölk ist seiner Füsse Staub". Ebenso heisst es 2 Reg. 2, 11: „Elia fuhr in Sturm in den Himmel". Ein König von Fleisch und Blut (menschlicher König) lässt nicht von einem andern sein Scepter in Gebrauch nehmen, Gott aber überlieferte sein Scepter dem Mose, wie es heisst: „Mose nahm den Stab Gottes in seine Hand". Ein König von Fleisch und Blut lässt keinen andern sich mit seiner Krone bekleiden, Gott aber wird einst den König Messias mit seiner Krone bekleiden. Und was ist die Krone Gottes? Kost- bares Gold, wie es heisst Cant. 5, 10: „Sein Haupt ist von kost- barem Gold, seine Locken .... schwarz wie der Rabe"; desgl. Ps. 21, 4: „Du setztest ihm aufs Haupt einen kostbaren Kranz". Ein König von Fleisch und Blut lässt nicht sein Kleid einen andern an- legen, die Israeliten aber kleiden sich mit dem Gewände Gottes. Und was ist das Gewand Gottes? Die Macht, wie es heisst Ps. 93, 1 : „Angethan ist der Ewige, gekleidet mit Macht", und er giebt sie an Israel, wie es heisst Ps. 29, 11: „Der Ewige verleiht Macht seinem Volk, der Ewige segnet sein Volk mit Frieden". Ein König von Fleisch und Blut lässt nicht mit seinem Namen einen andern Cäsar Augustus nennen, und wenn sich einer mit seinem Namen nennt (diesen Titel anmasst), wird er mit dem Tode bestraft, Gott aber nannte den Mose mit seinem Namen, wie es heisst: „Siehe, ich habe dich dem Pharao zum Gotte gesetzt". Gott sprach nämlich zu Mose: Dieser frevlerische Pharao macht sich zu einem Gott, wie es heisst Ezech. 29, 3: „Mein ist der Fluss, ich habe ihn mir ge- macht". Darum soll er dich fürchten und sprechen: Dieser ist Gott. Pharao war nämlich einer von den vier Menschen, die sich selbst zu Göttern gemacht und sich dadurch geschadet haben, es sind Chiram, Nebucadnezar, Pharao und Joasch, König von Jehuda;
über Chiram s. das. 28, 2: Sprich zum Fürsten von Xor und
du sprichst: ein Gott bin ich". Und woher lässt es sich beweisen, dass es zu seinem Schaden war? S. das. V. 17: „Es brüstete sich dein Herz ob deiner Schönheil: du verderbtest deine Weisheit um deines